Wie kann es sein, dass die mächtigste Nation der Erde nicht schnellere Linderung der Katastrophe schafft? Wie kann es an Nahrungsmitteln, Trinkwasser, Medikamenten und Transportmittel fehlen?






die weißen sind doch alle gerettet worden. alles prima!


Ab einer gewissen Größe des desaster areas kannst du organisieren wie du willst, zuerst einmal herrscht Chaos.


Hey, das Katastrophengebiet ist grösser als Bayern, so wie ich das sehe. Da geht erst mal gar nichts mehr.


zuerst? es ist tag fünf nach katrina. tag FÜNF.

ich empfehle das wwl-am radiointerview mit ray nagin, dem mayor von new orleans. für ein bisschen perspektive.


und für noch ein bisschen mehr perspektive:

joel k. bourne, jr: gone with the water - oktober 2004- und sydney blumenthal - no one can say they didn't see it coming


Äh, fünf Tage haben die hier in der Schweiz gebraucht, um mal etwas nach dem Hochwasser aufzuräumen. Und da war keine Infrastruktur vernichtet.


zum einen ist bei einem flusshochwasser die vorwarnzeit im allgemeinen wohl etwas kürzer als bei einem hurricane wie katrina. und zum anderen, ohne die schweiz jetzt dissen zu wollen, ist die militärische logistik die der amerikanischen regierung und den bundeststaaten zur verfügung steht doch um einiges größer als in der schweiz. - die fema wurde für momente wie diesen gegründet, und versagt gerade, und zwar vollkommen.

ich basiere meine ansicht auf dem radiointerview mit dem bürgermeister. hören sie sich das an.


Eben. Hier geht's nicht ums Aufräumen, sondern um Nahrung, Wasser und Transport für gar nicht mal so viele Leute, die sich an einem fest definierten Punkt aufhalten. Das scheint schon ein bemerkenswerter Kommunikationszusammenbruch zu sein. Der FEMA-Boss meinte gestern, man hätte erst gestern (!) von CNN(!) erfahren, dass sich so viele Leute am Convention Center aufhalten, wo sie seit Tagen von der Stadtverwaltung hingeschickt werden.


ganz genau.

besonders schön auch, dass michael brown jetzt sagt, dass die menschen die jetzt gerade in new orleans sind mitschuld tragen, weil sie eben nicht evakuiert haben. genau. mitschuld, weil sie arm sind und deswegen kein auto haben oder alt oder krank.

how do i love thee, america, let me count the ways.


Das Versagen von Bush und seinen Behörden ist eine Sache. Dass man in fünf Tagen keine Jahrhundertkatastrophe wegputzen kann, eine andere. Auf das nie vorher Dagewesene ist sich schlecht vorbereiten. Hinterher ist man ja dann immer um einiges schlauer.


Was mich stutzig macht, ist die Aussage Bushs, man bedürfe keiner Hilfe aus dem Ausland.


micro-robert, keinerlei erwartung meinerseits (und sicher auch von niemandem sonst), eine solche katastrophe könne in fünf tagen 'weggeputzt' sein. aber die erwartung, dass auf eine solche, auch in ihrem ausmass vorhersehbare katastrophe [lesen sie den national geographic artikel, sehr instruktiv], angemessen und zeitnah reagiert wird.


Die wesentliche Eigenschaft von Katastrophen ist doch, dass sie nicht vorhersehbar sind. Noch unmittelbar nach dem Sturm hiess es noch, man sei nochmal davongekommen.


danke caro ! großartige artikel .

merksatz aus blumenthal / salon.com :

»In early 2001, the Federal Emergency Management Agency issued a report stating that a hurricane striking New Orleans was one of the three most likely disasters in U.S. - including a terrorist attack on New York City. But the Bush administration cut New Orleans flood control funding by 44 percent to pay for the Iraq war.«


ja, den satz fand ich auch besonders schön.

lesen sie auch unbedingt zumindest die ersten paar absätze des im oktober 2004 erschienenen national geographic artikels von joel k. bourne, jr: gone with the water. er beschreibt das nun eingetretene szenario erschreckend genau.

besonders schön auch: im sommer 2004 fand eine katastrophenübung wohl unter leitung der fema statt, deren szenario die überschwemmung von new orleans nach einem hurricane war.

manche katastrophen sind vorhersehbar.

hier auch ein was über das erwähnte interview mit ray nagin, in absence of a transcript oder stream: new orleans mayor lashes out at feds.


"schoen" ist jetzt eine vokabel, die ich in dem zusammenhang unpassend finde.


2 artikel aus der NYT als pdf, auch sehr aufschlussreich..


