der spiegel diese woche ist so eine lustige wir-dissen-die-leistungsverweigerer-anthologie. eddie m., der sagt, dass ulle zu viel frisst und zu viel speck ansetzt und zu viel spaß haben will und es nicht wirklich wissen will und keinen killerinstinkt hat. und irgendsoein afrikanischer myth-debunker, der den deutschen mitteilt, dass sie bitte bitte ja nix zahlen sollen für den faulen neger, weil der sonst nie eine motivation hat, hart zu schuften statt europäeralmosen zu verspachteln. vielleicht sollte man das einmal historisch untersuchen, das jeweilige wir-sind-so-unerschrocken-toughe-burschen-lieblingsgenre. das zeitgenössische virile: öffentlich sagen, dass es der andere immer noch viel zu bequem hat. so richtig reinsagen.
[zum ausgleich gibt es bettina musall-poesie über österreichische popsängerinnen, und selbstverständlich kommen "die alpen" vor und das "erdnahe" und die "germanen", die jetzt erobert werden sollen.]
Nur gut, dass man den Spiegel nicht mehr lesen muss.
jan ullrich
beim dissen Ihres bike-kollegen geht es weniger um den vorwurf der sportlichen leistungsverweigerung als um die mediale, in der ein ganzes jahr lang versprochen so getan wird, als würde die tour de france dieses jahr spannend. das verspricht ja kein anderer der 18x fahrer, sondern nur jan ullrich. und wenn diese spannung dann am ersten tag gleich auf null sinkt, naja
jan ullrich selber tut das nicht unbedingt, das ganze jahr über: er wird vielmehr das ganze jahr von den medien mit der tour belästigt. einerseits ist das logisch, die tdf ist das grösste rennen das es gibt, etc, da sind die von ullrich nicht wieder erfüllten erwartungen nach dem toursieg 1997, andererseits ist es extrem kurzsichtig, dass von den deutschen medien ein anderer konkurrent für armstrong erst gar nicht in betracht gezogen wird. (ich persönlich halte basso für den größeren konkurrenten armstrongs, der einen viel spannenderen zweikampf liefern könnte, als ullrich, aber er wird von den deutschen medien halt für nicht so spannend gehalten.)
klar, für ullrich ist die tour wichtig, aber eben nicht so wichtig wie sie für armstrong ist. armstrong tmet, radelt, lebt nur für die tour, fährt sonst kaum rennen, keine grossen rundfahrten. er ist da sehr fokussiert, pedantisch. ullrich versucht es mit der tour immer wieder, auf seine art, die aber eben nicht lance armstrongs ist.
fakt ist, dass das rituelle ullrich bashing, in das die deutschen radsport kommentatoren jedes jahr verfallen, sobald armstrong 30 sekunden vorsprung auf ihn hat, wahrlich ekelhaft ist.
und ich mag jan ullrich noch nicht mal sonderlich.
es ist, nun ja, ein wenig an der tour vorbei wahrgenommen, sie als nicht spannend wahrzunehmen, bloß weil irgendjemand auf irgendjemanden einen vorsprung hat, von dem man dann auch sofort annimmt, er wäre zu groß. das ist so eine rtl-wahrnehmung oder eine zdf-boxkampf-wahrnehmung, das designen einer wahrnehmung auf duelle hin. leute, die so etwas wie die tour (es könnte auch der giro oder die vuelta sein) ernsthaft und ein wenig informierter mögen, sehen darin so viel mehr als diese ewigen zweikampf-verengungen.
seltsam vorgestern, dass das german tv plötzlich paco wrolich entdeckt hatte, als guten sprinter, nicht nur anfahrer. das hätten sie doch schon im vergangenen jahr sehen können.
basso, klar. wino natürlich auch.
tdf wahrnehmung
seit greg lemond kuck ich tdf, was heißt, mindestens 2drei etappen komplett plus, sofern möglich, die letzten 10 minuten oder wenigstens zusammenfassung spätabends von jeder etappe. ohne pathetisch werden/klingen zu wollen, fand ich das immer mehr so richtung pokern auf rädern (wer geht zuerst aus dem sattel?), bisschen schach und mannschaftssport (insbes. aera indurain). wegen jan ullrich, weiss auch nicht, obs enttäuschte erwartungen, dessen schlechtes pokerblatt oder sein früher dameverlust sind, was ich mit geringerer unterhaltung andeuten möchte
eben praschl, ganz genau. rtl wahrnehmung. wobei die tour aber eben traditionell fast immer als duell wahrgenommen werden wollte und wurde, obwohl sie eben, sehr genau erkannt, herr supatyp, schach ist, oder eben poker.
kann es ard/zdf nicht wirklich verübeln, dass sie ullrich immer noch als den grossen duellanten ansehen wollen. es erscheint mir nur so, well, extremly stupid.
aber auch so unterhaltsam.
lustig, wann war das 2002? 2003? als armstrong nach l'alpe d'huez geschauspielert hat, und mann, haben sie da sein ende eingeläutet, die herren kommentatoren bei ard/zdf, du konntest die freude in ihrer stimme hören, eine halbe, dreiviertel stunde lang, und dann, zack, ein blick zurück auf ullrich, weg war lance, und da mussten sie die grabgesänge zurücknehmen. schön war das. ein klassischer moment. eurosport kommentiert neutraler, im übrigen.
