Bei der Motorola Design Tour gewesen. Dreiwetter-Taft-Globalismus, gestern Moskau, heute Hamburg, morgen Stockholm, übermorgen Milano. Über die Stämme in so einer Company nachgedacht, die Designer mit den Hemden über den Khakis, die Heads of Marketing in ihren Anzügen. Jim Wicks, der Chief Designer, spricht über eine Motorola-Abteilung namens PQ, die sich mit perceived quality beschäftigt. Was muss ich tun, damit mein Kunde dem Ding, das ich mir ausgedacht habe, hohe Qualität attestiert? Wie schwer darf ein Mobiltelefon sein? Wie schwer muss es sein? Wenn es zu leicht ist, hält er es für Schrott, wenn es zu schwer wird, ist es ihm unbequem. Das Motorola-Comeback via Design, du kannst dich vor dem Abstieg nur noch durch ein gutes Design retten, indem du dir Dinge ausdenkst, die fast haptische Gier auslösen, das muss ich haben, das muss ich anfassen können. Der Trick, den sie in das Razr eingebaut haben: außen eckig, powerful, männlich, Rasierer eben, angular, aber wenn du es aufklappst: eine flashing Tastatur; eine Art psychologischer instant gratification durch das Gerät als Bonus. Pebl, die neue Linie, ist dagegen rund, kurvig, weich. Wie ein Kieselstein, den du in der Hand halten willst. Das Material, das "weich" sein muss, Erkundungen eingeholt bei der Luftfahrtindustrie, bei Modefirmen und bei Schmuckherstellern. Im Press Kit steht über die Seouler Pebl-Designer Yoon Ho Choi und Kio Lee: "They started going to bars called Buddha and Zen" - als ein Beleg für ihre Suche nach minimalist aesthetic; falls man nicht immer Produkte herstellen müsste, dachte ich, könnte man statt in die Bars in die Tempel gehen und dem Bambus zuhören, wie der spricht, man müsste sich, dachte ich, keine sprechenden Kieselsteine ausdenken, die warm und weich in der Hand liegen, während du in der Buddha-Bar darauf wartest, dass deine Hand zu vibrieren beginnt. Ein gutes Produkt, sagte der Chief Designer, muss funktionieren wie eine Liebesgeschichte, zuerst muss dich die Schönheit umwerfen, aber wenn du länger mit ihm zusammen bist, musst du auch merken können, dass hinter der Schönheit eine Persönlichkeit ist, die du magst. Die Drei-Meter-Regel: Du musst aus drei Metern Entfernung wissen können, dass es dich anzieht, dass du es magst. Love is, dachte ich, a many splendored thing.
Immer die fehlgeleitete Hoffnung, dass all das in seiner finalen Übertreibung (als gäb's da ein Ende) umschlägt in einen Zustand der Utopie, der den zersprengten glitzernden Kram zum Sprechen bringt, oder zum Singen (warm und weich in der Hand liegend oder männlich|fest|kantig). Geschichtsdeterminismus des Designs, leben in einer schönen Welt. Muss nur weit genug getrieben werden, und du wirst schon sehen.
den ansatz von samsung, mobiltelefone per schütteln zum sms-löschen zu bewegen finde ich schon gar nicht übel.
Ich will so ein biomechanisches Taschentelefontier wie die Typen in Cronenbergs "eXistenZ".
captain james t. praschl