Das Medienlog im Jonet, in der rechten Spalte: Sehr kompetent zusammengetragene Verweise auf Mediengeschichten.





oder du schreibst einen kommentar darüber dass es so schlimm auch wieder nicht ist und dass es eigentlich so schlimm nie ist und dass es nur eine deutsche lust ist immer alles schlimm zu finden und dass es immer schon krisen gegeben hat und dass uns selbstmitleid auch nicht hilft und dass in jeder krise eine chance steckt

und während du das schreibst fällt dir ein dass du das schon einmal geschrieben hast und dass du jedesmal wenn die stimmung im keller ist den auftrag bekommst einen kommentar über die deutsche lust am untergang abzudrücken

und du wünschst dir dass dir jemand den auftrag gibt einen kommentar darüber zu schreiben dass kommentare über deutsche befindlichkeiten auch nur ein klischee sind

und dann wünschst du dir wieder einmal dass jemand ein magazin gründet das ganz anders ist und du dürftest endlich sagen was du denkst und du hättest eine kolumne mit deinem foto von einem echten fotografen

und sie würden dein gesicht so anschneiden dass keiner sähe wie hoch deine geheimratsecken sind

und du müsstest nicht politisch korrekt sein

am besten wäre ja thomas ruff fürs foto oder lord snowdon ganz klassisch

und du hättest in jeder ausgabe eine ganze seite und unter deinem namen stünde: publizist

und dann fällt dir ein dass in deutschland natürlich niemand so ein magazin gründet

und dann setzt du dich hin und zündest deine rolfwinterpfeife an und schreibst den bestellten kommentar





du gehst da jetzt hin wo vor ein paar jahren krieg war du guckst dort nach wie es den leuten jetzt geht sonst guckt ja keiner nach den leuten du sagst in der anmoderation dass sie vergessen sind du hältst ihnen das mikro hin und dann fragst du sie ob sie wieder hoffnung haben und während sie sagen dass sie keine hoffnung haben nickst du mit dem kopf damit man sieht dass du mitgefühl hast sonst hat ja keiner mitgefühl und dann fliegst du weiter heim





der schlimmste reporter von allen

reporter brebeck

die reporter leder jacke für die

reporter krisenregion

die reporter kurz atmigkeit

das reporter mitgefühl

die reporter interviews mit den einfachen leuten





Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung fordert Ihre Leser zum Mitmachen bei der Revolte, der Revolution auf, als dritte Option nennt sie den Systemwechsel. Als Gründe für eine von den drei Veranstaltungen listet sie auf: "Lohnnebenkosten senken, Arbeitsmarkt flexibilisieren, Bürokratie verringern, Gesundheits- und Rentensystem erneuern".

Eine gewisse surrealistische Schönheit hat es ja, die Bevölkerung dafür anzuagitieren, für die Abschaffung des Kündigungsschutzes auf die Barrikaden zu gehen.





Wenn man nicht schlafen kann, macht man schwere Fehler. Man liest zum Beispiel doch noch Iris Radisch in diesem liegen gebliebenen Zeit-Literatursonderheft, das man vor Wochen gekauft hat: einen Text über David Foster Wallace, eine entsetzlich blöde Schwärmerei, nicht weil David Foster Wallace nicht zu beschwärmen wäre, sondern: weil es sich wieder einmal um diese Literaturkritiker-Variante des RTL-Promiboxens handelt, vor dem eine wie die Radisch sich doch sicher ekelt. David Foster Wallace, so geht ihre Beweisführung, ist gut, weil David Foster Foster nicht Robbe-Grillet, Grass oder Walser ist, und auch nicht Jonathan Franzen. "Jonathan Franzen" nämlich, so Frau Radisch, "ein gerade 40jähriger Amerikaner, verfasst unter Ovationen der Kritik eine Apologie des kleinfamilialen Dreiecks".

Na toll.

Im Spiegel habe ich neulich über die Corrections den verwunderten Satz gelesen, es käme darin kaum Sex vor. War auch toll.





Re-Magazine's main goal is to re-invent the format of a magazine as a form of personal expression. It is a personal magazine.

