Das Selbstmitleid, ich weiß nicht, ob Ihnen das schon einmal aufgefallen ist, ist die einzige Eigenschaft, die die westliche Zivilsation noch zusammenhält. Wahrscheinlich, weil sie eine so miese Zivilisation ist, dass sie niemandem sonst Leid tut. Menschen torkeln durch ihr Leben und fühlen sich betrogen, stehen am Fenster, schauen traurig in den Regen hinaus und fühlen sich arm. Houllebeq ist so einer. Muss mit kleinen Thaimädchen Sex haben, weil die daheim seinen Körper nicht haben wollen, und beklagt sein Schicksal, ein Heimatvertriebener zu sein. Ollikahn ist so einer, schläft mit Partymäusen, und wusch, wird er behandelt wie ein Vergewaltiger. Der deutsche Mittelstand ist so einer, rackert sich ab und dann wird er verknackt, die Aludosen zurückzunehmen. Wolf Biermann ist so einer, hat quergesungen gegen die SED und die Deutschen danken ihm damit, dass sie gegen die Amerikaner sind. Der Mann von der Straße ist so einer, sitzt beim Schoppen, isst unschuldig sein Wrap, und nebenan telefonieren sie alle mit dem Handy und machen ihm Funkwellenkopfkrebs. Daniel Küblböck ist so einer, macht alles, was der Bohlen will und die voten ihn trotzdem raus. Der amerikanische Raucher ist so einer, hat jetzt Lungenkrebs, und keiner hat es ihm vorher gesagt. Armut ist ein schöner Schein von innen, du kriegst immer mehr Wechselgeld heraus, als du bezahlt hast.
keiner weiss, wo es hingeht, aber alle wissen, dass es nicht mehr bergauf geht. man fühlt sich um seine chancen betrogen und trauert den guten zeiten nach, in denen man noch für etwas kämpfen konnte. heute kämpft man für den klassenerhalt. oben ist die aussicht schön, aber die perspektiven grausig.
Ich glaube ja eher, dass es Angst und Hass sind, die unsere Gesellschaften noch zusammenkitten.
Turning and turning in the widening gyre The falcon cannot hear the falconer; Things fall apart; the centre cannot hold
(Yeats)
Zivilisation...
Halte Ausschau auf die Dämmerung. 20:80, dass sie kommt!
Imo ist es die Flut der Möglichkeiten unser Leben zu gestalten. Die vielen Türen, die uns offenstehen, schrecken uns ab. Die Fülle hat uns überrollt. Denn nun haben wir immer dieses unbehagliche Gefühl, einen besseren Weg übersehen zu haben. Und es bleibt uns nichts anderes übrig als in Selbstmitleid zu baden...
das gefühl war schon immer da, nur ist draussen, schaut man aus dem fenster, nichts mehr, das einen mitzieht, weiss man