heute abend auf arte: sartre über sartre, ein interview von 1975. (2 teile, 23:15 und 0:45)





Die Abfahrt war Jauchzen und Jubilieren. Ich teilte sie mir in viele Teile ein: rasend schnelle, überfordernde - gemäßigt schaukelnde - rollen und sehen - Kurvengenußfahren (im unteren Drittel einer Abfahrt von einem höheren Paß werden die Abstände und Winkel der Kurven im Verhältnis zum Gefälle der Straße perfekt zum eleganten Kurvenfahren - es ist wie Riesenslalom! -, man muß fast nicht bremsen und aus jeder Kurve hinaus legt man sich sofort in die nächste).
simon sparwasser (alexander klose): bike'n phile, fahrradfahren als medium der erkenntnis.




sehr schön, wie joachim rohloff sich habermas vom revers wischt: "derweil trat habermas den rückzug an und suchte zuflucht bei seinem lieblingswort, der hermeneutik. sein lebtag kann und kann er sich nicht darüber beruhigen, dass man es mit der hermeneutik zu tun bekommt, wenn man einen text liest."





Der Fond documentaire Roland Barthes (französisch & englisch) hat sich vorgenommen, alle Vorlesungen von Barthes am Collège de France zu dokumentieren - mit Transkriptionen, Sprach-Aufnahmen und erhaltenen Notizen B's. Für ganz normale internautes sind allerdings nur (nicht uninteressante) Auszüge zugänglich, wie man allerdings Subskribent wird, verrät die Website nicht oder ich habe es übersehen. Vielleicht ja durch Ernennung.

Nebenbei: Sampling Roland Barthes' Voice.





Vor sechs Wochen hatte ich am Flughafen von Nizza eine Panikattacke. Einige Minuten davor war ich noch ganz sicher gewesen, dass ich wie Dutzende Male vorher gleich in ein Flugzeug steigen würde, ohne darüber auch nur nachzudenken, Flugzeuge waren nie etwas anderes gewesen als ein Mittel zum Zweck, und oft hatte ich es sogar gemocht, in zehn Kilometern Höhe zu sitzen, dem Dröhnen zuzuhören, unter mir Berge zu wissen oder das Meer. Flugangst war etwas, das immer nur anderen geschah, und selbst jetzt noch kommt es mir völlig unglaubwürdig vor, dass sie in mich gefahren sein soll.

Ich stieg aus dem Bus, der uns vom Mietwagenrückgabeplatz zum Terminal gebracht hatte, und knapp vor dem oder schon im Aussteigen, so genau kann ich mich nicht mehr erinnern, flutete mich Panik. Die Panik war unbestimmt, sie hatte keinen Inhalt, sie war auf nichts gerichtet, sie sagte nichts, sie war einfach nur da, mächtiger als ich, sie war etwas nur Kreatürliches, unangenehm kreatürlich.

Lass uns bitte hinsetzen, sagte ich zu M., ich konnte also immer noch vernünftig reden, ich weiß auch nicht, was mit mir los ist, mir ist schwindelig, mein Kreislauf spinnt, zehn Minuten bloß, ich bin sicher, das vergeht wieder. Ich setzte mich auf eine Bank vor dem Terminalgebäude, zittrig wie nach einem Schrecken.

Es würde wieder vorbeigehen, dachte ich und wusste doch schon, dass ich keine Chance hatte. Es, was es auch war, hatte mich erwischt, es war in mich hineingerutscht und ich dabei aus mir heraus. Man kann das nur schwer beschreiben, man hat sich ja daran gewöhnt, mit sich identisch zu sein, man hat zum Beispiel Schmerz, eine Subjekt-Objekt-Beziehung, jenseits des Schmerzes gibt es einen noch selbst, man kann den Schmerz lokalisieren, man ist nicht mit dem Schmerz identisch, im Gegenteil, der Schmerz ist, was nicht zur Identität gehört. Das hier war etwas anderes. Ich war zwei, ich war Panik, ein Bündel von Herzstolpern & Hyperventilieren & zittrig & gelähmt & auf eine Bank gedrückt & Schwindel & Kreislaufchaos & Sympathikus-Chaos, und zugleich war ich der Beobachter dessen, der Panik hatte, einer, der der Panik zuredete, sie mit Vernunft in Schach zu halten versuchte, einer, der dem Paniker gut zuredete, das wäre doch nur eine Panikattacke & etwas völlig Überflüssiges & Flugzeuge stürzten nicht ab & und ich müsse jetzt nur herunterkommen von dieser Adrenalinüberflutung & ich würde gleich aufstehen und in das Flugzeug steigen & später käme mir alles ganz unwirklich vor & versuch doch einfach langsam zu atmen & sieh doch du bekommst Luft und dein Herz schlägt & du bist doch in der Lage, dich selbst zu analysieren & du hast eine ungefähre Ahnung von dem Mechanismus, der sich merkwürdigerweise in dir abspielt. Der Paniker und der Panikbeobachter kamen nicht miteinander in Kontakt, sie hatten nichts miteinander zu tun, redeten nebeneinander her, der Paniker mit Herzstolpern, der Beobachter mit dem sicheren Wissen, dass das Herzstolpern keine rationale Ursache hatte.

