dachte ich bis eben, will ich ein Schriftsteller werden. Jetzt nicht mehr. [Danke, wieder einmal, an den Wörterberg.]






Re: Wenn ich einmal groß bin,

"Was mich erstaunte: Wie weit verbreitet und allgemein akzeptiert das Bewusstsein mittlerweile ist, dass dieses Land sich längst nicht mehr als Sozialstaat definiert, sondern als Konzern. Was ich unter einem Kanzler Stoiber vermissen werde: dass ich meine ohnehin schwache Illusion wohl werde endgültig aufgeben müssen, außerhalb des Firmengeländes Bayern, auf dem ich als Aktie angemeldet bin, existiere womöglich eine börsenuntauglichere deutsche Gegend und Belegschaft." -- Norbert Niemann, ebenda

Manche kommentare sollte man sich ins Zitatebuch schreiben...


"Xenophoben gegen Stoiber" wäre doch ein schöner Wahlslogan.


Re: Wenn ich einmal groß bin,


Matthias Politycki

"Als Willy Brandt 1974 gestürzt wurde, brach für mich zwar keine Welt zusammen, aber doch etwas aus ihr weg, das dann nicht mal ein Helmut Schmidt ersetzen konnte."

Obwohl er sich doch solche Mühe gab, der arme Kerl, in Stammheim, beim NATO-Doppelbeschluß, bei der Atomkraft und anderswo. Manno!

Peter Rühmkorf

"Endlich wieder mal ein Vaterland als selbstbestimmtes politisches Subjekt (...) Zuletzt erschien: Das Lied der Deutschen"

Macht jemand ein Häkchen bei "Rühmkorf, Peter" in der Spalte "Erledigte Fälle"? Dankeschön!

Peter Schneider

"Großer Gott der Wahlen, verzeih, dass ich störe! (...) Wir haben zu viel Vertrauen in den Mut unserer Regierung gesetzt, wir haben dabei zugesehen, wie sich unser Kandidat, Gerhard Schröder, nach einem kühnen Anfang von den Gewerkschaften und der "Gerechtigkeitsfraktion" seiner Partei in Geiselhaft nehmen ließ, wie er im vierten Jahr seiner Amtszeit mit dem Regieren einfach aufgehört hat."

"Großer Gott!" - doch, kommt hin.

Julia Schoch

"Für mich, die ich von beiden deutschen Staaten gleich weit entfernt bin, ist die Politik ein Gehege, in das ich hineinschaue. (...) In der Herde wechselt zwar bisweilen das Omega-Tier, doch ändert dies wenig am grundlegenden Charakter der Sippe und an ihren Regeln."

Die Geduld des Papiers reicht von Alpha bis Omega, die der ZEIT noch weiter.

Meine Güte. Ein Kuhfladen nach dem anderen. Staatsvolk, Regierung, Intellektuelle - passt schon alles.


Es gäbe ja noch die Möglichkeit,

österreichischer Schriftsteller zu werden.


Re: Es gäbe ja noch die Möglichkeit,

Wenn das die Alternativen sind ...


Nur für Praschl,

naturgemäss


ein schriftsteller

hat kein vatiland.


Re: ein schriftsteller hat kein vatiland

Im Idealfall. Und auch sonst niemand, übrigens.


Fragen

Bin mir nicht sicher, ob mir dazu was Schlaueres eingefallen wäre. Was würde man "unter" (sic!) einem Kanzler Stoiber am meisten vermissen? Journalisten, die die richtigen Fragen stellen? Vieles von diesem Politiker-Bashing geschieht anscheinend auf Grund der stillschweigenden Annahme, dass es irgendwo den richtigen Weg gäbe, den die Politiker nicht beschreiten würden, weil sie zu dumm oder zu korrupt oder zu machtgierig seien. Die Realität ist aber noch viel bedrohlicher als jede Verschwörungstheorie: Niemand blickt durch. Und gerade die irrsten Kontrollversuche entspriessen dieser fundamentalen Unsicherheit. Nein. Auch ich könnte auf diese Frage keine wirklich intelligente und überzeugende Antwort geben. Ich bin zwar kein Schriftsteller, aber ich lebte kurz in der Illusion, einer werden zu können. Von dieser Vorstellung war ich aber schon vorher abgekommen.


Re: Fragen

Ist doch klar. Ich hab ja auch mehrfach miterlebt, wie sowas vonstatten geht. Agenturanruf: "Im Auftrag der ZEIT ... Thema XYZ ... ganz kurzes Statement ... am besten gestern." Da kann eigentlich nix bei rauskommen. Aber das da sind wirklich die letzten Reste aus der Teekiste.


Re: Fragen

Wenn ich Schriftsteller wäre und die bei mir angefragt hätten, dann hätte ich auch was abgeliefert. Man kann es sich nicht leisten, abzulehnen. Es sei denn, man heisst Grass oder Walser etc. Aber die äussern sich auch ungefragt, glaube ich. Es geht bei sowas ja nicht um eine echte Äusserung, sondern nur um ein "Hallo, hier bin ich!"


Re: Fragen

Sowieso. Aber dann doch bitte mit etwas mehr ... ach, ich hör ja schon auf. Und man kann Einladungen ablehnen, Günter, man kann.


Re: Wenn ich einmal groß bin,

Ach kommt, so übern Kamm scheren würd' ich jetzt nicht. Ganz okaye/amüsante/lesbare Antworten (sofern man sich mal auf so ein Fragespielchen einlässt) zumindest von: Händler, Ortheil, Oswald, Spinnen. Natürlich könnte man auch die ganz Schrecklichen aufzählen und die sind in der Mehrzahl. Mach ich jetzt aber nicht.

