matussek im spiegel, ungehaltene wahlkampfrede eines konservativen. rollenprosa als ermächtigung, den inneren pitbull von der leine zu lassen auf den pöbel, ringsum pöbel, ich denke, einer der unterschiede zwischen linken und rechten besteht darin, dass die rechten sich unaufhörlich von mobs umzingelt imaginieren, sie haben zu den leuten dasselbe verhältnis wie zu einer neurodermitis, dauert juckt es, und man wird es dennoch nicht los. am seltsamsten ist es immer, wenn der deutsche konservative, der ja doch nur ein fuchtler ist [bluthochdruck als historischer schwung, rucken muss es, lauter krankheitssymptomatiken], die familie zu verteidigen beginnt mit der unterstellung, die 68er hätten sie zerstört, verhöhnt, verunglimpft. man beginnt sich dann immer die familien des jahres 1969 vorzustellen, in denen die hausfrauundmutter glücklich die kinder versorgt und dem herren ein cholesterinhaltiges abendmahl gekocht hat, damit er beim herrenritt keine entkräftung befürchten musste. und dann ist rudi dutscke vorbeigekommen und hat der frau schöne augen gemacht und ihr auf der diese-maschine-killt-familien-gitarre ein lied vorgeklampft und sie zu promiskuität, durchbrennen und scheidung anagitiert.

auch sehr lustig: damit du heute in die neokon-elite kommst, musst du erst einmal eine runde öffentlich herumbrüllen und herumverachten. im assessment center: zeig uns, dass du schaum hast, dass du toben kannst. früher mussten die schauspieler nur on demand heulen können.


abends dann im fernsehen zehn sekunden aus einem ganz tollen interview mit einem wichtigen unternehmer gehört. eingangsfrage: "haben sie sich je als heuschrecke empfunden?" - antwort: "nein."






in diesem zusammenhang immer schön der elterliche spruch, "meister du erst mal dein leben, wir sind immerhin in würden 68 jahre alt geworden". was allerdings daran würdevoll sein soll, totgearbeitet und adipös, mit bandscheibenvorfall und per fehlernährung erworbener diabetes, abhängig von vier verschiedenen medikamenten; was daran würdevoll sein soll, wüsste ich immer wieder gerne.


Manchmal freu ich mich schon fast, dass die Mitläufer und Denkenlasser jetzt nicht mehr bei den Linken, sondern bei den Rechten rumquietschen. Die neokonservative Muppet-Show amüsiert mich.


was mich interessiert: wie sind die so geworden? was ist ihnen widerfahren? ich kannte ja den einen oder anderen flüchtig vor zwölf, fünfzehn jahren. und dann tauchten sie wieder auf mit diesem um sich schlagenden verachtungsfuror. mag sein, dass ich das damals bloß nicht gesehen habe, aber ich habe das sonst ja auch meistens bemerkt, wenn jemand sich darin erschöpft hat, seinen eigenen lifestyle nur per verachtung gegenüber anderer lifestyles hochzujazzen. und diese neue familienseligkeit interessiert mich sehr. sie stammt ja von leuten, die es besser wissen müssten, sowohl was die zerbrechlichkeiten von familien, ehen und dergleichen betrifft als auch die freiheiten, sich seine verhältnisse immer wieder neu aufs glücklichste auszuverhandeln.


"was hat euch bloss so ruiniert?"

das leben.


Ich weiss es auch nicht. Für Neocons ist dieses verdruckste Herumhassen schick. Als Frustrierter kann man sich da prima austoben und wird dafür von seinesgleichen auch noch belobigt. Das lindert den Schmerz. Wuschelweich. Bei uns in Schweizhausen laufen auch Typen wie Prof. Mörgeli rum, der eigentlich die Universität nie verlassen hat, auf einer bombensicheren Professorenstelle hockt, sich von Multimillionär Blocher durchfüttern lässt und permanent gegen Sozialhilfeempfänger und Asylanten hetzt. Ich meine: Da stimmt doch was nicht. Das ist so eine Lust, erwachsener Männer, nochmal so richtig babymässig im Mittelpunkt stehen zu wollen, und sei es um den Preis, auf der Dinnerparty bei der Queen während der Tischrede laut rülpsen zu müssen. Hose runter und den zu kleinen Diddi richtig baumeln lassen. Midlife-Crisis. Früher hätten sie sich nen Porsche gekauft. Aber heute ist Krise. Da gibt man lieber den Narren. Ist billiger.


oh ja. das wird anstrengend werden. ich glaube, den ganzen leuten, die jetzt gerne behaupten, es sei egal ob hartz IV unter spd oder cdu, denen ist noch gar nicht klar, was auf sie zukommt. bzw: das wird ihnen wohl auch nie klar werden können, weil genau das wahrscheinlich die mitläufer und denkenlasser sind ...

