[Papstcasino:] Gestern dann noch im Spiegel Matusseks und Reich-Ranickis, kurz danach auch des Vatikans Stellungnahmen zum Nobelpreis für Elfriede Jelinek gelesen. Very funny, man könnte fast schon eine Konkordanz draus machen. Dass es doch eh nicht so arg ist, wie die Jelinek immer sagt, mit dem Sexuellen und den Frauen. Dass es doch auch einen solchenen Geschlechtsverkehr gibt und nicht nur einen solchen grauslichen, wie die Jelinek immer daherschreibt. Dass ein Pudern doch auch eine Hetz sein kann und keine Gewalt. Blablablablablablablabla. Man liest das alles und denkt kurz, das kann eigentlich nicht sein, dass die das wirklich alles ernsthaft hingeschrieben haben, ohne eine Hundertstelsekunde Scham. Aber die tun das wirklich, die schreiben das wirklich so hin, genau so. Das ist so unfassbar hirnrissig, dass 2004 der Papst der Christen, der Papst der Literaturkritik und der Papst der Pappa-Bewegung tatsächlich so unfassbar peinlich sein können, sich über eine Schriftstellerin zu beschweren, weil in ihren Büchern das Ficken keinen Spaß macht. Ich glaub fast, irgendwann werden sie sich noch posthum beim Flaubert aufregen, dass die Frauen doch jetzt echt nicht solchene Flitschen und Schlampen sind wie die Bovary.
vielleicht wäre das ja ganz gut. ich meine: ein bisschen weiter in der zukunft sind wir ja schon gekommen, in den 90ern, aber im moment finden sie das wohl eher noch richtig, dass die frauen als schlampen dargestellt werden. bis die über ein negatives frauenbild nachdenken, wird leider noch einige zeit vergehen - denn negativ oder flach ist eben nicht anstrengend und ruckelt nicht an der eigenen position.
vorgestern dachte ja noch jeder tageszeitungsredakteur, dass der männliche blick auf die welt eben der blick sei, und nicht einer. deshalb ist es auch gut, dass so eine angenehm verquere figur wie die jelinek sich denen mit so einer preisabräumung als stolperstein in den weg stellt. sie ist schwer aneignebares material. prima. danke, herr nobel.