Santiago Gamboa, Die Blender, Wagenbach 2005 (im Original 2002)

Ein Fernsehredakteur aus Paris, kolumbianischer Immigrant, zäher Zyniker, was sein Leben, die Frauen, das Fernsehen betrifft; ein kolumbianischer Literaturdozent und Romancier aus Austin/Texas, höchst erfolglos, aber davon überzeugt, in die erste Liga der Weltliteratur zu gehören, tagträumend von Susan Sontag-Botschaften auf seinem Anrufbeantworter; und ein vor der Emeritierung stehender Sinologe aus Hamburg, geschätzt in seinem Fach, penibel, lebensunerfahren und ein Zauderer, werden vom Autor nach Peking geschickt und, jeder für sich, jeder aus anderen Gründen, in eine mehrfach verwickelte Agenten-, Doppelagenten- und Kriminalgeschichte gehetzt. Es geht um ein kostbares Manuskript aus der Zeit der Tang-Dynastie, von der Sekte der "Boxer" (wie sie von den Europäern genannt wurde) als heiliger Text angesehen, verschwunden während des Boxeraufstandes, jahrzehntelang in einer französischen Kirche gebunkert, nun wieder aufgetaucht, die Nachfahren der Sekte wollen es verständlicherweise wieder in ihren Besitz bringen, die französische Kirche will es mit Hilfe der Botschaft und des Geheimdienstes außer Landes schaffen, damit es nicht zu politischen Verwicklungen kommt, eine Splittergruppe der Sekte will es ebenfalls haben, der Sinologie-Professor hat schon immer den Dichter geliebt, der es geschrieben hat, der chinesische Großvaters des Erfolglos-Schriftstellers hat es vor seiner Flucht nach Kolumbien einem französischen Leutnant zur Aufbewahrung gegeben, der Pariser Fernsehredakteur ist ohne sein Wissen vom Geheimdienst als Manuskript-Herausholer ausgeguckt worden, kurzum: völliges Chaos. Und Gamboa inszeniert es, immer noch eine weitere Drehung, immer noch eine Volte, manchmal fast slapstickhaft, immer höchst elegant, auf dem Weg burleske Liebesgeschichten und Sexszenen in die sowieso schon volle Geschichte stopfend, böse Witze über die lateinamerikanische Literatur reißend, er kann gar nicht genug kriegen, seinen Figuren und dem Leser noch was mitzugeben. Sehr lustig, sehr gewandt, sehr irrwitzig. Tolles Buch.