bleibt erstmal nur: treffende neurodermitis-beobachtungen et. al. rausschleudern. super beobachtung, das.


nachdem ich das auch behaupte, dass es egal ist, würde mich jetzt interessieren, was auf mich unter der cdu noch oder anders zukommen soll. geht's wirklich schon wieder ums kleinere übel? ist der empire-diskurs völlig wirkungslos geblieben? wissen wir nicht längst, dass politische parteien in dieser formalen demokratie einen zusammenhang zu steuern vorgeben, der sich eher nicht danach richtet, wer was in berlin in eine pressekonferenz hineinspricht? zumal - wenn man schon in die national-popkulturellen feinheiten hineinwill - auf einem backlash, der schon unterm späten brandt begonnen hat. was hier jetzt verhandelt wird - matussek, meine güte - sind nach wie vor nichts als die demagogischen obertöne, mit denen sich empfindsame mittelschichten so leicht erschrecken lassen. jetzt passiert was, schalten Sie ein, lesen Sie selbst. rhetorisches geplänkel, das sich so rasch wieder geben wird wie damals das wendegeschwätz kohls. nach der "wahl" wenn das, was als links auftritt, wieder vollmundig einen geringfügig sonnigeren kapitalismus versprechen kann. der betrieb läuft derweil weiter in dieselbe richtung. das seltsame daran ist, wie so viele, kaum haben sie ihren fallmanager bei der arbeitsagentur kennengelernt, schon wieder ins reformistische bockshorn hineinzulaufen scheinen. und dass die alten reflexe noch funktionieren, also zb wie sogar praschl wieder auf die inzwischen sehr mürbe defense verfällt, den deutschen konservativen entgegenzuhalten, sie seien verweichlicht und international nur zweite liga. es wird keinen tendenzwechsel geben, wie es seit 30 jahren keinen gegeben hat. und make no mistake, was die staatlich besonders geförderten abhängigkeits- und unterwerfungsverhältnisse (üben, üben!) angeht - und eigentlich geht's ja eher um den anreiz, langfristige versicherungspolicen und sparverträge zu kaufen - hat diese regierung ihre historische mission mit der eingetragenen partnerschaft voll erfüllt.


was meine verweichlichungs-entgegenhaltungen betrifft, muss ich mich wohl missverständlich ausgedrückt haben; ich glaube ja eher, dass die letzten paar jahre die agenda, sowohl für die sozialdemokratrie als auch für die konservativen, darin bestanden hat, sich auf das weltniveau des endlich realistisch werdens zu bringen, blairismus für die einen, das phildelphia-modell für die anderen (falls sich jemand an herrn kochs bildungsreisen noch erinnert).


Matussek wird nicht verhandelt, mv. Er wird verarscht. Der Spiegel ist das MAD Magazine der Generation Koch.


Die Konservative

macht das bissel anders als der Konservative: Diese evangelische Albrecht-Tochter mit dem adeligen Gatten hatte irgendwann bei der Christiansen ganz viel Verständnis für diese 68er, die von ihren kriegstraumatisierten Eltern nicht genug Liebe bekommen hatten.

Umarmung mit christlicher Milde, demnächst dann für alle vom Berliner Ministerium aus.


ich denke, einer der unterschiede zwischen linken und rechten besteht darin, dass die rechten sich unaufhörlich von mobs umzingelt imaginieren, sie haben zu den leuten dasselbe verhältnis wie zu einer neurodermitis, dauert juckt es, und man wird es dennoch nicht los. ich glaube, dass das als kriterium zu dünn ist. paranoide und misanthropen sind auch mit linker gesinnung zu finden. wobei menschen mit solchen veranlagungen zum glück in keiner gruppe glücklich werden.


Bei "Frontal 21" gestern passend dazu:

Reporter: "Wie finden Sie den Heuschrecken Vergleich?" Wichtiger, aber gemeiner Hedge-Fond Investor, der tolle deutsche Firma aufkauft und zerschlagen will: "Lächerlich."

Offensichtlich hat man sich seitens der Hedge-Fond Manager wegen der bösen und gemeinen Fragen der deutschen Journalisten abgesprochen.


Die haben doch alle keine Ahnung von Heuschrecken.


damit das nicht ungesagt bleibt: den heuschrecken-vergleich finde ich aus diversen gründen nicht nur lächerlich, sondern erbärmlich. ebenso lächerlich ist der kumpaneske journalismus, die von den verglichenen auskunft über den vergleich will, harte fragen nennt man das wohl, herr magath, Sie haben den ruf, ein schinder zu sein. all das.