"hat finger wie vinzenz murr"

[describe local produce]





painsong





was ich gerne hätte: pantone-fächer mit den typischen farbpaletten von städten. wie man sie an den farben erkennen kann, an ausbleichungen, verwaschenheiten.





brinkmanns briefe an hartmut gelesen, unangenehm, frauenpanik (die angst vor der frau in der deutschsprachigen literatur der 70er jahre)

wäre jetzt 65 einer von denen, die sich ein kissen aufs fensterbrett legen von oben kinder anblaffen falschparker aufschreiben frauen hinterherdenken, dass sie bhs tragen sollen, vielleicht wäre er auch kolumnist geworden (kulturkritik, sensibility vs industrialism) augenpolizist

selbststimulation durch wut und ärger, sagt m. im nachwort

genau, so wird das gewesen sein, wie er in der wohnung herumgetigert ist und auf ein gedicht kommen wollte und dachte ich stimulier mich mal durch wut & ärger

mein nachmittag damals mit m. (vor 17, 18 jahren, es gab westdeutschland noch), der ich geschrieben hatte dass ich gerne mit ihr reden würde weil es mich beschäftigt hatte dass sie den nachlass herausgab in dem er über sie herzog (auch sie vermutlich: titten.fotze.möse, part of the brinkmann style of NewSensibility) nach wochen eine antwort & ich nach köln schon nicht mehr wissend was ich gewollt hatte mit diesem brief so eine kleine wohnung, gardinen, darin sie die popdichterwitwe und ich der popdichterwitweninterviewer der keine ahnung mehr hatte, warum er sie sprechen hatte wollen kann mich kaum noch erinnern nur dass sie erzählte wie er robert dem sohn fellspielzeug gebastelt hatte

irgendwann ging sie ins nebenzimmer und holte manuskripte die Erkundungen für die Präzisierung des Gefühls für einen Aufstand aus denen wir abdrucken sollten (um interesse zu schaffen, der verlag ließ sich zeit, irgendeine zugzwang-strategie) meine aufgeregtheit einen fotokarton mit brinkmann-collagen zu haben & meine angst das zu verbaseln (dass mir im flugzeug jemand tomatensaft darüber schüttet, dass mir das gestohlen wird) & die illustriertenausrisse, die er auf die seiten geklebt hatte an den ecken der kleber schon nicht mehr klebend & später kam ein mann in die wohnung freund oder mann, jeansjacke, glaube ich, forsch, ob sie schon wieder über den dichter reden müsse, (in meiner erinnerung sagt er dichter, jedenfalls etwas abschätziges)

ich bin dann schnell gegangen, in die dämmerung hinein (als hätte ich sie bestellt)





Saal II. - Es ist kälter geworden, die Leute haben immer noch tapfer T-Shirts an, Trotz gegen das Sommerende. Sonntagnachmittag, die Zeit, in der wir in Cafés sitzen und der Samstagnacht hinterherdenken, in Freundschaftspaaren, manchmal sind es vier, Pulks sind es an Sonntagnachmittagen nie. Ich sitze draußen auf der Straße, als einziger, mir ist danach. Autos fahren vorbei, Fußgänger vorbei, alles geht weiter. Es gibt ein Frühstück Olli, ein Frühstück Nik, ein Frühstück Schorsch, ein Frühstück Schorsch Käse. Vielleicht sind es Liebhaber gewesen, denke ich, die jetzt anderer Leute Liebhaber sind, aber immer noch in wohliger Erinnerung, ich möchte auch einmal ein Frühstück werden, ohne Käse. Bald kommt der Herbst, dann kommt der Winter, dann zieht es sich noch monatelang hin, bis die Sonne wieder stabil und massiv ist, drei vier fünf Tage lang. Ich müsste in Spanien leben, es entspräche meinem Biorhythmus so viel mehr als Deutschland. Erst abends essen, hinterher ausgehen, in die Nacht hinein. Mein Traum wäre es, jemand würde mich dafür bezahlen, dass ich mein Leben aufschreibe, Tag für Tag, Nacht um Nacht, manchmal würde ich mich aufregender geben als ich bin, manchmal etwas verschweigen. Und immer noch finde ich es so erstaunlich, dass ein Satz wie "ich sitze auf der Straße vor dem Saal II und trinke Kaffee" jahrhundertelang herumleben kann, hat man ihn erst einmal aufgeschrieben. Die Buchstaben, eine Antiverflüchtigungsmaschine, man denkt zu selten darüber nach. Heute morgens wusste ich nicht mehr, in welchem Jahr der 11. September stattgefunden hat, 2000 oder 2001 oder 2003, ich musste warten, bis M. vom Rudern zurückgekommen war. Ich hab mir beim Kaffeetrinken und Frösteln ein Liebespaar vorgestellt, heute nacht, sie liegen im Bett und er hat seine Hand auf ihrem Bauch und plötzlich fällt ihr ein, dass der elfte September ist und er, der in jener Zeit seine Hand auf ihren Bauch gelegt hat, nicht mehr zurückkommen wird, nie mehr, tut mir leid, sagt sie, und er, der seine Hand jetzt auf ihren Bauch legt, sagt irgendetwas Freundliches, dass es okay ist oder dass sie sich nicht entschuldigen muss oder so etwas in der Art, und vielleicht gehen sie noch einmal hinaus und trinken etwas. Dass alles immerzu verschwinden muss, der Sommer, die Menschen, ich jetzt auch, Buchstaben, ach was.





