Roter Veltliner und sehr mäandernde Gespräche über Balkonette-Dirndeln, Heilsarmee-Kosmetikredakteurinnen, die vom Joggen leicht angeschwitzte Badehose, die der FPÖ-Infrastrukturminister (mittlerweile zurückgetreten) verborgen wollte, Champagner-Alkoholismus, Mütter, die Strings "Ritzenputzer" nennen & die urologische Abteilung im Krankenhaus Altona, dicke alte Männer in der China Lounge, kotzende Katzen: Sehr aufschlussreicher glühender besoffener Abend gewesen. Und ein sehr verkaterter Morgen.





Keiner sagt Model in Paris, man spricht von Mädchen. Julia Decker möchte so ein Mädchen werden, eine Reportage lang. Sie ist kein Model, sie ist kein Mädchen, weder in Paris noch in Hamburg, sie ist Allegra-Reporterin. Reporterin wird man, ach, es gibt viele Gründe dafür, man sieht ja nicht in die Menschen hinein. Sie will das recherchieren, am eigenen Leib, wie sich das so anfühlt, nach Paris zu gehen und ein Mädchen werden zu wollen, mit all den anderen, die Mädchen werden wollen. Einmal bei den Schauen laufen. Einmal gecastet werden. Einmal entdeckt, erkannt werden. Viele Mädchen tun das, was ist dabei, man kann das verstehen, man möchte nicht mehr zu denen gehören, die staunen und beneiden, man möchte eine sein, die bestaunt werden.

So könnte es gehen.

Machst du das, Julia? Ja, ich probier das mal. Tolle Geschichte. Wie fühlt sich das an, Model werden zu wollen in Paris, sich Blasen zu laufen von einem Castingtermin zum anderen, wie fühlt sich das an, begutachtet zu werden, und dann sagt einer, nee, tut mir leid, du nicht, schöne Reportage, der Traum und wie es dann wirklich ist, und wer weiß, vielleicht, so genau kann man das ja nie wissen.

Julia Decker bereitet sich vor, sie ist Profi, eine Setcard muss her, auf der sie als Model zu sehen ist, man kann nicht ganz unvorbereitet nach Paris kommen, man muss da schon was zu zeigen haben. Also werden Fotografen angeheuert, die Allegra zahlt das ja, wir fotografieren dich jetzt, wie du noch nie ausgesehen hast, Präsenz, Präsenz. Und dann denken wir uns einen neuen Namen aus für dich, Julia Decker ist zu wenig, taugt nichts, das muss was anderes her.

Ich habe mir einen neuen Vornamen ausgesucht, erzählt Julia Decker in der Allegra, und ein neues Alter: Elena, 21.

So könnte es gehen.

Die Stylistin hält ihr Röcke und Oberteile hin, sie zieht sie an, läuft vor die Kamera, zieht die Sachen wieder aus, steht nackt vor allen Leuten. Alles dreht sich um sie. Nein. Um Elena.

So könnte es gehen.

Nach vierzehn Stunden ist sie durchfotografiert, sie ist stolz und fühlt sich fremd. In ihrer Wohnung wäscht sie das Make-up und Elena von sich ab. Sie erkennt sich wieder und fühlt sich leer. Andere haben etwas mit ihr gemacht und trotzdem ist sie es, die geschafft ist.

Julia Decker. Die kurzen Sätze. Auf die sie stolz ist. Du kannst das, denkt sie. Das gehört zu mir, denkt sie. Ich bin Reporterin. Reporter haben vor nichts Angst. Du musst nicht mehr denken, wer du bist, du bist eine andere. Die Reporterin. Die Sätze fallen ihr so zu, so ein, beim Schreiben erst. Ich weiß auch nicht, sagt sie, irgendwann fließt es einfach.

Die Leute im Fotostudio, erzählt Julia Decker, haben sich auch eine Biographie für Elena überlegt. Eine besondere Biographie könnte helfen.

Ich soll sagen, ich sei aus Afghanistan und Vollwaise. Ich würde so besser im Gedächtnis bleiben.

