Es gibt da diese Frau, die über Kleider schreibt, über Homer, Mathematik, Keuschheitsgürtel und auch sonst über einiges. Ich lese sie seit langem, und immer noch bin ich immer wieder ein wenig eingeschüchtert von dieser Frau, wie ich sie mir vorstelle, eingeschüchtert ist das falsche Wort, ich weiß aber auch nicht, welches das richtige ist, ich bilde mir bloß ein, sie vielleicht dadurch zu stören, dass ich lese, was sie schreibt, man hat ja so seine seltsamen Einbildungen, und es ist auch nicht so, dass es mich stören würde, ein wenig eingeschüchtert zu sein, im Gegenteil, ich setze mich immer gerade hin, wenn ich sie lese und gebe acht, dass der Gürtel meines Morgenmantel, der übrigens Igor heißt, weil ich darin angeblich wie ein verarmter russischer Großfürst aussehe, festgezurrt bleibt, und sonst ist es mir völlig egal, wie nachlässig ich vor meinem Computer sitze, aber bei dieser Frau mag ich mir nichts durchgehen lassen.
Hier einige Passagen aus ihrem Tagebuch 2002, die erste spricht zu ihrer im Herbst 2001 geborenen Tochter:
Sicher möchtest du wissen, wo du eigentlich hergekommen bist. Nun, die Sache ist die, daß du aus einem Paralleluniversum kommst. Dort warst du eine berühmte Kriegerprinzessin, die auszog, die Geheimnisse eines Paralleluniversums, nämlich unseres Universums, zu ergründen. Nun möchtest du wissen, warum du dich daran nicht erinnern kannst. Nun, die Sache ist die: über Paralleluniversen sind viele falsche Vorstellungen in Umlauf. Viele denken sich, Universum und Paralleluniversum verhielten sich ein wenig wie Deutschland und Österreich. Gewiß, Österreich wird von katholischen Faschisten bewohnt, die einen ekligen Akzent sprechen und völlig tanatosfixiert sind, es gibt dort keine Krabbenkutter, und überhaupt ist vieles anders. Aber letztlich gibt es auch dort Banken, Kirchen, Staatsoberhäupter, Schulden, Rechtsanwälte und öffentlichen Personennahverkehr, das heißt, die grundlegenden Gesetze des Lebens sind die gleichen. Universum und Paralleluniversum verhalten sich nun aber gerade nicht so zueinander, daß sie im Grunde das Gleiche sind, nur anders möbliert. Universum und Paralleluniversum sind grundsätzlich verschieden und werden von anderen Gesetzen beherrscht. In unserem Universum gibt es Masse und Energie, die nach Einstein äquivalent sind, und Information, die nach A. Donda mit den beiden erstgenannten ebenfalls äquivalent ist. Ein Paralleluniversum kann aus ganz anderem Zeugs aufgebaut sein. Dort sind die fundamentalen Entitäten beispielsweise Schmieröl und Urgs. Damit ist klar, daß sich zwischen Universum und Paralleluniversum nicht beliebig Informationen austauschen lassen.
Zum Teil sind die Globalisierungsgegner aber auch ziemlich dämliche Burschen. Die Idee ist: wir, die Globalisierungsgegner, sind so schlau, wenn wir alles regulieren und bestimmen dürften, könnten wir alles viel besser und schöner und effizienter und vor allem gerechter machen als der Markt. Im Grunde handelt es sich um eine autoritäre Idee. Es ist ein bißchen schade, daß die Erziehung in den demokratischen Staaten immer wieder neu in jeder Generation autoritätsgläubige Jugendliche erzeugt, die zwar nicht an die Autorität der Etablierten (Eltern, Weltwährungsfond, Wintel) glauben, dafür aber an ihr eigene.
Armin von Arnim, der Dichter kleinerer Werke, schrieb einmal ein Gedicht, das nur siebzehn Silben lang war. „Aha“, schrien alle, „die japanische Mode.“
Gestern lag so etwas laues in der Luft, eine Ahndung von Frühling, die Erde roch wieder nach Erde und dem Saft junger Triebe statt nach Schnee und Hundepisse, da habe ich mir Strawinskys Sacre angehört. Die Kleine war wenig begeistert und hat gezetert, entweder, weil sie den Uraufführungsskandal nachspielen wollte, oder weil sie ungern Musik hört, die vom rituellen Schlachten kleiner Mädchen handelt. Zum Mitsingen ist diese Musik leider wenig geeignet, insbesondere die unregelmäßigen Rhythmen sind arg tricky.
Gespräche in der Straßenbahn: ein autodidaktisch gebildeter Mann versucht einer Frau, anscheinend einer flüchtigen oder neuen Bekanntschaft, das Universum zu erklären, insbesondere, daß unser Sensorium „Schrott“ sei, verglichen etwa mit der Gehör der Fledermäuse . Ich aber wünsche mir in diesem Moment, ich wäre taub.
mein Bademantel...
... heißt "Central Hotel", weil ich ihn dort mitgenommen habe und ich sehe darin aus wie einer, der Bademäntel mitnimmt... Diese Bemerkung ist hier natürlich völlig deplaziert, denn es geht ja um anderes, um einen guten Text (stilistisch, meine ich), auf den Sie hinweisen, aber (ich kann nicht anders): ich habe die Vision einer Umfrage - etwa:" wie heißt Ihr Bademantel?"... sorry ;-)
stadtlandfluß?
welches central hotel?
war natürlich gelogen,
aber (wo wir hier ganz unter uns sind): in Wahrheit steht da "Grand Palace" auf dem Bademantel (Blau auf Weiß, Baumwolle, 40 Grad-Wäsche), er stammt nicht aus Wien (da habe ich privat, nicht im Hotel, gewohnt), sondern aus Tokyo, und natürlich habe ich ihn bezahlt... ich schwör'
boah
"..Hotel Grand Palace has 464 comfortable guest rooms.."
und jetzt stellen wir uns gemeinsam vor, daß ungefähr 3/4 der zimmer doppelbettzimmer sind und daß jedeR zweite einen bademantel klau ähh.. KAUFT!, dann kommen die mit dem produzieren ja nicht mehr nach. kaufst du öfters was in hotels?
Zusatzfrage
Ob wohl die Frau, deren Liebhaber sich nach dem Akt in Morgenröcke verwandelten, die textilen Erinerungsstücke weiter mit dem ehemaligen Vornamen bezeichnete?