Ich habe mich darin übrigens nicht geirrt. Gleich nach meiner Rückkehr nach Deutschland bin ich zum Internisten gegangen und habe mich gründlich untersuchen lassen und dabei nur erfahren, dass ich gesund bin, prächtige Werte, prächtiges EKG, nicht das Geringste, das zu Besorgnis Anlass gäbe. Was mir in Nizza passiert ist, war also tatsächlich genau das, als das ich (der Beobachter, der in meinem panischen Körper zugange war) es identifiziert hatte: eine Panikattacke.

Was aber eine Panikattacke jenseits der medizinischen Symptomatik ist, lässt sich nicht leicht fassen. Da die Panik einen Auslöser hat, der nicht restlos im Körperlichen aufgeht, sondern etwas mit der Psyche, dem Bewusstsein zu tun hat, kann sie nichts nur Körperliches sein. Der die Panik aber hat, nimmt sie als nur Körperliches wahr: es ist der Körper, der ihm einen bösen Streich spielt, der ihn unterminiert, das gewohnte Ich sprengt; man hat in seinem Ich plötzlich Anteile, die nicht zum Ich gehören und ihm völlig fremd sind: ansonsten hätte man ja nicht die bestürzende Empfindung, die Kontrolle verloren zu haben - eine Empfindung übrigens, die die Panik nur noch weiter anfeuert. Es ist etwas in den Körper hineingefahren, wie ein Gift, mit dem der Körper sich Mühe gibt, man sieht dem Körper zu, wie er sich Mühe gibt, das Gift zu bewältigen, aber man weiß gleichzeitig, dass das Gift man nur selbst ist, man empfindet es nur nicht so, es ist ein Selbst, von dem man nur weiß, dass es ein Selbst ist, aber das immerhin weiß man: Es ist ja nicht so, dass der Körper ohne Grund, einfach so, beschlösse, panisch zu werden. Der Körper wird aus einem Grund panisch, der im Ich liegt, dem Ich aber ganz unbekannt ist, weil es sonst nicht panisch werden müsste, und weil es sonst nicht völlig überrascht von der Panik des Körpers wäre.

Die Panikattacke ist sozusagen ein Irrtum. Man gerät in Panik über eine Gefahr, die gar nicht wirklich existiert, noch schlimmer: von der man, schon während man panisch ist, weiß, dass sie nicht wirklich existiert. Es ist war nicht so, dass in den Morgennachrichten von Drohungen gegen Flugzeuge gesprochen worden war, das Wetter war schön, die Sicht war klar, und kein einziges Mal in meinem Leben habe ich mit Flugzeugen schlechte Erfahrungen gemacht. Im übrigen war meine Panik ganz vage: Ich hatte keine Angst vor etwas Bestimmtem, was mit dem Fliegen in Zusammenhang stand, ich hatte keine Angst vor Abstürzen, Flugzeugentführern, Gewitterfronten oder Beengungen im Flugzeug, ich habe auch jetzt, sechs Wochen später, all diese Ängste nicht, im Gegenteil, solche Ängste kommen mir völlig lächerlich vor. Aber ich wollte nicht in dieses Flugzeug, ich wollte nicht einmal die Abflughalle betreten, es gab diese Hecke, die meine Panik um das Terminalgebäude gezogen hatte, keinen Schritt weiter, ging nicht. Pferde sind so, wenn sie vor Oxern scheuen.

Wer aber war es, der den Irrtum beging, panisch zu sein? Und wer war es, der wusste, dass er sich irrte?

