Ich muss Ihnen sicherlich nicht erläutern, dass die Nutzung der erstgenannten Domain und der Inhalt der zweitgenannten Adresse inakzeptabel sind und zudem Namensrechte der Bundesrepublik Deutschland verletzten.

Wir fordern Sie daher auf, unverzüglich, jedoch spätestens bis zum 12. Juni 2001, 12 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ), 1. die Nutzung der Internet-Domain germany.kz zu unterlassen, 2. die Behauptung und deren fortgesetzte Verbreitung zu unterlassen, die Bundesregierung errichte unter der Internet-Domain www.germany.kz eine Internetpräsenz der deutschen Botschaft in Kasachstan, sowie 3. die Nutzung des geschützten Signets "Rose und Rosenschere" zu unterlassen.

Quelle: hier.





Nebenbei lief der Fernseher, Sloterdijks philosopisches Glashaus. Thema: Das Imperium schlägt zurück - Glaubenssache Amerika. Drei deutsche Denker und ein amerikanischer Literaturwissenschaftler, der bis vor zwei Jahren noch einen deutschen Pass hatte, haben sich vorgenommen, über das Selbstverständnis einer Großmacht zu verhandeln.

Man merkt schon an solchen Ankündigungen, dass man es eine Stunde lang vor allem mit Ressentiments zu tun bekommen wird. Deutsche, ahnt man, denen an den USA reflexhaft Großmacht und Empire einfallen, bedauern vor allem eines: dass es nicht die Deutschen sind, die der Welt Vorschriften machen können.

Drei Minuten später weiß man, dass die Ahnungen, die man hat und um derentwillen man sich selbst oft genug als paranoid verdächtigt, prima funktionieren. Sloterdijk stellt Peymann als Altabendländer vor, und Peymann legt gleich los, indem er daran erinnert, dass man in Dresden diskutiert, der Stadt der Erfahrung der anglo-amerikanischen Bombenangriffe, nach denen sie ausgesehen hätte wie Kabul. Deutsche Denker, begreift man wieder einmal, werden es den vulgären Amerikanern nie verzeihen, dass sie ihnen den Faschismus weggebombt haben. Einen Satz später wirft Peymann den Amerikanern ihr Rachebedürfnis vor. In Europa hätte es dieses Rachebedürfnis nicht gegeben, die Reaktion auf den Holocaust, , meint Peymann, wäre nicht Rache, sondern Vergebung gewesen, eindeutig die bessere Reaktion.

Man fasst es nicht. Man sitzt da und fragt sich, was da gerade passiert, ob man das alles nur träumt oder ob man einer Diskussion von Leuten zuschaut, die sich das Hirn mit Crack kaputtgeknallt haben.

Rüdiger Safranski, von den anwesenden Altabendländern noch der vernünftigste, wendet ein, man könne die Schose ja vielleicht auch anders sehen: dass nämlich die Deutschen von den Amerikanern befreit wurden, wie möglicherweise die Afghanen ja jetzt auch, und dass man vielleicht deswegen ja einen Vorteil davon hätte, von den Amerikanern angegriffen zu werden. Schöne Steilvorlage für Sloterdijk: Mitglied der Achse des Bösen zu sein, sagt er, muss nicht so schlimm sein. Man kann mit einer amerikanischen Übermacht gute Erfahrungen haben, sagt er, wenn man sich besiegen lässt wie die Europäer, insbesondere die Deutschen. Bis jetzt hatte ich zwar immer geglaubt, dass die Europäer zuerst von den Deutschen massakriert und besiegt und dann, viel zu spät, von den Amerikanern, Russen und Engländern befreit worden sind, aber dank Sloterdijk weiß ich nun, dass der zweite Weltkrieg ein Krieg der USA gegen Europa war, insbesondere gegen Deutschland.

Es kann, sagt Peymann, keine angemessene Reaktion sein, ein Land niederzubomben, gerade deswegen habe ich ja Dresden erwähnt.

Diese Momente sind es, in denen endlich auch ich in mir so etwas wie Antiamerikanismus fühle, in denen in mir eine verzweifelte Frage zu toben beginnt: Was hält die die Amerikaner eigentlich davor zurück, ihre Kriege zu Ende zu führen?

Auch Sloterdijk stellt sich Fragen: Woher kommt dieser Imperativ, fragt er sich, dass das Imperium zurückschlagen muss? Na ja. Nun kommt endlich der Literaturwissenschaftler ins Spiel, ein Überläufer, wie Sloterdijk andeutet - er führt ihn ein mit den launigen Worten: Sie haben das Lager gewechselt, Sie haben seit zwei Jahren einen amerikanischen Pass.

Man bewundert ihn sofort, den Literaturwissenschaftler, der ganz anders ist, als der hässliche Amerikaner, von dem Sloterdijk die ganze Zeit über geredet hat, der hässliche Amerikaner, der taktlos ist anderen gegenüber und sich nicht zurücknehmen kann. Ich weiß: Wenn ich der Literaturwissenschaftler wäre, würde ich dem altabendländischen Sloterdijk sofort über den Mund fahren für seine Manieren und mir eine Sorte europäischen Taktgefühls verbieten, die es einem deutschen Philosophen erlaubt, seinem Gast schon in der Vorstellung etwas Anrüchiges anhängen zu wollen. Aber der Literaturwissenschaftler, der zu den hässlichen Amerikanern übergelaufen ist, eine Konversion, wie Sloterdijk es nennt, bleibt erstaunlich ruhig, sagt zwar nicht besonders wichtige, aber immerhin vernünftige Sätze, er wird der einzige sein an diesem Abend, der vernünftige Sätze sagt, die gelassene Sprache der Aufklärung spricht.

