Mittwoch, 2. März 2005

im zehnerpack. und mit raum für Ihre ganz persönliche mitteilung: urban asshole notification card





scheint mir ein extrem lässiges stückchen software zu sein.





Dienstag, 1. März 2005

diesesfotohier.





weblog: die chinesische welt: ökonomie und politik chinas.





Ron McLarty, The Memory of Running, TimeWarner Books 2005

Geschenk von M., nachdem sie im Entertainment Weekly die Geschichte [pdf] gelesen hatte, die hinter diesem Buch steckt: "Memory of Running" ist die erste Veröffentlichung eines 57jährigen Audiobook-Vorlesers und Schauspielers, der sich mit seinen eigenen Texten ein Leben lang nur Verlagsabsagen geholt hatte, bis Stephen King während seines Krankenhausaufenthaltes die Audiobook-Version [zu der es doch geschafft hatte] hörte, den Roman dringend lesen wollte, aber nicht lesen konnte und deswegen in seiner EW-Kolumne das "beste Buch, das Sie 2005 nicht lesen können" rühmte. Ein übergewichtiger Mann in den 40ern, der sich eines Tages auf ein Fahrrad setzt und einfach losfährt, von Rhode Island nach Los Angeles, das musste etwas für mich sein…

Ist es auch. Man kann nicht anders, als diesen Smithy Ide zu lieben, 140 Kilo, rundum fettgepanzert gegen das Leben, traumatisiert vom Verschwinden seiner Schwester, die Nächte mit Brezeln und Bier verbringend statt mit einem Menschen. Dann sterben seine Eltern bei einem Verkehrsunfall, und gleich nach dem Begräbnis öffnet er einen Brief, in dem seinem Vater mitgeteilt wird, dass die sterblichen Überreste der verschwundenen Schwester in Los Angeles in einem Kühlhaus aufbewahrt würden, bis jemand sie abhole. Smithy schwingt sich besoffen auf sein Kinderfahrrad, das sein Vater in der Garage aufbewahrt hat, und fährt los, und ehe er merkt, was er da eigentlich tut, ist er schon zu lange unterwegs, um umzukehren. Auf seiner Fahrt wird er angefahren, angeschossen, hilft er einem Aids-Kranken beim Sterben, rettet ein Kind aus einem Schneesturm, wird er, zum ersten Mal in seinem fetten Leben, von einer Frau begehrt und beginnt er, zum ersten Mal in seinem traumatisierten Leben, jemanden auf eine andere Weise zu lieben als bloß hündisch ergeben und geduckt. So ungefähr. Das alles ist arg dick aufgetragen und sehr oft sehr sentimental und sehr oft nervt es gewaltig. Aber wehren konnte ich mich nicht dagegen.





Montag, 28. Februar 2005

1

dieses wochenende glücklich verdämmert mit chinesischem neolithikum, beschreibung [] eleganter schwarzer keramiken, im löss wiedergefunden, ein paar tausend zeilen später, dynastien um dynastien, im zweiten und dritten jahrhundert (unserer zeitrechnung) vor dem nullpunkt (unserem nullpunkt): aufblühen der sekten, schulen, klientelen, arbeitslos gewordener niederer adel auf der suche nach einer beschäftigung als consultants (diplomatie, wellness, kriegsführung, geheimtricks fürs charisma). die alternative: der rückzug von den höfen der welt (nach dem zusammenbruch der anciennes régimes), den tanz und das spiel der tiere imitieren [] statt politik, ökonomie, weltlichkeit. ich glaube, sagte ich zu m., die, weiße straffmaske auf dem gesicht, im badewannenschaum trieb, der daoismus könnte mich interessieren, imitation der tiere, gymnastik, skepsis dem diskursiven gegenüber. sie zog sich an, ich kochte ihr heiligen scheiss, das glück, ihr doufu beigebracht zu haben nach all den jahren, wir sahen dem mathematiker nash dabei zu, wie er im pentagon mit zahlen tanzte, erregte musik, je me suis couché de bonne heure, lange ehe es beim mathematiker nash menschelnd wurde

