Im vorletzten New Yorker, leider nicht online, ein ausführlicher, hochinteressanter und vorzüglich recherchierter Artikel Ken Aulettas über das Verhältnis der Bush-Regierung zur Presse. Alles drin, was man wissen muss, wenn man sich für solche Themen interessiert: wie das Press Corps funktioniert, welche Spielregeln gelten, wie - von Seiten der Politik - Öffentlichkeit organisiert wird, wie - von Seiten der Journalisten - versucht wird, Abschottungen zu durchlöchern, wie das White House der Bush-Regierung sich von früheren Regierungen unterscheidet, was den Umgang mit Journalisten betrifft. Am spannendsten für mich: Dass Bush und seine Öffentlichkeitsorganisatoren verstanden zu haben scheinen, dass Journalisten für die Herstellung dessen, was man öffentliche Meinung nennt, längst nicht mehr so wichtig sind, wie sie es noch vor zehn, fünfzehn Jahren waren - und daraus die Konsequenzen ziehen, die im wesentlichen darin bestehen, dass Journalisten, so gut es geht, ignoriert werden (weniger Pressekonferenzen als unter den Vorgängerregierungen, knappere Antworten auf Fragen, Non-Kooperation eben). Und dass man anderen Kanälen - dem Internet [unter anderem den Weblogs], dem Cable TV (dass die Regierungs-Briefings ja überträgt, ohne Editing zu betreiben) vertraut. Bush fügt Journalisten also so etwas wie eine narzisstische Kränkung zu (und zwar eine, die sie sich auch redlich verdient haben). Letzter Absatz:

[...] the Bush Administration appears to believe that the power of the White House press corps is slowly ebbing. "I think when viewed trough a historical lens the role and the importance of the White House press corps today have diminished -perhaps significantly", Mark McKinnon (Bushs Wahlkampf-Werbeleiter 2000 und 2004) says. "Drudge" - Matt Drudge's popular Internet blog - "and non-stop cable news have created a virtual real-time news environment... White House press briefings today are televised" - instantly posted on the Internet. McKinnon discerns a potent mixture of frustration and ennui among White House reporters: "They are all alpha dogs. The cream of the journalistic crop. They have arrived. They have made it to the top. And they discover, to their dismay, they are not as important as they thought they would be. Or should be. And, in fact, many are flat bored. It's always been the hottest beat for the best reporters. And now they sit in real-time limbo, lost in the dust of the Internet and cable
Interview mit Auletta über seinen Artikel.

(Außerdem im vorletzten New Yorker, auch nicht online: Ein langer Artikel über die Wiederentdeckung Joseph Roths in den USA. Im dieswöchigen New Yorker, nicht online, noch nicht gelesen: Doppelportrait von Bode Miller und Hermann Maier).






Der Essay über Joseph Roth ist doch online, wie ich mich dank Perlentaucher erinnere. (Der "New Yorker" selbst macht es einem ja mit dem Material aus früheren Ausgaben nicht leicht.) Bemerkenswert, daß David Denby ein Buch mit dem Titel "American Sucker" - damit meint er nicht zuletzt sich selbst - geschrieben hat [NYT Babe In Dow Land].


danke.


Schade,

den Artikel würde ich gerne lesen. Zum Thema: Das wundert mich aber nicht. Wer einmal die Akkreditierungs-Demütigung beim Filmfest in Cannes mitgemacht hat, weiß was ich meine. Da werden Karten unterschiedlicher Größe und Farbe ausgegeben, mit denen man sich unterschiedlich frei bewegen kann. TV bekommt immer die ersten Interviews, Print die, wo man 3 Minuten mit 7 Journalisten aus fünf Ländern in einem Hotelzimmer sitzten darf. Als Printjournalist ist man nur noch ein lästiger Gast.


ja nee

kommt drauf an, was man daraus macht (und draus machen darf): erinnere mich gerne an das letzte madonna interview in der face bei ihr daheim, wo es um hundefutter und so schoten ging. sowas bringt doch heute keiner mehr


Das ist was anderes. Wenn ich als Magazin mir ein Interview besorge, hab ich natürlich mehr Freiheiten.