"Durch ihre Heirat trat Mlle Singer in enge verwandschaftliche Beziehungen zu den Familien La Rochefoucauld, Croy, Luynes und Gontant-Biron. Die Schwester des Fürsten von Polignac war die erste Frau des Herzogs von Doudeauville gewesen. Die Fürstin von Polignac wurde also die Tante der Herzogin von Luynes, geborene La Rochefoucauld, die Großtante der Herzogin von Luynes geb. Uzès, und der Herzogin von Noailles."






don´t call me names...

frage mich anlässlich des obigen passus warum ich überhaupt nicht in der lage bin, die namen literarischer figuren zu erinnern. muss wohl ein gewisses misstrauen gegenüber erfundenen namen sein. (bei unamuno gibt es, soweit ich mich erinnere, eine figur, die sich beim autor beklagt, daß sie so einen beschissenen namen bekommen hat.) russische romane sind mir folglich eine qual und es ist beispielsweise erschütternd, nach sechshundert seiten dostojewski nicht zu wissen, wer eigentlich "dimitri" (?) ist.

mit einem wort: von den vielen großen und coolen dingen, die kafka mit der literatur gemacht hat (wie zidane mit dem ball) ist das "K." eine der lässigsten und mir angenehmsten.

PS: "preventing alzheimer..." ist ein schöner rubrikname. vielleicht verdient turing einen eintrag, der als kind zur belustigung (oder zum stolz, weiß nicht) seiner eltern, quasi als zirkusnummer telephonbücher auswendig gelernt hat.


allzu vertraute sensation beim lesen russischer romane - wie man irgendwann unweigerlich denkt: "verdammt, wie passen diese 30 leute da jetzt in dieses enge, muffige kaminzimmer?!", um dann allmählich zu gewahren, dass es sich in wirklichkeit die ganze zeit über um nur drei menschen gehandelt hatte, die einander aber mit jeweils neun verschiedenen kosenamen anreden.

nabokov in cornell: liess sich als prüfer gern das gesamte personal von beispielsweise krieg und frieden aufzählen; sein versuch, literaturbetrachtung so präzise wie möglich zu betreiben. im besten fall kann man sich, nach solcher schule, namen merken. im problematischeren fall erliegt man dem zwang, literatenbiographien von 1600 seiten und aufwärts zu schreiben, in der festen überzeugung, mehr könnte und dürfte nicht zu wollen sein. deren zuspitzung bestünde dann in so einem positivistischen turing-test: lernzielkontrollen mit telefonbüchern. dann ja vielleicht doch lieber die ungleich entspanntere penelope-arbeit des vergessens?


die koloratur ihrer kränkung

sich nicht erinnern können - und es ist immer nur einer - meine verbundenheit mit stepan trofimowitsch:

stepan trofimowitschs letzte reise

Stellen in meiner Erinnerung sind wie von Binsen umstanden. // Sumpfige Weiher, leise schraffiert, gehüllt in das Dunkel des Schilfs. // Viele Wege führen hin zu jenen Senken, in denen altes Wasser steht, // die alte Kränkung, keine Schwäne, die weiche Grenze zwischen Welt und Unterwelt. Da kommt die Willkür, es kommen Dämonen // aus dem Gedächtnis, sie haben Teiche, Legenden und Pferdchen dabei. // Dazwischen marschiert der Trofimowitsch durch endlos gebreiteten Wald. // Eine letzte Stunde in der Frühe mit ihrem zerschmissenen Licht // machte einen fiebrigen Pilger aus ihm – doch keine heilige Stätte, // kein Ziel, nur eine Idee aus dem Lager seiner aller schlimmsten Furcht // (aus der Nacht ins Helle gebracht) befahl ihm: Stiefelchen an – // den Reiserock gegürtet, doch kein Kutscher nicht, kein Fuhrwerk drängte, //nur eine Stelle in der Erinnerung unter Einfluß des größten Gefühls // sagte: Stiefelchen, und schickte ihn heraus auf die Straße.

Stepan, mon cher, ich will Sie begleiten, plus: je veux me rappeler avec vous: // Wir können dort hingehn, zur Schleuse, Dampfschiff, zum köpfigen Ufer, // zur Stelle selbst, wenn Sie es wünschen, in Reifrock und Stiefelchen // hinauf den Montblanc und wieder hinab. Dann, gehüllt in das Dunkel des Schilfs, // am schwarzen Ineinander der Wünsche lange und wortlos beisammen stehn. // Kommen Sie, wir gehen ganz nah an den Tadel heran, sehn in das Runzeln hinein. // Wie wäre es, hier aus der Tiefe die Koloratur Ihrer Kränkung steigen zu hörn? // Was zuckt da im Totholz? Darf ich Sie duzen? Dein Kleinmut. Ein Pelztier. // Klein wie ein Nager. Stepan, dein Stolz, dein Talent, deine Ideen. Alles Striemen. // Striemen, wiederholt er, auf meiner Haut, in die hinein mein Leben versickert ist. //

Je vous aimais, behaupte ich, ich flechte mein Haar in das Ihrige ein. Ich lüge. // Ich spräche Ihnen vom Handstreich der Erinnerung und Sie mir von den Striemen, // ich führe Sie hin zu den Stellen, deren zerrenden Nachhall ich kenne wie Sie. // Hüllen Sie mich in die flüssige Schicht Ihrer Rede. Wir wollen zum Ende kommen // wie zu einer Wasserstelle. Kann Wasser lange über Kanten laufen, kann Wasser // fingerhoch die Kränkung eines Lebens fluten? Treibt noch ein Boot darin - // dein Stolz? Diese Beichte, von der Lüge gelindert, umflutet, gekühlt, höre ich, // ist nun ein See, den mit kräftigem, kraulendem Armschlag Dämonen durchqueren. // Am sumpfigen Ufer steht Stepan Trofimowitsch gehüllt in das Dunkel des Schilfs // wo er nach drei Tagen erlischt: Auch der Tod ist eine Stelle in der Erinnerung. //

stepan, das halstuch, stepan, stepan trofimowitsch, verzeihung