2

nachmittags hatte ich auf dem gymrad musil gehört die lesung, die günter empfohlen hatte [*] die neue welt, die musil beschrieben hatte, als wäre sie schon bei geburt todmüde gewesen es ist gut, sagte ich zu m., auf dem gymrad musil zu hören, man kommt dabei nicht in gefahr, sich kaputtzuschinden, man will die perioden mitbekommen, musil, sagte ich zu m., ist für die grundausdauer besser als sagen wir james brown. mein held, sagte sie, ich bin froh, dass du es geschafft hast. ja, sagte ich, in den schaum hinein, in dem sie trieb, ich auch, sagte ich & hatte doch ein schlechtes gewissen, musil gehört zu haben, während ich einen imaginären berg hochtrat, die stelle, an der ulrich in seinem durch die geschichte verdorbenen palais am fenster steht und zu berechnen versucht, ob der moderne mensch zum nichtstun mehr kraft aufbringen muss als atlas, wenn er die welt stemmt, & später, höher im imaginären berg, fast schon auf seinem gipfel, während ulrich, gerade zusammengeschlagen, in einer kutsche seine retterin erröten lässt, indem er (mag sein, er hat eine gehirnerschütterung) das boxen mit der liebe vergleicht, erwischte ich mich dabei, darüber nachzudenken, ob die frau auf dem seitbeugengestell unter ihren sweatpants noch etwas trug oder nicht. eher: nicht. als ob: es wichtig gewesen wäre, die vollautomatischen körper-scans, aber: wer weiß?, trat wieder in die pedale den gipfel hoch, moderner mensch, noch anderthalb minuten ins kakanien-kapitel hinein, moosbrugger schaffte ich nicht mehr.

3

davor hatte ich mir die haare schneiden lassen, 12 millimeter maschine, wie immer, & wenn wie immer am montag danach die leute fragen ob ich beim friseur gewesen wäre, obwohl sie es sehen können, kann ich es eigentlich gleich selbst sagen, in dieses weblog hinein, damit jeder es weiß [& wie ich ihn vermissen werde, den watercooler talk mit diesen leuten, jeder tag jetzt ein gig in der abschiedstournee] hallo welt! ich habe mir die haare schneiden lassen!

4

danach hatte ich in mian mian [*] weitergelesen in einem dieser coffeeshops, die längst zu wartezimmern des niederen adels geworden sind, schulen, sekten, klientelen & gespräche über restrukturierung & den rest des lebens, am nebentisch zwei moderne menschen, die über den darius-fight redeten und die erstaunlichen diskrepanzen in den zählungen der punktrichter, holte mir noch einen kaffee, ehe ich in mian mian weiterlas, kein buch, das man lesen muss, dachte ich, aber ich war dennoch einigermaßen gerührt, überall, dachte ich, wenn die welt zu ein wenig reichtum & nachtleben kommt, beginnen junge menschen drogen zu nehmen & kaputtzugehen & junge schriftstellerinnen texte zu schreiben über junge menschen, die an drogen kaputtgehen & die bücher junger schriftstellerinnen die über junge kaputt gegangene menschen geschrieben haben, als authentischer underground gepriesen zu werden, du in mir, ich in dir, die stunde, in der wir einander erkannten

5

wenn es die schrift nicht gäbe wäre das weg jetzt alles weg & na und dann wäre es eben weg

6

aber da es die schrift gibt kann es jetzt jeder lesen nur einen mausklick entfernt!

7

wieder nachgedacht über die überschrift in der süddeutschen letzte woche, dass weblogs die große bühne der einsamen wären & noch einmal nachgelesen im artikel, der so hieß, ob da wirklich nirgendwo die rede gewesen ist über die einsamkeit, aber wieder nichts gefunden & dabei wäre es doch das interessante gewesen: über einsamkeit und weblogs nachzudenken, im vergleich zu, sagen wir: einsamkeit und journalismus; einsamkeit und keine weblogs; einsamkeit, ehe es weblogs gab, und: was daran falsch sein könnte, dass einsame eine bühne haben, und: warum das wort einsamkeit, wenn es in zusammenhang mit dem internet vorkommt, meistens eine beleidigung, eine verachtung, ein mitleid ist & damit alles gesagt. [die vermutung: nicht einmal begonnen damit, irgendetwas zu sagen.]

8

der journalist der seinen lesern mitteilt dass weblogger ihren lesern mitteilen dass sie sich die haare schneiden lassen kaffee trinken beschreibungen der keramiken im chinesischen neolithikum lesen. der weblogger der seinen lesern mitteilt dass journalisten ihren lesern mitteilen dass weblogger ihren lesern mitteilen dass sie sich

&tc.

9

beijing bicycle gesehen: welt, in der menschen beinahe wegen eines fahrrades einander umbringen, ursprüngliche akkumulation, na toll.

10

me, the 50-quid-guy. telling his weblog how he spent his weekend.

11

dass einem journalisten nie verdächtig sein darf, warum er schreibt, was er schreibt. es sei denn, auf der medienseite.

12

das schönste wort dieses wochenendes stand auf einem nana-mouskouri-plakat:





Sonntag, 27. Februar 2005

am ende schneidet man doch zu wenig.





