abends in eine wdr-dokumentation über japanisches bogenschießen geraten. eine passage über einen kaiserlichen bogenbauer und seinen lehrling. der bogenbauer, der eine sehne einspannt, schaut, wie der bambus sich biegt, nachjustiert, wieder schaut, justiert, schaut. der lehrling dabei stehend, alles beobachtend. die ausbildung, hieß es, vollzieht sich fast wortlos, durch genaue beobachtung, den versuch, die geheimnisse des erfahreneren zu erraten. der meister im interview: auch er wäre von seinem vater so unterrichtet worden, keine erklärungen, sondern vormachend, beispiele gebend. sofort überlegt, ob man auf diese weise jemandem das schreiben beibringen könne (oder lernen), schulter an schulter sitzend, einander beobachtend, das nachdenken, die zigaretten, das im raum herumschauen, die sätze hinschreibend, die rückschritttastenschritte, das stocken, das wieder in den fluß hineinkommen.
[gleich hinterdrein wieder die erinnerung an den abend in kyoto beim lackschalenmacher, lebendes nationaldenkmal, sein schrank mit den schalen, an dieser arbeite ich schon acht, an dieser sechs jahre lang, alle paar monate ein neues wissen oder was immer, wie es nun weitergehen müsse, belauern des materials, irgendwann würde es schon sagen, was es wolle, danach das sake- und teetrinken, mein erschrecken, als er unvermutet sagte: die schale, aus der du gerade trinkst, ist übrigens aus dem 11. jahrhundert.]
die geduld des lackschalenmachers, faszinierend! und gar nicht weit von der geduld des schriftstellers entfernt, der wohl nicht selten darauf vertraut, dass die richtigen sätze irgendwann was wollen, nämlich endlich geschrieben sein, ohne hinterfragung. was würde ihr schüler aus diesem fliessen der sätze lernen. - ey, cool, einfach hacken!
Die Japaner, mein Unverständnis, meine Faszination. Neulich wieder massiv darauf gestoßen worden bei der (lachen Sie nicht) letzten Sendung mit der Maus - ich war viel interessierter als die Kinder. Diese Geschichte mit dem Samurai, der sich umbringt, weil der Kaiser eine Teeschale von ihm haben will, die besonders viel wabi hat, verfolgt mich seit langem.
Das Allerfaszinierendste
am Kyudo ist, daß man ein halbes Jahr (oder so) lernt, den Bogen vom Boden aufzuheben. Und auch dann liegt der Schuß noch in weiter Ferne.
Das klingt nach einer Ausbildung mit Zeit und Gefühl und einem Vertrauensverhältniss zwischen Lehrer und Schüler. Wenn ich an meine Ausbildung denke (Schreiner), dann hatte die wenig mit Zeit und am allerwenigsten mit Gefühl zu tun sondern und vor allem mit Stress und Hektik. Es war ein Misstrauensverhältniss zwischen Arbeitnehmer und billigem Hilfsarbeiter mit geringen Fähigkeiten.
Ein Wunder, dass ich Holz noch mag. Liegt wohl am Abstand von nun 20 Jahren.