ohnehin desiderat: geschichte der liebes-zeremonien. wichtiges unterkapitel: strategien der selbstbeherrschung (nicht hysterisch loslachen über turbanabende, essbare unterwäsche [heute in der post: ein string, der nach pina colada stank], fußreflexzonenmassage, rassul-geschrubbel], sondern umschmelzen in erregungseffekte, sonst kommt man ja zu gar nichts mehr), panzerung als notwendige bedingung von poppen.
[...] hätte einen indischen abend für ihn veranstaltet, schön essen & ihm einen turban aufgesetzt. seitdem: wieder schwankend.
[...] hat er gesagt, es wäre sowieso besser, wenn sie nicht mit nach Dingsbums käme. Dabei hatten die schon lange vorher ausgemacht, dass sie gemeinsam nach Dingsbums fahren, sie wollte Dingsbums ja endlich auch einmal sehen. Und dass er dann plötzlich sagt, nee, jetzt lieber doch nicht, so geht es ja gar nicht. Er hat ja nicht einmal einen Grund gesagt, warum er das plötzlich nicht mehr gut fand. Also hat sie sich nachts ins Auto gesetzt und ist nach Dingsbums hochgefahren. Hotelzimmer genommen, in so einem Schloss, und ihn auf dem Handy angerufen, er war ja noch gar nicht losgefahren. Erst hat sie getan, als wär sie immer noch zu Hause, dann hat sie sich aber verraten, weil sie gesagt hat, er solle auf dem Weg nach Dingsbums lieber nicht die und die Abfahrt nehmen, sondern eine andere, so ist das rausgekommen, dass sie schon da war. Ja, ich bin in Dingsbums, das hatten wir doch ausgemacht, dass ich da mitkomme, ich hoffe, es stört dich nicht. Nein nein, ist schon in Ordnung, hat er gesagt. Also es ist so: Ich bin in diesem Hotel, und wenn du Lust hast, kommst du nach deinem Auftritt vorbei, ich warte auch dich, und wenn du keine Lust hast, kommst du eben nicht, das ist auch okay. Natürlich ist er gekommen. Die Sache war nur die, dass sie nachts, als er sich dann ausgezogen hat, draufgekommen ist, dass er sich seinen Schwanz rasiert hat. Alles weg, total blank. Und sie gleich: Was geht denn hier ab, wieso hat der seinen Schwanz rasiert, aha, deswegen wollte er nicht, dass ich nach Dingsbums mitfahre, hat der vielleicht eine andere? Sie hat aber nichts gesagt. Als er dann geschlafen hat, hat sie vom Bad des Hotelzimmers aus S. angerufen und ihr alles erzählt. Jetzt bin ich mit dem Mann in einem Hotel und plötzlich hat der einen rasierten Schwanz, was soll das denn bedeuten? S. hat ihr dann gesagt, dass sie unbedingt mit ihm darüber reden muss. Also hat sie ihn aufgeweckt und ihn gefragt, warum er seinen Schwanz rasiert hat und ob er deswegen wollte, dass sie nicht mit nach Dingsbums fährt und ob er da irgendwo so eine Tussi hat, die will, dass er sich ihretwegen rasiert. Er hat sie aber bloß groß angesehen und sie gefragt, ob sie jetzt völlig spinnt. Am nächsten Tag ist sie dann [...]
La-La (Means I Love U)
"sie war zu pragmatisch"
Am Sonntag zuerst Jean Renoirs "Bestie Mensch" von 1938 und gleich danach zwanzig Minuten aus der neuen Staffel von "Big Brother" gesehen. Jaques, der, ohne Anlauf zu nehmen, zu Simone sagte: "Verlassen Sie Ihren Mann, gehen Sie doch mit mir weg. Denn ich liebe Sie." - Simone: "Sie lieben mich?" - Jaques: "Ja." - Simone: "Das dürfen Sie nicht, denn ich liebe Sie nicht, ich kann Sie nicht wiederlieben, ich hatte eine grauenhafte Kindheit, ich bin verdorben für die Liebe. Ich suche Kameradschaft und Zärtlichkeit, beides könnte ich auch wiedergeben, aber nicht Liebe." (Später wird sie es dennoch tun, ebenso anlauflos, "ich liebe Sie, Jaques" sagen, von ihm wollen, dass er ihren Mann tötet, der seinerseits jemanden tötete und sie den Mord ansehen hat lassen, er aber, Jaques, tötet nicht ihren Mann, sondern sie, die Frau, die er liebt, um sich dann, bei voller Geschwindigkeit, von seiner Lokomotive, in den Tod zu stürzen; aber das ist eine ganz andere Geschichte, über die man auch einmal zu reden hätte: die erzwungenen Zeugenschaften der Frauen bei den Gewalttaten der Männer). - Bei "Big Brother" saßen ein Mann und eine Frau, Kapuzenjacken, heruntergedimmte Stimmen, im Vorgarten. "Ich will dich", sagte der Mann. Sie: "Du meinst sexuell?" Nein, sagte er, so hätte er es nicht gemeint, und dann noch einmal: "Ich will dich." Die Frau sagte irgendetwas, an das ich mich nicht mehr erinnern kann, darauf wieder er: "Ich weiß nicht, ob ich mich in dich verlieben