Freitag, 25. Februar 2005

Jason Starr, Twisted City, Diogenes 2005 (im amerikanischen Original 2004)

Die Thriller von Jason Starr - ich habe jeden gelesen - sind alle so gebaut wie die "Die Hard"-Filme mit Bruce Willis: Sie beginnen schlimm, und danach wird bis ans Ende alles immer noch schlimmer. Ein feines dramaturgisches Prinzip mit einem einzigen Fehler: Der Held überlebt den existentiellen Crash-Test immer; das ist bei Jason Starr nicht anders als in der "Die Hard"-Serie. So ist das Ende immer ein Downer - man fühlt sich betrogen, weil die Schraube eben doch nicht noch eine weitere Umdrehung macht.

In Twisted City wird die Geschichte des Wirtschaftsjournalisten David Miller erzählt, der in New York bei einer zweitklassigen Wirtschaftszeitung (Schwerpunkt: New Economy, Kollegen: Schwätzer, Blender, Snobs) arbeitet, weil er nach dem Tod seiner manisch (und zwar sehr manisch) geliebten Schwester vom Wall Street Journal gefeuert wurde - zu viele Trosträusche, zu oft verpennt, zu oft die Artikel vergeigt. Miller hat eine Freundin, die er schon lange nicht mehr leiden, von der er sich aber auch nicht trennen kann und die ihre Tage damit verbringt, seine Kreditkarten auszureizen, um nachts mit irgendwelchen Tänzern durch die Clubs zu sehen, von denen sie behauptet, sie wären schwul, was er aber nicht glaubt. Eines Abends - der Tag im Office war besonders öde, die Gedanken an die tote Schwester waren besonders peinigend -, wird ihm in einer Bar die Brieftasche geklaut - darin ein Foto seiner Schwester, das ihm sehr viel bedeutet. Am nächsten Vormittag wird er in der Redaktion von einer Frau angerufen. Sie hätte seine Brieftasche gefunden, das Geld wäre weg, aber alles andere noch da, er könne sie wiederhaben, für 1500 Dollar. Er fährt zu ihr in die Wohnung, ein heruntergekommenes Drecksloch; die Frau ist Fixerin und Prostituierte; während er versucht, sie herunterzuhandeln, stürzt ihr Freund (oder Zuhälter) in die Wohnung, rasend vor Eifersucht oder irgendeiner anderen Wut, im Kampf bringt Miller ihn um. Die Frau überredet ihn dazu, die Polizei nicht anzurufen, sie würde sich um die Entsorgung der Leiche kümmern, für Geld, versteht sich, er lässt sich darauf ein. Schwerer Fehler, denn natürlich beginnt sie ihn zu erpressen. Und natürlich entsorgt sie die Leiche doch nicht. Weswegen er das erledigen muss. Wobei er fotografiert wird. Vom einem Freund der Erpresserin, der gemeinsam mit dem erschlagenen Zuhälter die Brieftasche geklaut hat. Am Ende des Buches ist die Erpresserin tot, der Mann, der ihn beim Entsorgen der Leiche fotografiert hat. Und seine Freundin auch; sie bringt sich um, nachdem er sie endlich aus der Wohnung werfen wollte. Immerhin hat Mr. Miller es im Verlauf des Romans geschafft, zum stellvertrenden Chefredakteur des Drecksblatts befördert zu werden, bei dem er arbeitet. Aber das nützt ihm verständlicherweise nicht viel.

Schöner, zynischer Thriller. Bis auf die allerletzte Seite. Da sollte dringend noch etwas Schlimmes passieren. Tut es aber nicht. Und auf die familienpsychologischen Add-Ons hätte Herr Starr besser verzichten sollen.





Donnerstag, 24. Februar 2005

Konrad Seitz: China. Eine Weltmacht kehrt zurück. btb 2004 (zuerst 2000)

Gekauft aus dem periodisch wiederkehrenden und mich diesmal in der Buchhandlung überfallenden Bedürfnis, etwas "über die Welt" zu erfahren (statt immer nur über Europa/USA). Seitz war Redenschreiber für Genscher, Planungschef im AA und zwischen 1995 und 1999 Botschafter in Peking. Er kennt sich also einerseits aus, hat aber andererseits einen geopolitisch reduzierten Blick und interessiert sich entschieden mehr für das Geschick des chinesischen Staates und seine Position in der internationalen Konkurrenz als etwa für das Wohlergehen der Bevölkerung; das muss einen nicht stören, aber man muss es bei der Lektüre in Rechnung stellen. Noch etwas soll nicht unerwähnt bleiben: Seitz schreibt - mindestens im Vergleich mit anderen deutschen Autoren in diesem Genre - außerordentlich gut; sein Stil ist transparent, elegant und erzählerisch; so häufig findet man das hierzulande nicht.