hatte die gleichen gedanken bei der entdeckung des paco wrolich, als er da in dem wagen sass, mit rolf aldag, und seine werte besprach. weird, diese berichterstattung.
und ja, wino, sicher doch, obwohl der mir ein rätsel ist, total.
mein tipp dieses jahr tdf
2 auf dem treppchen in paris, deren namen hier noch nicht gefallen sind
guck das eh meistens auf eurosport. schon, weil mir die touristen-informationen auf den öffentlichrechtlichen auf die nerven gehen. auch seltsam, dass radfahren vermutlich der einzige sport ist, bei dem einem ständig etwas über die historischen subtexte des spielfelds erzählt wird. sollten sie mal bei marathons machen. oder beim cup-finale im berliner olympiastadion.
was allerdings als experiment wirklich interessant wäre: eine tour de france nur für die kapitäne. ohne die mannschaften. würde man gerne sehen. spontane teambildungen, sprinter vs. kletterer vs. klassementfahrer & all so was. keine ahnung, ob das überhaupt funktionieren würde, 21 etappen lang.
supatyp: schöne idee. kann immer sein, wetter, stürze, die tour des lebens fahren (wie klöden letztes jahr), etc. etc. ich denke herr armstrong wird entweder oben stehen oder nicht in paris ankommen, aus welchen gründen auch immer.
praschl: right on. wobei ich die tourbezogenen historischen subtexte geil finde. kann man schön trivia lernen. und das experiment, es würde scheitern. ganz sicher. ich würde denken: da käme keiner an. eine tour zu 21. oh my. könnte aber ein schöner romanstoff sein.
anderer schöner gedanke, zugegebenerweise ausgelöst durhc die dumme ard berichterstattung: tour ohne funk.
ausserdem: generelles fantum: wie goldig ist eigentlich jens voigt? hach.
Noch mal zum Duell-Ding: was mich bei Ulle schon etwas nervt ist, dass unabhängig von der Frage, ob er emsig genug trainiert und was da für Subjektivitäts-Modelle im Spiel sind usw., er mir schon immer taktisch, strategisch, psychologisch allzu tranig, zahm, vielleicht auch unterbelichtet, auch schlecht beraten rüberkommt. Und umgekehrt Armstrong in dieser Hinsicht eben so einen Killer-Touch hat, sozusagen 'dicke Eier' (sorry, no pun intended, although ...). Muss das sein? Können sich da, ja, die 'Europäer' nicht mal besser 'aufstellen'?
Also ich werde wirklich sauer, wenn Ulle&Co (i.e. die anderen Klassementfahrer und ihre Teams) es diesmal nicht auf Reihe kriegen, taktische Koalitionen gegen Armstrong zu bilden.
Ich meine: man hat doch den Eindruck, dass Ulle irgendwie taktisch schutzlos ist gegen so eine Attacke wie beim ersten Zeitfahren: Armstrong fand es bestimmt tierisch geil, Ulle erst mal so einen draufzugeben – aber das muss man doch wissen, da muss man doch aufpassen! Der psychologische Vorteil, wenn Armstrong von hinten ranziehen kann ...
Und erlebt gestern Zabriskie auch noch seinen 'Z. Point' auf dem letzten Kilometer! Sicher, kann man sagen, Fahrfehler, selber schuld – aber das ist doch alles auch die psychologische Dominanz, die da Armstrong und US Postal Discovery ausüben.
Gestern auch beim Sehen des Danquart-Films den Eindruck: was da taktisch im Telekom-Bus abgeht: da muss mehr Zunder rein, mehr Gift!
Man erinnere sich auch an die Sheriff-Aktionen, die Armstrong gegen Ende der letzten Tour gefahren hat, als ein Fahrer, der sich betreffs Doping geäussert hatte, nicht wegfahren 'durfte'.
Heute morgen im Radio hiess es, Jens Voeckler kann Ausreisseversuche vergessen, weil das Armstrong nicht zulässt.
Ich finde, Armstrong sollte zum Abschluss seiner Karriere mal das Zulassen beigebracht bekommen, for real, in Schweiss&Schmerz ...
man sollte nicht ausser acht lassen, dass das was lance armstrong in seinem jeweiligen team in hinsicht auf tdf vorbereitung betreibt eine vollkommen abkehr von üblichen radteam regeln & funktionsmechanismen darstellte. bizarr, ja, dass das in sechs jahren nicht zu einer größeren kulturveränderungen bei den europäischen rennställen geführt hat. csc ist, meiner ansicht nach, das einzige team das ähnlich strukturiert und pedantisch vorgeht wie usp/discovery oder im letzten jahr auch phonak, und bei denen lag das an tyler hamilton, der eben bei lance gelernt hatte.
was den wunsch deines letzten satzes angeht: das kannst du vergessen, aber sowas von. wer sollte ihm eine lektion erteilen? und warum? lance ist 'der general' der alles kontrolliert, so wie merckxx 'der kannibale' war. und das wird, gerade bei der letzten tour, gerade jetzt wo lance die charme offensive fährt, niemand mehr ändern. dream on, dreamer.
Die allerallerschlimmste RTL-Berichterstattung zur TDF gab es,
als es RTL noch gar nicht gab: Klaus Angermann über Didi Thüroo - das bleibt unübertroffen.
Wen das wohl interessiert, wer die besseren Pillen zum besseren Zeitpunkt schluckt?