Beide sind ich, keine Frage. Man ist sogar viel zu sehr Ich, so genau wollte man sein Ich gar nicht kennenlernen, man kommt sich in der Panik näher, als man es je wollte. Man hätte gerne statt des Ichs, das einesteils nur noch Panik ist und andererseits weiß, dass es panisch ist, sich aber viel lieber dieses Wissens entledigen würde, man hätte also gerne statt dieses gespaltenen Ichs gar kein Ich, sondern Vernunft, Allgemeinheit, eine Rationalität, die sich ihrer so sicher ist, dass es keinen Grund gibt, über Panik überhaupt nachzudenken - so wie man beispielsweise beim Kochen nicht darüber nachdenkt, dass man ein Ich ist, das kocht, man kocht einfach und ist ganz sachlich dabei. In der Panik ist aber nur noch Ich, bloß noch Besonderes, das aus dem Allgemeinen herausgefallen ist, eine Rückkoppelung, aus der man nicht mehr herauskommt. Man ist abgespalten von allem Sachlichen, und in dieser Abgespaltenheit noch einmal gekerbt. Die Panik ist ein Wissen (es gibt einen Grund für Panik, der irgendwo im Bewusstsein feststeckt), aber dieses Wissen weiß nichts. Die Panik weiß zum Beispiel, dass Gefahr besteht, sie zweifelt nicht daran, sie ist todsicher, es geht an das Leben. Der die Panik aber registriert, das Herzklopfen, den Schwindel, die schnellere Atmung, den kalten Schweiß, weiß dabei, dass die Panik nichts weiß, sie irrt sich, sie ist abergläubisch. Der Beobachter möchte dem panischen Körper diesen Aberglauben ausreden: du stürzt nicht ab, dir passiert nichts, sieh das doch ein.

Man hat also zwei in sich. Und vielleicht sogar noch einen dritten, der weiß, dass die beiden anderen Ichs (das panische Ich und das die Panik beobachtende Ich) zusammengehören. Es kann aber auch sein, dass mir das nur nachträglich so vorkommt, man versucht ja, vor allem sich selbst, zu schildern, was einem da genau widerfahren ist, und dabei kommt es leicht vor, dass man übers Ziel hinausschießt, man will das Besondere verstehen und muss es dazu ins Allegemeine der Sprachform bringen und handelt sich dadurch wiederum alle möglichen logischen Löcher ein.

Im nachhinein ist man sowieso immer schlauer, und vor allem ist man auf eine andere Weise schlau, als man in der Panik gewesen ist. Oh ja, man ist schlau in der Panik, man versucht sich zu überlisten. Ich zum Beispiel saß auf der Bank und wollte meinen Körper zwingen, sich von sich abzulenken zu lassen, zum Beispiel gab ich mir Vorstellungen auf, Konzentrationsübungen, denk an die Sonne, sagte ich mir zum Beispiel, ist es nicht toll, dass es Mitte Oktober immer noch 25 Grad hat, oder ich sagte mir: denk an M. Lauter Ablenkungsbefehle, aber wie das so ist: einer, der sich die Ablenkung befehlen muss, kann sich selbst nicht gehorchen, Abgelenktsein kann nicht befohlen werden, es ist, als würde man sich befehlen, spontan zu sein, oder auch frei, die Form tötet den Inhalt, sei doch frei, befiehlt man sich, aber jemand, der Befehlen gehorcht, kann nicht frei sein, logischerweise.

Im nachhinein weiß ich auch, wieviel ich in der Panik falsch gemacht habe. Ich habe mich zum Beispiel, auf der Bank sitzend, zum Einatmen überredet; ich hätte aber ausatmen sollen; Einatmen erzeugt Hyperventilation, Hyperventilation erzeugt genau die Symptome, die man dann als Panik wahrnimmt. Ich aber wollte einatmen, um mich wieder mit Welt vollzusaugen, von der ich mich durch die Panik als getrennt empfunden habe, ich wollte sozusagen Welt einatmen, etwas anderes in mich bringen als die Panik. Oder: Ich habe mich irgendwann auf die Bank gelegt, weil mir schwindelig war und um auf das Ende der Panikattacke zu warten, aber ich hätte aufstehen und mich bewegen müssen, so jedenfalls habe ich es später gelesen, Bewegung verbraucht das Adrenalin, Ergebenheit verbraucht es nicht so schnell. Oder: Ich hätte mehr sprechen müssen als ich es getan habe, beim Sprechen atmet man automatisch richtiger als beim Stummsein.