"China" erzählt die Vorgeschichte und Geschichte des immer noch dengistischen China. Der (einer erstaunlichen kulturellen Wehrlosigkeit geschuldeten) Zusammenbruch des Kaiserreichs unter dem Ansturm der imperialistischen Mächte; die Verelendung unter dem Regime der tollen und tollwütigen westlichen Zivilisation; Bürgerkrieg und maoistische Revolution; die barbarisch grausam erzwungene Industrialisierung unter Mao; die großen Sprünge des großen Vorsitzenden gegen die eigene Partei und die Bevölkerung; schließlich Deng, der Seitz' großer Held ist mit seinem Programm, es ist das eines im historischen Lauf vergleichsweise benevolenten Despoten, China kapitalistisch zu machen und es gleichzeitig immer noch als kommunistisch auszugeben. An vielen Passagen kann man nicht anders, als ihm Recht zu geben - verglichen mit der Kulturrevolution oder den vom Mao-Regime produzierten Hungersnöten ist Deng für Abermillionen ein Fortschritt gewesen, der das nackte Überleben gesichert hat; aber dann fallen einem doch immer wieder die Sonderwirtschaftszonen, die Arbeitslager und die Exekutionen in den Stadien ein, von denen bei Seitz dann die Rede eben nicht ist, es sei denn in Nebensatz-Andeutungen. Das letzte Viertel des Buches behandelt auf 150 Seiten die politischen und ökonomischen Entwicklungen seit Dengs Tod. BIP, Außenhandel, Produktionsverlagerungen und Investments der Transnationalen nach China, beginnende Erschließung des chinesischen Binnenmarkts, die neue Rolle als Ordnungs- und Weltmacht: alles sehr konzise geschildert, alles sehr eindrucksvoll. Es fehlt: wie es den Leuten (für die Seitz ersichtlich viel Mitgefühl aufbringt, die er mag, deren Kultur er schätzt, aber deren Unkosten er wohl für unvermeidlich hält) geht. Ein gutes Buch für einen wie mich, der von China nicht allzuviel über die Klischees Hinausgehendes weiß, aber eines mit Tunnelblick; das muss einen nicht stören, aber man muss es in Rechnung stellen.

Ha Jin, Verrückt, dtv 2004 (im amerikanischen Original 2002)

Noch ein China-Buch: Ein Roman des hochgelobten Exil-Autors Ha Jin, dessen Short Stories mir im New Yorker zwar öfter untergekommen sind, die ich aber nie gelesen habe, weil ich die Literatur im New Yorker immer überblättere; schwerer Fehler, ich weiß...

Verrückt erzählt die Geschichte Jians, eines Literatur-Studenten an einer Provinzuniversität, dessen verehrter Professor im Frühjahr 1989 einen Schlaganfall erleidet. Monatelang sitzt er jeden Nachmittag im armseligen Krankenhauszimmer, wäscht und füttert seinen Lehrer und hört dessen mäandernden Monologen zu, in denen sich, wild springend, ein chinesisches Intellektuellen-Schicksal ausspricht: Narrenkappe in der Kulturrevolution, Gängelung durch korrupte Parteifunktionäre, Resignation und Zermürbung. Irgendwann in diesen Monaten beschließt der Student, sein Studium fahren zu lassen; darüber geht die Verlobung mit der Tochter des Professors in die Brüche: sie will einen, der Ehrgeiz hat, keinen, der sich in Zweifeln verliert. Im letzten Viertel der Erzählung geht das Buch, dessen Krankenzimmeratmosphäre beim Lesen wie zähe Schmiere das Gemüt überzieht, plötzlich hinaus: Jian macht sich auf nach Peking, um mit den Studenten zu demonstrieren und gerät ins Massaker am Platz des Himmlischen Friedens, sieht zu, wie ringsum Studenten massakriert werden und kommt selbst mit knapper Not davon. Danach haut er ab, er will es nach Hongkong schaffen, ob es gelingt, erfährt man nicht mehr; ich nahm ein Zündholz mit schwarzem Kopf und verbrannte meinen Studentenausweis. Dann ging ich zun dem Laden und ließ mir einen Bürstenschnitt verpassen. Ohne langes Haar würde mein Gesicht schmaler wirken. Von nun an würde ich einen anderen Namen tragen.

Großes Buch.





HST: "I'm working on a profoundly goofy story here. It's wonderful. I've invented a new sport. It's called Shotgun Golf. We will rule the world with this thing."

BILL: "Mmhmm."

HST: "I've called you for some consulting advice on how to launch it. We've actually already launched it. Last spring, the Sheriff and I played a game outside in the yard here. He had my Ping Beryllium 9-iron, and I had his shotgun, and about 100 yards away, we had a linoleum green and a flag set up. He was pitching toward the green. And I was standing about 10 feet away from him, with the alley-sweeper. And my objective was to blow his ball off course, like a clay pigeon."

BILL: (Laughs.)

shotgun golf with bill murray. hunter s. thompsons letzte kolumne. via popbitch





Nächste Seite