könnte. Aber ich will dich." - Lange habe ich danach noch nachgedacht über die Zeitenfolgen und die Hierarchien der Gefühle und Geständnisse. Dass man immer noch nicht weiß und wahrscheinlich nie wissen wird, wie man es in diesen Schachpartien halten soll, in denen man Züge nicht nur gegeneinander, sondern auch gegen sich selbst führt. Zuerst die Liebe gestehen, um sich ihr dann hinterherwerfen? Oder schweigen und heimlich lieben, in der Hoffnung, es werde irgendwann einmal erwidert, und man könnte dann, vorausgesetzt, man verstünde die Zeichen der Erwiderung, die Liebe als ein fait accompli behandeln, zu dem der Eigenname "Liebe" nur noch eine Zutat, wie Zierat ist. Das Bestürzende, das dem Nominalismus innewohnt: Man muss etwas nur taufen, schon lehnt sich alles an den Eigennamen an. "Denn ich liebe Sie": wie eine Stimme, ein Körper, ein Reden, ein Spazierengehen, ein Tempo plötzlich ganz anders werden können, bloß weil einer ein bestimmtes Wort gebraucht hat ("jetzt sehe ich alles mit anderen Augen"). Und, umgekehrt, was alles nicht geschieht & doch geschehen könnte, bloß weil einer diesen einen Satz nicht gesagt hat, sondern erst noch abwarten wollte. Akte, die in einer Versicherung bestehen, von der jeder schon weiß, dass sie nichts versichert. Wie so ein lächerliches Bekenntnis (denn was ist schon dabei, "ich liebe dich" zu sagen, drei Wörter, kaum der Rede wert), sofort neue Konstellationen schafft. Allesverwandlerwörter. Man müsste über das alles einmal schreiben, erzählen, die Leute befragen, aber man bekommt es ja nicht einmal aus sich selbst heraus, so, wie man sich immer vor sich selbst verschanzt.
Ich glaube, ich habe, wieder mal, nicht rüberbekommen, was ich sagen mochte.
(Die Geschichten, die ich mir ausdenke manchmal. Wie es wäre, aufs Geratewohl zu Unbekannten "denn ich liebe Sie" zu sagen ["bin ich gemeint?"; "wer denn sonst?"; '"aber Sie kennen mich gar nicht"; "sei's drum"]. Wie es wäre, neben anderen zu leben, aufzustehen, einzuschlafen. Wie man sich, nennte man es bloß für sich selbst Liebe, an all das gewöhnen könnte, ergeben. Die Rasereien des Benennens, das Einrasten der Gefühle in die von den Benennungen bereitgestellten{wie heißt das bloß, in das etwas einrastet; zu faul, das "Duden Bildwörterbuch" und "Wie funktioniert das?" zu konsultieren}. Jähe Erinnerung an die eine Online-Affäre, in die ich vor Jahren guten Gewissens (denn sie war doch "nicht echt") getaumelt war: als sie mich plötzlich anrief und mich, gleich als allererstes fragte: ob ich denn gute Zähne hätte. Schließlich noch, gegen Abend, die Empfindung von Ausweglosigkeit bei der Passage, in der Proust Marcels Großmutter mit den Worten beschreibt, auf ihren malvenfarbenen Wangen oder ihrem Schleier [je nachdem, wie man die Stelle liest], wäre "immer eine unbewußte Träne gerade im Trocknen begriffen". "Was ist das Grausame an Proust?" wollte M. gestern wissen, als ich ihr, wieder einmal, zu erklären versuchte, dass er genau für Sie geschrieben hätte, das müsste genau dir gefallen, hatte ich gesagt [wie Paare immer einander anstiften wollen, auch die Bestürzungen zu teilen, als hätte man Furcht, plötzlich wieder alleine zu sein, falls man nicht alles teilte]. "Je empfindsamer einer ist, desto grausamer beschreibt er natürlich die Welt; nur uns, mit unserer Elefantenhaut, aus Selbstschutz, aus Nachlässigkeit, fällt das nie auf...'")
Völlig vergeigt, dieser Eintrag.
manchmal lese ich das schmuddelblog und denk mir dabei fast immer dass mich an aufwendigem sex vor allem stören würde dass das gleich immer so viel arbeit ist das vor- und nachbesprechen dann immer und sich neu justieren emotional und identitär & heut früh hab ich gedacht dass das unangenehme an revolutionen ist dass sie sie immer so viel mühe machen & gestern im dienstraum in der rechten spalte war ein link auf einen artikel in dem einer sich überlegt hat ob webloggen so was ähnliches wie die anwendung der habermasianischen kommunikationsethik & beim lesen gleich wieder gedacht dass jedesmal wenn eine lässige sache daherkommt sich über früh oder lang immer einer findet der die lässige sache in arbeit arbeit arbeit verwandelt & das ist mir gleich wieder ganz rätselhaft fremd vorgekommen
"serielle monogamie"
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