because you care
granta > binyavanga wainana: how to write about africa




Die Gedanken kreisen um den nahenden Redaktionsschluss. Und um Geschichten wie die von jenem entnervten Kollegen, der einst an einem Wagen vorbeiraste, der selbst schon weit schneller als 100 Stundenkilometer fuhr, was der rasende Reporter allerdings später sehr bereute. Der Überholte nämlich bremste ihn bei nächster Gelegenheit aus und riss ihm die Akkreditierung von der Windschutzscheibe. Der Überholte war Jean-Marie Leblanc, der Direktor der Tour.

Der Entzug der Akkreditierung ist die Höchststrafe für einen Sportreporter. Ohne sie gelangt er nirgendwohin. Bei der Tour braucht er sie in zweifacher Ausführung: für das Auto, um auf die Strecke zu gelangen. Und für sich selbst. Nur mit einer Akkreditierung öffnen sich die Türen zu den Pressezentren, die meist nicht mehr sind als ein Festzelt auf einer Wiese, die Turnhalle einer Schule oder das Parkdeck einer Tiefgarage. Sie sind die Schreibstuben der Tour. Früher oder später landet man hier und richtet sich an einer der langen Tischreihen ein.

berliner zeitung / christian schwager > start oder ziel? auch für reporter ist die tour de france das härteste radrennen der welt





Park Avenue. Immer dann gut, wenn im Kampf madness vs. concept die madness gewinnt. Das Konzept ist es, einen Wechsel auf eine bestimmte Gesellschaft auszustellen (Vertu-Anzeigen etc.) und hoffen, dass er irgendwann schon gedeckt und gezogen werden wird. Die Verrücktheit ist, wenn der Impressionismus commando geht. Die Geschichte von AvS über die, ja wirklich, heroische und militante Sensibilität von Angelika Blechschmidt (hasst Laminatböden, zeigt den Malern in ihrer Wohnung einen Hermes-Karton, um sie auf das richtige Orange zu bringen, sagt den Vogue-Redakteurinnen, sie sollten Champagner trinken, weil der keine Flecken auf dem weißen Teppich macht, auf den sie für die Vogue bestanden hat, reist bei den Schauen einen Tag vorher an und einen Tag später ab, weil sie niemandem zutraut, ihre Klamotten richtig ein- und auszupacken, etc.): gut, gut, gut, das exakte Gegenteil dessen, worauf die Standort-weltmarktfähig-machen-Klasse hinausläuft, völlige Vergeudung Verschwendung, schade, dass so jemand nie Siemens oder die Bahn leiten darf, sondern immer nur so etwas wie die Vogue bekommt, aber das ist eine andere Geschichte. Auch klasse die Michael-Graeter-Geschichte (= die Geschichte dessen, der Graeter geghostet hat) über die ausgeraubten deutschen Villenbesitzer an der Côte, diese Passagen, in denen die obere Mittelschicht, Salz der Bundesrepublik, mit ihren Buddies nach ihren 100-Stunden-Wochen endlich ankommen in den environs von Nizza, wahrscheinlich eh schon genervt von den Staus, kennt man ja selbst, sich schnell die vom Gastgeber ausgegebenen Badehosen in ihren Gästezimmern anziehen, gerade noch dran denken, die Tag Heuers auf den Nachttischen deponieren, obwohl die doch alle bis 100 Meter waterproof sind, und als sie vom Pool zurückkommen, sind all die schönen Uhren geklaut, dann bei der Gendarmerie anrufen, wo der Mann am Telefon sehr sehr belästigt fragt, ob es wichtig sei, ob es denn auch eine Leiche gegeben habe. Oder eine Wendung wie "Saugnäpfe aus der Schaufensterindustrie": großartig, so muss das gehen.

Was gar nicht geht: WilliWinkler. MichaelJürgs. SybilleBerg. Der Vorabdruck von MartinMosebach. Braucht niemand. Und MichelComte auch nicht. Und wenn jede Seite ein Dutzend weniger Typos hätte. Und mit Kursivierungen spielt man nicht so deppert rum wie der Kursiv-Junkie von denen. Und come on, guys, der Kulturteil oder wie das heißt, müsste so Vanities-mäßig sein statt so Kapital-Kunstkompass-haft. Und das Autorenfoto von Sabine Reichel hat sie mir schon vor siebzehn Jahren genau so hingehalten und so sah die schon damals nicht mehr aus. (update. war ein mieser satz, der nicht gestimmt hat. erstens ein irrtum, was ja noch ginge. zweitens eine miesheit. hat sie gar nicht nötig. & außerdem sah sie gut aus. shame on me.) Und der Mann heißt nicht Oviz, sondern Michael Ovitz, und, hey, was macht Michael Ovitz bei Judy Lybke, das ist doch eine Geschichte.





fr :: oliver gehrs > hier schreibt der chef, via jolog. jolog rockt sowieso, wollt ich immer schon mal durchsagen.





