Der bislang irrwitzigste Artikel zu Dschenin steht in der heutigen Ausgabe der NZZ. "Versteckte Kamera" in Jenin. Leichenzug mit Hindernissen.

gsz. Jerusalem, 3. Mai Den traurigen Vorgängen im Nahen Osten ist manchmal eine ungewollt komische Seite abzugewinnen. Während sich die israelische Version der Ereignisse bei Jenin, laut der bei Kämpfen mit der Armee einige Dutzend Palästinenser ums Leben gekommen seien, langsam zu bestätigen scheint, behaupten palästinensische Kreise weiterhin, dass in dem Flüchtlingslager Massaker stattgefunden hätten. Um ihren Beschuldigungen Nachdruck zu verleihen, versuchen militante Palästinenser eine grosse Zahl von Opfern vorzutäuschen und greifen dabei manchmal zu unkonventionellen Mitteln. Israel behauptet, es würden Scheinbegräbnisse veranstaltet, um die Zahl der angeblichen Toten zu erhöhen. Was die Organisatoren einer solchen Leichenfeier nicht wussten, war, dass der militärische Nachrichtendienst über dem Lager auf Ballons montierte Überwachungskameras betreibt und einen solchen Vorgang filmen konnte. Auf dem an einer Pressekonferenz in Jerusalem präsentiertem fünfminütigen Film sieht man zuerst, wie ein in Tücher gewickelter Toter von Leichenträgern auf einer Bahre durch die Strassen getragen wird. Plötzlich stolpert einer der Träger und der «Leichnam» fällt von der Bahre. Der Scheintote erhebt sich schnell wieder, wickelt sich erneut in die Tücher und legt sich noch einmal auf die Bahre. Der Leichenzug geht weiter, doch da stolpert ein ungeschickter Träger abermals, und der «Tote» fällt erneut auf die Strasse. Noch einmal formiert sich der Zug, und die Prozession geht weiter. Unterdessen gesellen sich immer mehr unwissende Menschen zu den Trauernden, und der Leichenzug nimmt immer grössere Ausmasse an. Da stolpert einer der Träger zum dritten Mal. Nun hat der «Tote» endgültig genug von seinem Begräbnis. Er erhebt sich vom Boden und rennt weg. Ob dem Anblick des plötzlich wieder zum Leben erwachten «Märtyrers» zutiefst erschrocken, stieben die unwissenden Begleiter in alle Richtungen auseinander. Über die Vorgänge befragt, gaben palästinensische Kreise als Erklärung an, dass mit solchen Praktiken nicht Begräbnisse vorgetäuscht würden, sondern gesuchten Militanten zur Flucht verholfen werde.
Ein angenehm nüchterner, um Klärung der Fakten bemühter Artikel der NZZ über die Vorfälle in Dschnenin findet sich hier: Die Sprache der Trümmer in Nablus und Jenin. Zwischen militärischen Kampf- und Strafmassnahmen.