Vor einigen Wochen eine Mail von Malo bekommen, in der er auch erwähnte, dass wir nun bald fünften Geburtstag hätten. Malorama, das Camp Catatonia, der Wörterberg, Ronsens, Nightcat, Sofa & andere. Mir wäre das gar nicht aufgefallen – es sind immer die LeserInnen, die auf dein Leben achtgeben, auch das etwas, was ich in diesen fünf Jahren gelernt habe. Seit dieser Mail also manchmal wieder über diese fünf Jahre nachgedacht.
Wie das gewesen ist, damals in den Indie-Clubs, als die Majors sich noch nicht für uns interessiert haben, als noch niemand darüber nachdachte, wie man aus unseresgleichen corporate rock machen könnte, als noch niemand zu uns sagen hätte können, wir dürften es unter den Bedingungen von Verwertbarkeit natürlich nicht so spitz machen. Was für ein Privileg es ist, damals begonnen zu haben. Niemand, der es dir erklären wollte, also konnte man selbst versuchen, es herauszufinden, und das Beste daran war, dass man es nie herausfand, obwohl man dabei ja immerzu noch etwas fand. Musste sich nicht fragen, was ein Weblog ist sein könnte sein sollte. Und schon gar nicht musste man sich die Machtfrage stellen, ging doch genau darum, dass sie gar nicht erst gestellt werden konnte. Die Journalismus vs. Weblogs-Threads, die Gegenöffentlichkeits-Träume, die Citizen Journalism-Programme und all die anderen Territorial-Pissing-Contests, die oft schmerzten, als sie schließlich aufkamen, weil es doch genau darum nicht gegangen war, genau nicht um die Machtfragen und um das Territorial Pissing. Gut war: dass the frank aus Ecuador plötzlich Kommentare hinterließ, von denen man sich gerettet fühlte (so, wie er später, im Nil, erzählte, wie er sich gerettet gefühlt hatte, von den Weblogs, in Ecuador). Gut war: wie Schaum plötzlich begann, Gedichte zu deponieren, of all things!, Gedichte, hab ich dir je gesagt, was das getan hat? Das damals, vor fünf Jahren: after midnight-Stimmen, die einen durch den nächsten Tag brachten. Dass es diese Stimmen gab, plötzlich waren sie einfach da, man wusste nicht woher, man wusste nicht, dass es sie gab, einfach so, keine Machtfragen, keine corporate strategies, keine Territorien. Wie groß das gewesen ist. Und wie groß das immer noch ist, oft, jedenfalls wenn man sich von dieser Erinnerung leiten lässt, Glimmern, Algenkolonien, Quartz, so etwas in der Art, wie das immer noch geschieht, Gedankenträger, Hotel Mama, (i think) he was a journalist, taucht ja immer noch auf, und man wundert sich fast darüber, weil das jetzt ja alles schon so grauenhaft verstellt ist von dem Corporate-Zeug und den Leuten, die Netz 2.0 sagen, und den Leuten, die schon wieder etwas wittern müssen, die immerzu nur das Potential sehen statt vielleicht: wie groß es doch schon ist.
Wie sehr auch mich das gerettet hat, in vielem jedenfalls. Ach nein, das ist nicht übertrieben. Damals, als ich angefangen habe, ohne recht zu wissen, warum und wieso, das war eben so da und man konnte es eben ausprobieren und sich wie mit allem anderen auch betäuben wollen, war ich auf dem Weg, einer von denen zu werden, die mir so leid taten wie ich sie auch verachtete. So funktionabel. So mürrisch. So so gut im Brotjob, aber auch so so verschenkt damit. So sehr auf dem Weg ins 40plus-Leben, Kieser Rückentraining, ergeben, befreundete Paare. Und so unverbunden. Wie hätt ich die Leute alle kennenlernen können, die ich jetzt kenne, jedenfalls deren Texte, wie hätte ich wissen können, dass es die gibt. Hätte ich nicht, hätte niemand.
[Auch so etwas aus den letzten fünf Jahren: Dass Texte einander kennen, und dass das generöser und näher ist als wirkliches Leben, & das völlige Gegenteil dessen, was Corporate-Texte machen, ob sie nun Spiegel, Suhrkamp, Neue Post sind.]
Text Text Text. Schreiben Lesen Puls.
Das Seltsame ist ja, dass man mit 17 oder 25 meistens viel genauer weiß, wie das richtige Leben geht, als mit 40 oder 45.
