Ja, ja, ich weiss. Man sollte sich nicht immer so aufregen. Macht bloß einen schlechten Teint. Andererseits hilft mir ein schöner Teint sicher auch nicht mehr. Vielleicht veranstalte ich ja ab Montag auf diesem Weblog eine Woche der Liebe. Als Experiment, wer weiss, vielleicht führt es irgendwohin. Aber für heute - jetzt ist es, Samstag, 23.49 Uhr - gönne ich mir noch eine Runde fuchtelnden Ekels. Das Motto, das über diesem Ekel steht, stammt aus Peter Handkes "Stunde der wahren Empfindung", einem Buch, das ich nur deswegen zu Ende lesen werde, weil ich nun schon mal damit begonnen habe; aber ein paar hübsche Stellen enthält es immerhin, und diese ist nun wirklich gut: "Auf einmal wusste Keuschnig nicht mehr, was er hatte beweisen wollen, und wurde froh darüber. Er zerriss das Papier. Dann suchte er, was er noch zerreissen könnte. Es machte ihn zufrieden, eine Zeitlang Papiere zu zerknüllen, zu zerreissen, wegzuwerfen. Es war, als ob er Rache nähme für etwas! Er suchte im ganzen Büro Sachen zum Wegwerfen zusammen, reihte sie vor sich auf und warf sie dann einzeln, indem er weit ausholte, auch wenn es nur leichte Briefumschläge waren, in den Papierkorb."
Die Hamburger Morgenpost muss ganz dringend zerrissen werden, finde ich. Wenn ich reich wäre, würde ich jeden Tag die gesamte Auflage kaufen und sie zerreissen. Dann wäre die Welt ein wenig schöner, und hey! gegen eine schönere Welt wäre nichts einzuwenden. Heute zum Beispiel wollte irgendein Depp im Sportteil ganz dringend einen doppelten Genetiv vermeiden. Das weiß man nämlich als Journalist, dass doppelte Genetive bäh sind, sowieso sind alle Doubletten doppelbäh, weswegen in einer Geschichte, die in Londoner Regierungskreisen spielt, die Regierung nur beim ersten Mal in London regiert, beim zweiten Mal "an der Themse", beim dritten Mal dann in "Downing Street Number Ten" usw., und dieses Doubletten-Vermeidungs-Gesetz muss immer und überall gelten, auch in den Bundesliga-Spielankündigungen, und deswegen heisst es in der Hamburger Morgenpost: "Das Treffen von den Teams der Stunde". Gut gemacht, zerreissen, es ist, als ob ich Rache nähme für etwas.
Der MoPo entnehme ich auch, dass Eva Herman, TV-Moderatorin, einen Roman geschrieben hat, über eine TV-Moderatorin namens Corinna Feldmann. Eva Hermans Werk ist definitiv eines, bei dessen Lektüre man ahnt, um wieviel schöner das Leben sein könnte, wenn man nie das Lesen gelernt hätte:
"Leicht warf ich den Kopf in den Nacken und strahlte den Genossen an. Und begann zu schnurren. Sanft wie ein Lamm. Wie ein Lämmchen. Wollen wir ins Hotel fahren? Dabei nickte ich suggestiv mit dem Kopf, dass er gar nicht anders konnte, als ja zu sagen. Ich dachte weiter an Alexandra und stellte das Wackeln im Hinterteil an. Erste Stufe. Warum sollte ich nicht um ihn kämpfen? Auf Dauer konnte ohnehin nur eine das Rennen machen, Maike oder ich. Er nahm meinen Arm und führte mich hinaus. Es war ein gutes Gefühl."
Und so weiter. Und so fort. Jeder Satz bekommt seinen eigenen Absatz. So sehr wird man versaut, wenn das einzige, was man sieht, ein Teleprompter ist. Wenn ich das Buch hätte, würde ich es zerreissen. Es ist, als ob ich Rache nähme für etwas. Es ist ein gutes Gefühl.
Ist das wichtig? Nein, nein, nein. Hör ja schon auf. War nur eine Anwandlung. Am Montag beginnt die Woche der Liebe.