Seit ich es kenne, ist das Re-Magazine eine meiner Lieblingszeitschriften, sicher deswegen, weil es keine Zeitschrift ist, nicht wirklich, aber ihr Nichtzeitschriftsein mit den Mitteln einer Zeitschrift behauptet. Seiten, auf denen statt einer Paginierung "no page" stand, beispielsweise. Artikel, die nur davon handelten, wie und mit welchen rhetorischen Absichten in Artikeln Sätze zu anderen Sätzen führen. All so was. Klingt ein wenig meta, ist es aber gar nicht. Nur der Form bewusst.

In der neuesten Ausgabe wird, ein ganzes Heft lang, die fiktive Geschichte eines fiktiven Verschwindens einer fiktiven Person namens John (von "John Doe") erzählt. Ein Schauspieler mietet sich fünf Wochen lang in einer leeren Wohnung in einem baufälligen Haus ein, simuliert das Verschwinden aus allen seinen sozialen Kontexten, versucht seine Biografie zu vergessen, treibt so herum, nimmt Sekunden-Identitäten an, die nur Rezeptivität sind (Dialoge in Straßencafes belauschen, auf Ämter gehen und aufs Geratewohl Wartenummern ziehen und so weiter), verzichtet auf so etwas wie Struktur in seinem Leben. Ein Experiment also, eine Versuchsanordnung. Jemand eperimentiert damit, zu verschwinden, und berichtet darüber, samt Fußnotenapparat. Ich denke oft, dass Zeitschriften so sein sollten, Experimente, mittels derer man etwas über die Wirklichkeit herausfindet, statt sich von der Wirklichkeit betäuben zu lassen. Außerdem: Zeitschriften nur über eine Person. In diesem Fall ist es eine fiktive, aber Personen sind ohnehin immer fiktiv. Das neue Colors übrigens handelt auch nur von einem einzigen Menschen. Einer für alle, und dann auch wieder nicht. In gutsortierten Bahnhofszeitschriftenläden.





Jedesmal, wenn Nationalpastor Christoph Dieckmann mit dem anhebt, was er wohl für Nachdenken (oder Bedenken...) hält, möchte man in Deckung gehen, um nicht von seinen Sinn-Schrapnellen zerfetzt zu werden. Vor ein paar Monaten hat er sich die Juden vorgenommen, diesmal sind es die Ostdeutschen.

Wir werden am 22. September die erste normale gesamtdeutsche Wahl erleben. Nicht Alternativen, Nuancen stehen zur Entscheidung, und Milieus. Erstmals fehlt im Osten jegliche Heilserwartung, wie sie 1990 und auch noch 1994 Helmut Kohl entgegengetragen wurde, 1998 seinem Kontrahenten. Der Osten glaubt nicht mehr. Er blickt zu keinem großen Gönner auf. Er hat kapiert, dass die Politik der Wirtschaft gegenüber selten Weisungsrecht besitzt; falls doch, lässt Holzmann grüßen. Liberalität bedeute Hurra zum grenzenlosen Markt, dies erfuhr der Osten ausgerechnet im rot-grünen Jahrviert, Aktien würden den Klassenkampf beenden, und wer beizeiten Ich sage, melke die Welt. Das Ostvolk hat sich entflochten in Einzelkämpfer. Die Gesellschaft ist nicht länger Kollektivinteresse. Wie der Westen organisiert sich der Osten im Do ut des kleinteiliger Politik, in Kungeleien und Deals um Schlachtlizenzen für heilige Kühe. Jeder erhandelt das Seine, wie in Berlin, wo die Sozialisten ein Rosa-Luxemburg-Denkmal bekommen, die Maueropfer eins für Chris Gueffroy, die Wilhelminen ein Schloss und die Hertha-Fans eine vereinsblaue Aschenbahn. Deutungshoheit gewinnt keiner. Fühllos wie zu allen Zeiten kläfft die Köterstadt.
Ach, und eine Wendung wie die vom wölfischen Kapital klingt schon sehr nach gekränkter Volksgemeinschaft.





"Wieder ein lautes Rauschen. Ich dachte, es wäre der Krieg. Aber vielleicht ist es die Klimaanlage."

Charles Jaco, CNN-Reporter beim ersten Krieg gegen den Irak, aus einem Hotelzimmer in Dharan, Saudi-Arabien.





Auf das leider etwas eingeschlafene Forum über die Untalentierten Journalisten wollte ich von der Waterkant aus immer schon mal mit einem taubeneigroßen Link verweisen. Mausklick genügt. Vielleicht aber auch nicht und Sie brauchen eine Registrierung, um zum Szenekenner zu werden.