Madam, said I, (she and the century were in their teens together,) all men are bores, except when we want them.
Oliver Wendell Holmes: The Autocrat of the Breakfast-Table. (Every man his own Boswell )




Gowing and Cummings had dropped in during the evening, and I suddenly remembered an extraordinary dream I had a few nights ago, and I thought I would tell them about it. I dreamt I saw some huge blocks of ice in a shop with a bright glare behind them. I walked into the shop and the heat was overpowering. I found that the blocks of ice were on fire. The whole thing was so real and yet so supernatural I woke up in a cold perspiration. Lupin in a most contemptuous manner, said: “What utter rot.”

Before I could reply, Gowing said there was nothing so completely uninteresting as other people’s dreams.

I appealed to Cummings, but he said he was bound to agree with the others and my dream was especially nonsensical. I said: “It seemed so real to me.” Gowing replied: “Yes, to YOU perhaps, but not to US.” Whereupon they all roared.

Carrie, who had hitherto been quiet, said: “He tells me his stupid dreams every morning nearly.” I replied: “Very well, dear, I promise you I will never tell you or anybody else another dream of mine the longest day I live.” Lupin said: “Hear! hear!” and helped himself to another glass of beer. The subject was fortunately changed, and Cummings read a most interesting article on the superiority of the bicycle to the horse.

George and Weedon Grossmith: The Diary of a Nobody [Authorama]





den otter fühlen. ganz tief [via popbitch]





Stifter, Aus der Mappe meines Urgroßvaters: "Es ist dies die Dichtung des Plunders", das große Programm einer kleinen Literatur, den Dingen, die herumstehen, eine Geschichtsschreibung der Liebe abzuhören und abzulesen, gegen eine Geschichtsschreibung des Hasses. "Es ist etwas Rührendes in diesen stummen, unklaren Erzählern der unbekannten Geschichte eines solchen Hauses. Welches Wehe und welche Freude liegt doch in dieser ungelesenen Geschichte begraben, und bleibt begraben. Das blondgelockte Kind und die neugeborne Fliege, die daneben im Sonnengolde spielt, [unfassbar, dass ihm an dieser Stelle "die Fliege" einfällt…] sind die letzten Glieder einer unbekannten, aber auch die ersten einer vielleicht noch längern, noch unbekannteren; und doch ist diese Reihe eine der Verwandtschaft und Liebe, und wie einsam steht der einzelne mitten in dieser Reihe! Wenn ihm also ein blassend Bild, eine Trümmer, ein Stäubchen von denen erzählt, die vor ihm gewesen, dann ist er um viel weniger einsam. Und wie bedeutungslos ist diese Geschichte; sie geht nur zum Großvater oder Urgroßvater zurück, und erzählt oft nichts als Kindtaufen, Hochzeiten, Begräbnisse, Versorgung der Nachkommen - aber welch unfaßbares Maß von Liebe und Schmerz liegt in dieser Bedeutungslosigkeit! In der andern, großen Geschichte vermag auch nicht mehr zu liegen, ja sie ist sogar nur das entfärbte Gesamtbild dieser kleinen, in welchem man die Liebe ausgelassen, und das Blutvergießen aufgezeichnet hat. Allein der große, goldene Strom der Liebe, der in den Jahrtausenden bis zu uns herab geronnen, durch die unzählbaren Mutterherzen, durch Bräute, Väter, Geschwister, Freunde, ist die Regel, und seine Aufmerkung ward vergessen; das andere, der Haß, ist die Ausnahme, und ist in tausend Büchern aufgeschrieben worden." Müsste immer noch gehen, ohne dieses Herrgottswinkelhafte, die Bauernhausidyllik, die Familienverengungen.





Bildbeschreibung: "Der ist doch der Mann weggelaufen. Die hat doch ihre Kreditkarte ausgereizt."