MH: Den Rühmkorf-Satz so unvollständig zitieren plus Titel seines letzten Buches, um nahezulegen, der Autor sei nationalistisch o. ä., ist oberflächlich und kommt mir auch ganz falsch vor. Schon der zitierte Satz in voller Länge sagt was ganz anderes aus (auch wenn ich ihn nicht doll formuliert finde).


Re: Re: Wenn ich einmal groß bin,

Darum geht's doch nicht. (Daß der Satz unvollständig zitiert ist, ist übrigens durch die Auslassungspünktchen angezeigt.) Es geht darum, daß jemand wie Rühmkorf, der doch mit allen Wassern gewaschen ist, eine Formulierung wie "Vaterland als selbtbestimmtes politisches Subjekt" über die Lippen kommt - eine derartig naive Personifizierung wäre doch selbst für einen ernsthaften Verfassungspatrioten eine Katastrophe. Und wenn ich mir so ein Geseier im Kontext der neueren deutschen Unabhängigkeitsbewegung ansehe, wird mir erst recht schwindlig. Mann!


Aber der Schwalm! Aber der Schwurbel!

Spinnen: "Den Schock des Kohlschen Amtsantritts kann ich noch beinahe spüren. Doch bevor so etwas aufkam wie die Empfindung eines Lebens im Falschen, breitete sich in mir das merkwürdig kalmierende, ja geradezu sedierende Bewusstsein vom "Konsens der Demokraten" aus." Und Ortheil ist so angestrengt halblustig gekränkt über die Ische vom Kulturminister, jaja, das Distinktionsbedürfnis.

Oswald ist ganz okay. Herrn Händler, wer immer das ist, verstehe ich nicht. Zum Beispiel: "Sozialdemokraten und Motivationstrainer haben andere Lebensziele als die Gewinnung von Einsichten. Sie wissen: Es genügt nicht, das Heil nur in Aussicht zu stellen. Eine Religion ohne ein garantiertes Heilsversprechen ist keine. Wer glaubt, muss selig werden. Wird das Leben nicht in diesem belohnt, dann im nächsten." Wat denn nu? Das wäre mir aber neu, dass ein garantiertes Versprechen dessen Einlösung garantiert. Aber, wie gesagt, ich bin Österreicher; da weiß man, dass Herr Haider garantiert heilsverspricht, nie wieder auffällig zu werden, aber es mit Garantie doch wieder tut.

Was Rühmkorf betrifft: Ja, Marcus hat unfair zitiert. Wenn er ihn allerdings fair zitiert hätte, wäre das auch nicht zugunsten Rühmkorfs gegangen.... "Endlich wieder mal ein Vaterland als selbstbestimmtes politisches Subjekt, in dem fruchtbar miteinander gerangelt werden kann, ohne dass man schon auf dem Vorweg durch Gauleiterjargons und kritikresistente Verfügungsfloskeln runtergedeckelt wird." - Sagen das nicht die Herren Möllemann & Walser auch? Dass man wohl sagen wird dürfen, was man sagen wollen will, ohne dass ein anderer sagen dürfen sollen soll, dass man das nicht sagen sollen darf?


Re: Re: Wenn ich einmal groß bin,

ortheil ist angestrengt halblustig, stimmt. aber das halblustig langte bei mir noch zu einem halbamüsiertwerden. wie gesagt: sooo viel erwarte ich ja jetzt nicht von sonem fragedings.

der schwurbel bei spinnen ist jetzt aber mal wirklich deutlich ironiemarkiert, oder nicht? das da immer auch a weng protz mitschwingt, geschenkt. auch bei spinnen würd' ich noch sagen, naja, okayo.

bei händler is nüscht mit ironie, is klar. vielmehr klar is da nicht viel, und ich hab die schlüssigkeit der argumentation auch nicht so verfolgt, sondern den text feuilletonscanmäßig überflogen, aber der letzte satz gefiel mir ausreichend, dass ich ihn positiv mit reinnahm. händler hat übrigens zwei romane geschrieben, die zwar ähnlich intellektualistisch daherkommen, der erste scheints so eine art abrechnung mit dem wissenschaftsbetrieb und heißt, wenn ich mich recht erinnere, der kongreß. den zweiten hab ich auch gelesen, heißt "fall" und war zwar reichlich paraphrase aus andern büchern, aber irgendwie nett zusammengemixt, vgl. z. b. die folgende rezension: www.hagestedt.de

zu rühmkorf: marcus wollte ich nicht unterstellen, er habe bewusst unkorrekt zitieren wollen, das hat er nicht, sondern, wie mir vorkam, war die zusammenstellung von zitat und titel des letzten buches eben etwas kurz gegriffen. praschls einwand gegen den vollständigen satz kann ich ebenfalls voll unterschreiben, man erinnere sich bloß an die ganzen diskussionen hier um walser & co. und was man angeblich sagen darf und was nicht. aber im kontext des ganzen textleins scheint mir das wirklich keine fixe idee bei rühmkorf zu sein, sondern mal so watzwatz herbeizitiert. kann mich ja auch täuschen. ich mag den rühmkorf halt, muss ich schon gestehen. und hat ja auch viel sympathisches, oder: arroganter, elitärer ichnik mit viel wortwitz. vielleicht nicht in dem text jetzt, aber sonst, schon.