Seit einiger Zeit schaue ich in den Himmel. Ich habe das ein Leben lang nicht gemacht. Was soll an einem blöden Himmel auch schon interessant sein? Damals, als ich noch Philosophie studierte, habe ich das Naturschöne nie verstanden, es sei denn, es war katastrophisch, Fluten, Gewitter, Erdbeben und dergleichen; dann war es immerhin erhaben. Jetzt hat sich das gründlich geändert. Jeden Morgen sitze ich da, trinke Tee und starre in den Himmel und lese aus ihm lauter Kunstschönes, action painting oder die Flüchtigkeiten eines Cy Twombly. Sicher: ich komme mir bescheuert vor wegen meines Glotzens, aber ich frage mich auch, wohin es noch führen wird. So viel Kosmos. Die Wolken: gleich wieder weg, man ahnt das ja nicht. So viel Grau, man hat ja keine Ahnung. Ich hätte gerne ikonographische und metaphorologische Studien darüber, aber bis jetzt bin ich nicht wirklich fündig geworden. Dabei müsste der Himmel für die Kulturgeschichte doch immens viel hergeben. Mal sehen.

Immerhin habe ich John Constable und seine study of clouds entdeckt:

"His wife's tuberculosis first brought Constable to Hampstead in 1819. It was an ideal place for him to study the cloud formations and weather conditions that had become such an important part of his work, and he made cloud studies... regularly there. These sketches, considered among the most original aspects of his work, gained favor with collectors only after the French painters of the Barbizon school and the Impressionists helped establish a taste for free, loose, and spontaneous ways of working."
Was für eine Obsession: Wolken zu malen, Öl auf Leinwand. Welche Disziplin es erfordern muss, diese eine Hundertstelsekunde, in der die Konstellation so und nicht anders ist, auf einer Leinwand stillzulegen. Study of Clouds at Hampstead. Klicken macht die Wolken größer... Mehr Gemälde von Constable gibt es über diesen Artcyclopedia-Zugang.