Jason Starr, Twisted City, Diogenes 2005 (im amerikanischen Original 2004)

Die Thriller von Jason Starr - ich habe jeden gelesen - sind alle so gebaut wie die "Die Hard"-Filme mit Bruce Willis: Sie beginnen schlimm, und danach wird bis ans Ende alles immer noch schlimmer. Ein feines dramaturgisches Prinzip mit einem einzigen Fehler: Der Held überlebt den existentiellen Crash-Test immer; das ist bei Jason Starr nicht anders als in der "Die Hard"-Serie. So ist das Ende immer ein Downer - man fühlt sich betrogen, weil die Schraube eben doch nicht noch eine weitere Umdrehung macht.

In Twisted City wird die Geschichte des Wirtschaftsjournalisten David Miller erzählt, der in New York bei einer zweitklassigen Wirtschaftszeitung (Schwerpunkt: New Economy, Kollegen: Schwätzer, Blender, Snobs) arbeitet, weil er nach dem Tod seiner manisch (und zwar sehr manisch) geliebten Schwester vom Wall Street Journal gefeuert wurde - zu viele Trosträusche, zu oft verpennt, zu oft die Artikel vergeigt. Miller hat eine Freundin, die er schon lange nicht mehr leiden, von der er sich aber auch nicht trennen kann und die ihre Tage damit verbringt, seine Kreditkarten auszureizen, um nachts mit irgendwelchen Tänzern durch die Clubs zu sehen, von denen sie behauptet, sie wären schwul, was er aber nicht glaubt. Eines Abends - der Tag im Office war besonders öde, die Gedanken an die tote Schwester waren besonders peinigend -, wird ihm in einer Bar die Brieftasche geklaut - darin ein Foto seiner Schwester, das ihm sehr viel bedeutet. Am nächsten Vormittag wird er in der Redaktion von einer Frau angerufen. Sie hätte seine Brieftasche gefunden, das Geld wäre weg, aber alles andere noch da, er könne sie wiederhaben, für 1500 Dollar. Er fährt zu ihr in die Wohnung, ein heruntergekommenes Drecksloch; die Frau ist Fixerin und Prostituierte; während er versucht, sie herunterzuhandeln, stürzt ihr Freund (oder Zuhälter) in die Wohnung, rasend vor Eifersucht oder irgendeiner anderen Wut, im Kampf bringt Miller ihn um. Die Frau überredet ihn dazu, die Polizei nicht anzurufen, sie würde sich um die Entsorgung der Leiche kümmern, für Geld, versteht sich, er lässt sich darauf ein. Schwerer Fehler, denn natürlich beginnt sie ihn zu erpressen. Und natürlich entsorgt sie die Leiche doch nicht. Weswegen er das erledigen muss. Wobei er fotografiert wird. Vom einem Freund der Erpresserin, der gemeinsam mit dem erschlagenen Zuhälter die Brieftasche geklaut hat. Am Ende des Buches ist die Erpresserin tot, der Mann, der ihn beim Entsorgen der Leiche fotografiert hat. Und seine Freundin auch; sie bringt sich um, nachdem er sie endlich aus der Wohnung werfen wollte. Immerhin hat Mr. Miller es im Verlauf des Romans geschafft, zum stellvertrenden Chefredakteur des Drecksblatts befördert zu werden, bei dem er arbeitet. Aber das nützt ihm verständlicherweise nicht viel.

Schöner, zynischer Thriller. Bis auf die allerletzte Seite. Da sollte dringend noch etwas Schlimmes passieren. Tut es aber nicht. Und auf die familienpsychologischen Add-Ons hätte Herr Starr besser verzichten sollen.