Es nützte alles nichts, was der eine in mir dem anderen sagte, ich saß und lag auf der Bank vor der Abflughalle und trieb dahin. Menschen gingen vorüber, sahen mich kurz an, sie werden gar nicht wahrgenommen haben, was mit mir los war. M. saß neben mir, verstört, aber sehr ruhig, sie wartete, wie ich. Irgendwann, ich weiß nicht, wieviel Zeit vergangen war, aber wir hätten das Flugzeug immer noch erwischt, sagte sie, dass wir nicht fliegen müssten, sondern uns auch ein Mietauto nehmen könnten. Wir würden, statt nach Mallorca ins Haus unseres Freundes weiterzufliegen, mit dem Auto durch Italien und die Schweiz nach Hamburg fahren, wir würden uns Zeit lassen dabei, wir hätten doch ohnehin vorgehabt, in diesem Sommer auch nach Zürich zu fahren. Sollen wir das tun? Ja, sagte ich, und kaum hatte ich es gesagt, begann die Panik nachzulassen.

Es hat dann noch zwei Tage gedauert, bis die Panik aus mir verschwunden war, sie zog sich nicht so schnell zurück, wie sie in mich hineingefahren war, am ersten Abend am Comer See fühlte ich mich immer noch beängstigend getrennt von der Welt und vor allem sehr müde. Aber es ging besser, die Restpanik hatte sich schon in einem eigenen Bezirk in mir verschanzt, ich konnte mich zu ihr schon in ein Verhältnis setzen, sie war wieder zum Ding geworden statt eine eigene Macht zu bleiben, sie war schon fast nur noch Erinnerung.

In Hamburg habe ich gleich zwei Ärzte aufgesucht; ich hatte nämlich eine bestimmte Vermutung, wovon meine Panik angetrieben wurde (nicht wovon sie ausgelöst wurde), und die Ärzte bestätigten diese Vermutung, die hier nichts zur Sache tut. Nur so viel: der Mechanismus meiner Panik war außerordentlich banal. Warum sie aber über mich gekommen war und sich nicht abschütteln ließ, weiß ich nicht wirklich, ich muss das erst noch herausfinden; nicht, dass es mich beunruhigen würde, wenn man schon Abgründe in sich hat, sollte man sie ruhig kennenlernen: davor immerhin habe ich nicht die geringste Angst, wie auch sonst vor nichts (es sei denn vor Quallen und Stromschlägen).

Ich habe seitdem gar nicht so wenigen Menschen von meiner Panikattacke erzählt und dabei ein paar erstaunliche Erfahrungen gemacht. Ein halbes Dutzend Mal nämlich stellte sich heraus, dass meine Zuhörer ebenfalls Panikattacken gehabt hatten, viel schlimmere als meine, manchmal jahrelang, in Ubahntunneln, in Autos, in Hotelzimmern, nachts beim Schlafen. Es war, als hätte ich, dadurch, dass ich recht umstandslos von mir berichtete, etwas in ihnen gelöst, sie kamen mir dankbar vor, und mir war, als hätte ich mit einem Mal so etwas wie Brüder und Schwestern, als wären wir Mitglieder eines Bundes, und so sehr ich mich darüber wunderte, wer von meinen Bekannten, die ich immer nur als ausgeglichene Menschen erlebt hatte, dieselbe Erfahrung wie ich gemacht hatte, so sehr waren sie überrascht von mir, einem gestandenen Mannsbild, wie eine es nannte. Sehr merkwürdig. Was wohl geschähe, wenn man alle seine Geheimnisse preisgäbe? Ob sich herausstellte, dass alle die ganze Zeit über lauter ähnliche Geheimnisse gehabt hätten?

Sechs Wochen nach dem Zwischenfall in Nizza bilde ich mir ein, ich könnte ohne weiteres hingehen, mir ein Flugticket kaufen und ohne irgendeinen Anflug von Angst davonfliegen. Aber ich weiß auch, dass man sich alles einbilden kann. Ob ich mich täusche, wird sich schon noch herausstellen. Kiss and fly.

Ach ja, eine Bitte noch: keine Ferndiagnose, keine medizinischen & keine psychologischen Ratschläge, es ist schon gesorgt, und es geht hier auch gar nicht darum. Worum es hier ging, war die Beschreibung einer Konstellation, die ich - jenseits dessen, das sie mich eine halbe oder ganze Stunde lang umwarf - ziemlich spannend finde, ein weiteres mind-body-dilemma. Schön, wenn man das respektieren könnte.





