das in der nun schon über ein jahr andauernden erinnerung immer noch wachsende unangenehme [achselzucken, "doch nix kapiert"] der lektüre von didions "das jahr magischen denkens": wie darin dunne, der verstorbene, nicht vorkommt, keine schilderung, nichts, nur dieses im kreis rennende verlustgefühl didions, fast (irgendwie) beleidigt, dass er gestorben ist, pampt, wie eine fahnenflucht beschrieben, nimmt ihm den infarkt persönlich. unangenehm eben. irgendwann, dachte ich, mit jedem weiteren kapitel, muss dunne doch vorkommen, er kam aber nicht vor, als hätte es ihn gar nicht gegeben.

[daraufhin dunne-bücher gelesen und ihn sofort viel lieber gemocht als didion. in irgendeinem didion-essay-band schließlich einen nachruf auf einen ihrer freunde gelesen, passagen gefunden, die im magischen denken, dort auf dunne bezogen, standen, sofort "trauer-copy&paste" gedacht, unangenehm]

zwischen den jahren markus werners "am abhang", zwei, drei tage lang begeistert gewesen (das billige an mir: die begeisterbarkeit durch stil, virtuosität, jonglage), dann, am dritten, vierten tag plötzlich wütend: gedacht, dass man mit einer erzählung kontern müsste, dringend, in der die frau, ich-erzählend, diesen beiden pfeifen alles zurückgibt. jeder sie sich nach seinem eigenen bilde, aber jetzt eben - nicht mehr.

daraufhin bemerkt: meine zuneigung zu gerechten romanen, proust, pynchon, musil, joyce, bellow. seltsam.






Didion: Genau, hast mir nachträglich mein damaliges Nicht-Sympathisieren erklärt, vielleicht (abgebrochen nach 50,60 seiten oder so).

Apropos Sympathie und dann zu Werner: Ich kenne ja nur "Zündels Abgang", boah, wat fand ich das unsympathisch. Haben mir einige Leute dringendst ans Herz gelegt, würde mir doch bestimmt sehr gut gefallen, und dann: so gar nicht. Um es zu benennen: das war so ein hingepfefferter, übellauniger Witz, der aber in meinen Augen eigentlich gar nicht witzig, sondern dann doch nur Übellaunigkeit war, sprich: uncharmant (nicht das ich jetzt immer "Charme" erwarte, aber trotzdem)


Ich erinnere mich noch, Zündels Abgang weiterempfohlen zu haben. Sogar an die Situation, in der das geschah. Aber der Grund ist mir entfallen.


wenn es mir so gegangen wäre, hätte ich das auch als seltsam oder besser befremdlich empfunden. noch befremdlicher allerdings die vorstellung, dieses buch mittendrin abgebrochen zu haben (irrealis where are you when i need you?).

es stimmt, dunne bleibt konturlos im buch. und auch ich habe auf seinen auftritt gewartet. aber am ende hat er mir nicht gefehlt. weil mir gerade subjektive bücher so viel mehr geben und so viel echter erscheinen.


es kommt auf das subjekt an. wenn mir einer stürbe, dessen verlust mich irre machte, dachte ich, würde ich meinem irrsinn irgendwann in den arm fallen wollen, um von ihm, dem verlorenen, zu erzählen, meine geschichten, statt immerzu nur über mich. bei didion wars wie ein anschlag auf ihr emotionales stammkapital, dachte ich, so sollten meine trauerreden nicht sein.


mir ging es eher wie alex63: das habe ich so nicht empfunden, sondern ganz ausschließlich als bericht einer zurückgebliebenen gelesen, und das war okay so. ist schon lange her, aber ich glaube mich zu erinnern, dass es mit der tochter ähnlich ist: die bleibt in dem buch doch auch so flach bis nicht-existent wie dunne, oder? insofern zieht didion diese selbstbezogenheit der zurückgebliebenen konsequent durch.

was natürlich dann aber gar nicht geht, ist ein trauer-copy&paste (ich kannte die anderen texte bisher nicht).

das, was dir an diesem buch unangenehm war (selbstbezogenheit, ungerechtigkeit gegenüber nahestehenden), kenne ich aber auch aus einer leseerfahrung (erica fischers "himmelstraße").