[Das Experiment. Wie ich ein Model in Paris werden sollte. Was Allegra-Reporterin Julia Decker erlebte, als sie während der internationalen Schauen in Paris versuchte, auf den Laufsteg zu kommen]





Amazon-Hierarchie: Bücher > Lernen & Nachschlagen > Studienberatung & Werdegang > Arbeitslosigkeit





Als Journalist, der irgendwann einmal mit Idealen in diesen Beruf gegangen ist, darf man über so etwas eigentlich gar nicht nachdenken. - Kurt Kister in der heutigen SZ (eh keine Permalinks, also lassen wir das) über die Party nach dem Duell, eigentlich aber auf alles anwendbar.





Das Leben gibt sich ja selten Mühe, in Sätzen beschrieben werden zu können, die man nicht sofort wieder bedenkenlos streichen müsste.





Nie einer werden, dem man nachsagen kann, er wäre "locker im Ton, aber knallhart in der Sache"





Vielleicht solltest du dir vorher aber lieber doch noch die True Porn Clerk Stories durchlesen:

Contamination is everywhere. I see people sneezing onto the tape cases. They cough wetly into their palms right before handing me change. They squeegee out their ears with their pinkies. They forget about the security cameras downstairs and pick their noses with wild abandon and astonishing force. Still, the only thing that realy freaks me out is the semen. Well, OK, the lubricant freaks me out too, but I'm pretty sure that's because of the implied presence of semen.

The only thing we can do is use the hand sanitizer. I use it so much that I lose all finger traction and can't open our plastic bags. I've had days when I've used it so much that I can't even make fingerprints on the glass countertop. It freaks me out, but the thought of not using it is worse.

Sometimes people get animalistic about the tapes. For the real addicts (I'm convinced that porn is like alcohol: some people can stop at just one every now and then, some people just binge on weekends, and some people get genuinely, horribly addicted) the reptilian brain kicks in. They hit the magic portion of the tape and they're done. They pop out the tape and slam in another one, and the next day the stack comes back, unrewound and covered in goo.

Repeat offenders get a note on their file that says "LUBE WARNING". Management policy is that for $6.50 an hour, clerks should not have to deal with the bodily fluids of others. The first time we discreetly but firmly remind the customer that the tapes need to come back clean. The second time we hand him the tape, the Windex, and the paper towels and tell him to clean off the tape in full view of whoever else is at the counter.

It astonishes me that someone could actually forget to clean off his sticky and/or slippery tapes, but what amazes me even more is that people actually have the balls to argue with us about it. They always claim they got the tapes that way. They will actually claim that the spooge in question was missed by both the clerk that checked it in and the clerk that checked it back out, and that they figured what the hell, they'd go ahead and play it, even though it was covered in gel.

One guy brought back a DVD with a big white thumbprint of come on it. He actually tried to argue with me: "That's not mine. I never even played that! I never even took it out of the case!"





Hören Sie, meine Geschichten kenne ich mittlerweile auswendig.





Brischid sagte: Mit 30 wäre sie dann treu geworden. Weil: Irgendwann ist mir die Lust abhanden gekommen, jedesmal von neuem meine Geschichten zu erzählen. Ich kann mein Leben nicht mehr hören.





Ich beginne gerade, mich mit der jährlichen grand tour zu beschäftigen, diesmal im September. Die Idee ist, vier Wochen im Auto, eher über die Dörfer, eher im Zickzack. Bereits fest steht der Garten von Derek Jarman. Danach, so unsere Idee: französische Atlantikküste und Loire-Gegend, dann runter in die Schweiz, wegen der unerklärlichen Schweiz-Sehnsucht, die sich in den letzten Monaten ergeben hat. Irgendwelche Ideen, was man gesehen haben sollte, wo man geschlafen, gebadet, gegessen, getanzt, getrunken und gestaunt haben könnte, irgendwelche Orte, an denen man nicht vorbeifahren sollte, irgendwelche Menschen, die man kennengelernt haben dürfte? Zweckdienliche Hinweise sorgen für Dankbarkeit. Weblogs lösen Probleme.