An army of lovers can be beaten. But so fucking what?
Danke. Für alles.
& antville rocks on.
Do.The.Strand.
Schlagzeile auf der Hamburger Morgenpost: "Jessicas Oma: Sterilisiert meine Tochter!" Beispiele, die man leider nie zur Hand hat, wenn man Gespräche über journalistische codes of conduct führt, im Vergleich mit weblogistischen Standards. Ach, die Mülldeponie meines Ekels.
Irgendwann in den letzten Wochen, beim L-Word-Sehen mit Theresa (ahnst gar nicht, wie viel mir das bedeutet) und beim Reden über L-Word, und jetzt dann bei Angels in America (ahnst gar nicht, wie sehr ich mich über dieses Care-Paket freue & und wie sehr es ein Care-Paket ist), ist mir aufgefallen, wie sehr emotional zuhause ich mich bei fast allem fühle, was gay ist oder Jules et Jim oder auf sonst irgendeine Weise nicht BoyMeetsGirl, wie selten die Empathie noch anspringt vor den Schablonen, in denen doch Leute wie ich sich wiederfinden sollten, und wie sehr auf der Stelle bei den Filmen, die für meinesgleichen doch gar nicht gedacht sind.
Und jetzt schon mein bösartiger präventiver Hass auf das, was sie hierzulande mit L-Word machen werden, im Frühjahr 2006, all die Begleitkommandos, die man sich jetzt schon ausrechnen kann, die Zusatz-Features, die die Leute wieder aufs übliche Maß kleinprügeln sollen, irgendwelche Jeanettes & Sarahs, die ihre Testimonials loswerden dürfen, dass auch sie sich vorstellen könnten, durchaus, und in den Print-Konkurrenten Trendartikel, lesbian chic & crap like that.
The L-Word ist eine Fernsehserie über Menschen. Das Rätselhafteste, was du im Fernsehen gerade machen kannst.
Meine Liebe zu den müde gewordenen Stimmen.
Every.Time.I.See.Your.Face.
Ihre Wahrsagerin, die über mich (den Abwesenden) vermutete, ich hätte zwei Töchter, nicht lockerlassen konnte, als sie ihr sagte, es seien aber eine Tochter und ein Sohn, sagte: "aber ich sehe zwei Töchter, ist der Sohn vielleicht schwul?", und hinterher meine Sorge, dass er vielleicht ja wirklich schwul sein & in seinem Alter Angst davor haben könnte, das völlig okay zu finden, gleich ans Telefon und der Mutter, my used-to-be, gesagt, wir sollten unbedingt darauf achten, dass die Kids nie Schiss müssten vor ihrem Ich-Sein, nicht unsere, lass uns bitte immer darauf acht geben, & sie, die used-to-be, nachdem sie mich mit Grund & Recht schallend ausgelacht hatte, hinterhersetzend, dass ihr das ja sehr recht wäre, immer hübsche Jungs zu Besuch. Ah, Identität!
Palette revisited. Eine oral history über die Hamburger Kneipe, die in Hubert Fichtes (auch er tot) Roman Die Palette immer noch lebt. Immer noch lebt: dir sagt, wie Orte, Gesellschaft, Gespräche sein sollten, dich mit Sehnsucht schlägt, wirklich schlägt. Clubs der Menschen, die von bestimmten Büchern mit Sehnsucht geätzt, geimpft, verdorben worden (und wie ich mir wünschte, es gäbe die Army of Lovers aus Pynchons "Gravity Rainbow" tatsächlich). Palette revisited also. Wir saßen da, tranken Kafee & Pastis, schauten die Palettenfotos an, army of lovers, auch wir beide, ein versprengtes Sonntagnachmittagskommando. Großartiges Buch.
"Du musst ein Buch schreiben."
A.Singer.Must.Die.
Das Lustigste an den jetzt überall abgedruckten Poschardt-Texten (diese Woche zieht er seine Alles-alte-Säcke-außer-ich-Nummer im "Spiegel" durch) ist, dass man an ihnen merkt, wie gut oder wie schlecht die Textchefs in den jeweiligen Blättern sind. Je besser der Textchef, desto mehr klingt Poschardt nach Westerwelle, je schlechter der Textchef, desto mehr hört er sich eben nur nach Poschardt an.
oh.my.love.
palmer vs. beachill (.mov, 0"55)
nnnnn
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