BILDblog. Notizen über eine große deutsche Boulevardzeitung [via Dienstraum, recht schönen Dank.]





so etwas mag ich ja gerne. fotografen rausschicken, guck mal, was die leute so anhaben, formulierungen wie "brief preview of summerlike temperatures" und "improbable shearling boots". alo, haben die aber immer schon gemacht.





Guardian: Kevin Spacey issue





In dem Wissen, dass sich misstrauisch gewordene Bürger lieber über ausländische Medien informierten, forderten Regierungsbeamte nicht nur Spaniens Botschafter zur unbedingten Vertretung der Eta-These auf, sondern riefen höchstpersönlich bei einzelnen in Madrid arbeitenden Auslandskorrespondenten an. Der Tenor: "Es war die Eta, lasst euch nicht irreführen." Die Argumente der Anrufer: Es sei Sprengstoff benutzt worden, der zum Standardarsenal der Eta gehöre. Außerdem würde die Eta niemals eine Warnung vor Anschlägen abgeben. Letzteres war von vornherein falsch, ersteres stellte sich als falsch heraus.
Welt (Registrierung erforderlich) > Florian Haupt: Wie Spaniens Regierung die Medien benutzte




die putzfrauengeschichten jetzt überall. "sprich doch mal mit deiner putzfrau". "hab jetzt mit meiner putzfrau geredet, wusste gar nicht, dass die volkswirtschaft studiert hat. ist ja richtig toll."





Im vorletzten New Yorker, leider nicht online, ein ausführlicher, hochinteressanter und vorzüglich recherchierter Artikel Ken Aulettas über das Verhältnis der Bush-Regierung zur Presse. Alles drin, was man wissen muss, wenn man sich für solche Themen interessiert: wie das Press Corps funktioniert, welche Spielregeln gelten, wie - von Seiten der Politik - Öffentlichkeit organisiert wird, wie - von Seiten der Journalisten - versucht wird, Abschottungen zu durchlöchern, wie das White House der Bush-Regierung sich von früheren Regierungen unterscheidet, was den Umgang mit Journalisten betrifft. Am spannendsten für mich: Dass Bush und seine Öffentlichkeitsorganisatoren verstanden zu haben scheinen, dass Journalisten für die Herstellung dessen, was man öffentliche Meinung nennt, längst nicht mehr so wichtig sind, wie sie es noch vor zehn, fünfzehn Jahren waren - und daraus die Konsequenzen ziehen, die im wesentlichen darin bestehen, dass Journalisten, so gut es geht, ignoriert werden (weniger Pressekonferenzen als unter den Vorgängerregierungen, knappere Antworten auf Fragen, Non-Kooperation eben). Und dass man anderen Kanälen - dem Internet [unter anderem den Weblogs], dem Cable TV (dass die Regierungs-Briefings ja überträgt, ohne Editing zu betreiben) vertraut. Bush fügt Journalisten also so etwas wie eine narzisstische Kränkung zu (und zwar eine, die sie sich auch redlich verdient haben). Letzter Absatz:

[...] the Bush Administration appears to believe that the power of the White House press corps is slowly ebbing. "I think when viewed trough a historical lens the role and the importance of the White House press corps today have diminished -perhaps significantly", Mark McKinnon (Bushs Wahlkampf-Werbeleiter 2000 und 2004) says. "Drudge" - Matt Drudge's popular Internet blog - "and non-stop cable news have created a virtual real-time news environment... White House press briefings today are televised" - instantly posted on the Internet. McKinnon discerns a potent mixture of frustration and ennui among White House reporters: "They are all alpha dogs. The cream of the journalistic crop. They have arrived. They have made it to the top. And they discover, to their dismay, they are not as important as they thought they would be. Or should be. And, in fact, many are flat bored. It's always been the hottest beat for the best reporters. And now they sit in real-time limbo, lost in the dust of the Internet and cable
Interview mit Auletta über seinen Artikel.

(Außerdem im vorletzten New Yorker, auch nicht online: Ein langer Artikel über die Wiederentdeckung Joseph Roths in den USA. Im dieswöchigen New Yorker, nicht online, noch nicht gelesen: Doppelportrait von Bode Miller und Hermann Maier).