Ja, und was sagt uns das? In Deutschland gibt es auch jedes Jahr Hochwasser und trotzdem saufen regelmässig ganze Städte ab. Dafür gibt es auch Szenarien und trotzdem kommt es oft genug schlimmer, als man es sich ausgerechnet hat.


mutant, entschuldigen sie wohl, mein fehler. es scheint als habe ich das 'zynismus'-schild nicht hoch genug zu halten.


In Deutschland gibt es auch jedes Jahr Hochwasser und trotzdem saufen regelmässig ganze Städte ab. Dafür gibt es auch Szenarien und trotzdem kommt es oft genug schlimmer, als man es sich ausgerechnet hat.

...was zum Teil daran liegt, dass man an den bereits für nötig befundenen Maßnahmen spart, in der Hoffnung, dass es schon nicht so schlimm kommen wird. Stattdessen kommt es dann schlimmer.


willkommen im 21. jahrhundert !

die probleme eines 7-10 milliarden einwohner-planeten :

die frage , wie wirklich große menschenmassen ( hunderttausende, millionen auch schonmal eine milliarde ) in drängenden ( oder auch alltags- ) situationen mit einem mal von a nach b zu bewegen & davor, danach & währenddessen zu versorgen sind , die wird der politik & öffentlichkeit wohl erst langsam bewusst .

da braucht man kein hellseher sein , um zu vermuten :

genau das wird die eigentliche politische frage der kommenden jahrzehnte sein .

jedes jahr mehrere naturkatastrophen , terroranschläge , charityweltkonzertraves . . .

( ww2 , massendemos & weltweite großkonzerte / -parades als 20th century-einübungen in das leben in massenweltgesellschaften )


In New Orleans geht es ja weniger um die Besiedelungsdichte sondern um die Grösse des betroffenen Gebiets und die Intensität der Zerstörung.


"die frage wie wirklich grosse menschenmassen..."

woanders laeuft gerade ein gegenbeispiel. da gehts ja auch: "Derzeit bewegt er sich in schwächerer Form als gewöhnlicher Tropensturm (Geschwindigkeit 63 - 118 km/h) auf Chinas Küstenprovinz Fujian zu, wo er Samstag eintreffen dürfte. Die Behörden haben die Evakuierung der Städte verfügt, mehr als 600.000 Menschen werden in andere Gebiete gebracht." www.diepresse.com

es waere auch dort gegangen.


Katastrophenexperten

Die Beunruhigung über planmässig politisch betriebene Einschränkung allgemeiner Daseinsvorsorge ist der Wahrnehmung der Ereignisse deutlich eingeschrieben. Und, wie schon sehr gut an den SpOn-Geschichten von Weltmacht vs. Hochwasserelend ablesbar, auch die auf Volksgemeinschaft codierte Vorstellung, man müsste den Kapitalismus nur von seinen im Grunde artfremden anglo-amerikanischen Einflüssen freihalten, und dann seien derartige Zustände hier abwendbar. Manche sind auch schon wieder soweit, sich an den Parlamentarismus, Rot-Grün oder diese Linkspartei zu hängen, als hätten die letzten 7 Jahre nicht zumindest darüber endgültig aufgeklärt.

Am News-Halsband geführte Apokalyptik, die die Erinnerung daran zu verhindern scheint, dass ein großer Teil der Massenweltgesellschaft schon immer, und vom Rest völlig unbeachtet, unter Bedingungen ähnlich wie denen am Golf von Mexico in diesen Tagen lebt. Das ist die eigentliche Naturkatastrophe.

zB sandec.ch: "1.2 billion people do not have access to safe drinking water 2.4 billion people do not have access to proper sanitation 50% of all solid waste is uncollected No one knows how many people are flooded out each year and 3 billion people have to survive on less than US$ 2/day"


Sorry, mv, aber die zweite Hälfte des Postings ist in seiner übertrumpfenden Art ein Talkshow-Beitrag.


warum?


Weil da Leid gegen Leid aufgerechnet wird.


Nein, ganz im Gegenteil. Mich betrübt gerade, dass jenes Elend, das kaum einmal mehr ins Bewusstsein, geschweige in eine Öffentlichkeit tritt, weil keine medial verwertbaren Unwetter oder andere aussergewöhnliche Vorfälle vorausgehen, in unsere Lebensführung schon eingerechnet sind. Oder gegengerechnet, wie das in den Talkshows jetzt wohl genannt wird. Wie weiter oben aus einer katastrophalen Notlage, weil sie sich in einem sogenannten hochentwickelten westlichen Land ereignet, flugs eine kulturpessimistische Prophezeiung abgeleitet wurde, als hätte man den Pessimismus über unsere Gesellschaftsordnung erst noch zu entdecken. War nicht neulich bei elektrosmog etwas von Mike Davis empfohlen?