A List Of Fallacious Arguments





Die Bedeutung.





The Hannah Arendt Papers at the Library of Congress: Eine beglückend umfangreiche Sammlung von Manuskripten, Vorlesungskonvoluten, Korrespondenzen, Notizen, Papieren usw. Unaufhörlich macht man neue Entdeckungen. Alle Fassungen von Eichmann in Jerusalem, Interviews in deutschen Rundfunkanstalten, Vorlesungen über Kant, Marx, Zionismus, Augustinus, den deutschen Antisemitismus, gänzlich Unerwartetes wie ein Text über Kybernetik, eine Kindergeschichte oder Gedichte, wie dieses hier aus dem Jahr 1943:

Aufgestiegen aus dem stehenden Teich der Vergangenheit Sind der Erinn´rungen viele. Nebelgestalten ziehen die sehnsüchtigen Kreise meiner Gefangenheit Vergangen, verlockend, am Ziele.

Tote, was wollt ihr? Habt Ihr im Orkus nicht Heimat und Stätte? Endlich den Frieden der Tiefe? Wasser und Erde, Feuer und Luft sind Euch ergeben, als hätte Mächtig ein Gott Euch. Und riefe

Euch aus stehenden Wässern, aus Sümpfen, Mooren und Teichen Sammelnd geeinigt herbei. Schimmernd im Zwielicht bedeckt Ihr mit Nebel der Lebenden Reiche, Spottend des dunklen Vorbei.

Spielen wollen auch wir; ergreifen und lachen und haschen Träume vergangener Zeit. Müde wurden auch wir der Strassen, der Städte, des raschen Wechsels der Einsamkeit.

Unter die rudernden Boote mit liebenden Paaren geschmückt auf Stehenden Teichen im Wald Könnten auch wir uns mischen - leise, versteckt und entrückt auf Nebelwolken, die bald

Sachte die Erde bekleiden, das Ufer, den Busch und den Baum Wartend des kommenden Sturms. Wartend des aus dem Nebel, aus Luftschloss, Narrheit und Traum Steigenden wirbelnden Sturms.

Das einzige Problem: Es handelt sich um Scans der Originaldokumente, die Lektüre ist also ein wenig mühsam. Der Allgemeinheit zugänglich ist alles mit dem Vermerk "images display offsite".





"Camping - in der älteren Jugendbewegung liebte man zu kampieren - war Protest gegen bürgerliche Langeweile und Konvention. Man wollte heraus, im doppelten Sinn. Das Unter-freiem-Himmel-Nächtigen stand ein dafür, daß man dem Haus: der Familie entronnen sei. Dies Bedürfnis ist nach dem Tod der Jugendbewegung von der Campingindustrie aufgegriffen und institutionalisiert worden."





Die ganze Geschichte beginnt 1904/05 in einer Linzer Realschule: Hier besucht Ludwig Wittgenstein die fünfte, der um wenige Tage ältere Hitler die dritte Klasse. Bekannt durch die Arbeit Möckers von 1985 - nicht 1987, wie Cornish schreibt - bietet der gemeinsame Schulbesuch genügend Anlaß für weitere Spekulationen. Doch Cornish spekuliert nicht: „Jenseits jeden vernünftigen Zweifels lege ich dar, daß Ludwig Wittgenstein der Anlaß für Hitler war, ein glühender Antisemit zu werden“, oder anders gesagt: „Dafür, angenommen, daß Hitler 1905 antisemitisch eingestellt war, genügt Wittgenstein.“ Der Autor führt verschiedene Argumente für diese These an, etwa daß Wittgenstein und Hitler gern pfiffen. Lag da nicht eigentlich der Grundstein für eine tiefe Freundschaft? Wittgenstein kritisierte gern besserwisserisch, und Hitler konnte persönliche Kritik nicht ertragen. Ist es da nicht zwingend, daß der Realschüler Wittgenstein den Realschüler Hitler beim Pfeifen korrigierte und dieser so einen unbändigen Haß auf alle Juden entwickeln mußte? Doch dabei bleibt es nicht: Hitlers Dogmen, so der Autor, seien „die veränderten, pervertierten Darstellungen“ der Gedanken Wittgensteins zur Interpretation des Ichs.
Aus Kathrin Chods Rezension von Kimberley Cornish: Der Jude aus Linz. Hitler und Wittgenstein. Aus dem Englischen von Angelus Johansen. Ullstein Verlag, Berlin 1998, 432 S. Siehe auch: hier oder hier.