Jetzt ist Peymann wieder dran. Er doziert über die römische Rolle der Amerikaner, die Amerikaner, das neue Römische Imperium. Wer sich mit Peymann ein wenig auskennt, weiß, was er uns damit sagen will. Damals, als die die alte Bundesrepublik noch Fronstaat im Kalten Krieg war, hat Peymann Kleists Hermannschlacht inszeniert, miese deutschnationale Propaganda gegen Napoleon, Hermann der Cherusker als zum Märtyertod bereiter Dschihadist gegen die Römer. Peymann hat schon damals keinen Zweifel daran gelassen, dass seine Inszenierung gegen die amerikanischen Besatzer gerichtet war, als ich es damals sah bei einem Gastauftritt während der Wiener Festwochen, konnte ich nicht glauben, dass er überall als Linker galt und nicht als neonazistischer Blut-und-Boden-Regisseur. Die römische Rolle der Amerikaner also, immer noch, immerhin ist er sich treu geblieben, nur dass der Unsinn, den er verzapft, mittlerweile längst Mainstream geworden ist. Und immer noch wendet keiner das Naheliegende ein: Dass das Römische Imperium zu seiner Zeit belegbar historischer Fortschritt war, in allen Belangen der Zivilgesellschaft, um mal ein Lieblingswort der Antiempiriker zu gebrauchen, aber mit der Empirie hat man es im Glashaus ja nicht.

Ist es nicht Terror, sagt Claus der Cherusker, was in Afghanistan geschieht. Aber das darf man gar nicht sagen, sonst wird man ausgegrenzt. Es ist das Merkwürdigste an deutschen Kulturschaffenden, dass all die Denk- und Redetabus, unter denen sie angeblich leiden, nicht existieren. Aber nur so kann man sich zum Widerstandskämpfer hochlügen: Man sagt etwas im Fernsehen, und hinten dran sagt man, dass man es eigentlich gar nicht sagen darf. Es holt ihn zwar keiner ab aus der Gläsernen Manufaktur zu Dresden, nichts wird geschehen, keine Umerziehung, keine Aufforderung zur Selbstkritik, kein Berufsverbot, aber er hat, klopft er sich auf die Schulter, ein Tabu gebrochen. Applaus von den Rängen.

Safranski ist wieder dran und erwähnt den europäischen Verdacht, dass es bei der Bush-Politik nicht um Krieg gegen Terror geht sondern um einen anderen Krieg, um Weltherrschaft vielleicht. Die deutsche Antwort, so Safranski, wäre dagegen: Man muss mit Mitteln der Verbrechensbekämpfung reagieren, mit einer großen polizeilichen Aktion. In Amerika sagen sie alle gleich: Krieg. Da geht der Reißverschluss auf zwischen Amerika und Europa.

Über dieses Motiv, das in der Kritik am Afghanistan-Feldzug der USA ja immer wieder vorkam, könnte man übrigens auch einmal reden. Bis jetzt habe ich nicht verstanden, was es eigentlich sein soll an den polizeilichen Aktionen, das sie moralisch so viel akzeptabler macht als einen militärischen Einsatz. So viel ich mich erinnern kann, behandelt eine polizeiliche Aktion ihre Objekte ja auch nicht besonders gut, zum ersten, und zum anderen als der eigenen Herrschaft unterworfen; militärische Aktionen dagegen machen klar: die Angegriffenen sind einer anderen, nicht der eigenen Souveränität unterworfen. Wenn also deutsche Denker in Afghanistan polizeiliche Aktionen fordern, dann kann das logischerweise nur bedeuten, dass sie meinen, Afghanistan wäre ein Problem der inneren Sicherheit, und schon können wir uns wieder einmal fragen, wie pazifistisch ein Pazifismus ist, der jene, mit denen Mitleid zu haben er vorgibt, gleich der eigenen Herrschaft unterworfen wissen will. Aber vermutlich sollte man nicht allzu logisch sein in diesen Dingen.

Peymann: Ich möchte kein Amerikaner sein. Ich möchte mit all dem nichts zu tun haben. Diese Auftrittsallüre. Er sei ja ein Sportfan und hätte sich die Eröffnung der Olympischen Spiele in Lake Placid angesehen. Und dann kommt dieser Bush und benimmt sich wie ein Cowboy. Da steht der mit einer Hand in der Tasche und beugt die Olympische Formel. Und dann sagt Peymann: Das hat sich der Hitler nicht getraut.

Es geht so dahin, die Hamburger kommen vor, der Imperialismus der Hamburger, derselbe Text wie immer, wenn Abendländer zu einem netten Plauderabend über die Neue Welt zusammenkommen, die Ostküste, das Theokratische, dass die Amerikaner sich selbst für das Gelobte Land halten, man sitzt vor dieser Herrenrunde und fasst es nicht, man fragt sich, wann genau es eigentlich begonnen hat, dass die Philosophie zu reden begonnen hat wie der Think Tank eines Front National, Europa, Altabendland, wir müssen uns wehren gegen das Imperium, man kennt diesen Scheiß doch, das ist doch gedankliche Geopolitik, die es schon mal gab, und man merkt, dass es so weit ist, dass sich diese Geopolitik nicht wesentlich anders mehr formulieren muss als zu den Zeiten, als es sie schon einmal gab.

Zum Schluss stellt Sloterdijk noch eine Frage. Die Frage, sagt er, die Amerika sich stellen muss, lautet: wie will es lernen, Menschen nicht so zu demütigen? Und, fragt Sloterdijk sich und den fortgeschrittenen Abend: Wir Europäer, welche Lektion können wir den Amerikanern beibringen, damit sie lernen, wie man mit anderen Völkern umgeht?

Ich würde mal sagen: Da ist das deutsche Geistesleben echt prädestiniert für.