müde der grabreden






dann erzählen sie doch noch mehr von der liebe, das ist immer so schön.


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OT: Wie ging es dir/euch denn da in Ludwigsburg? Ich fand die Erfahrung seinerzeit sehr seltsam, drei Tage Kopfweh.


ich kann mich kaum noch erinnern, schon acht wochen her, dass das aufgezeichnet wurde, es lag noch schnee. wir sind da hin, weil wir uns so etwas gerne anschauen, lebensrecherche, lebensstudium, keine ahnung. die gesprächsführung kam mir ein wenig beschaulich vor, was einerseits nicht schlecht ist, sonst kann man ja nur 10 sekunden lang reden, dort waren es immerhin 30 oder 40. andererseits war es wieder einmal merkwürdig, zu erleben, dass fernsehen nie den fäden folgt, die von leuten ausgeworfen werden, das ist so eine mäander-panik, glaube ich. es gab passagen, an denen ich anders nachgehakt hätte als mein gesprächspartner, mehr ins blaue hinein, aber mit dem wissen, dass etwas anderes als das erwartbare käme. seltsam an der geschichte, die uns betrifft, war immer das verharren des moderators bei dieser hierarchiegeschichte; dass ich ihr, dann sie mein, dann wieder ich ihr vorgesetzter gewesen sei, die thematisierung der gefahr der unordnung durch so etwas unordentliches wie eine liebesgeschichte. und man hätte mehr über dieses und jenes sprechen können. dass arbeit vs. liebe eh erst seit dem 20. jhdt. ein gegensatz ist, zum beispiel. dass es eine merkwürdige vorstellung von liebe ist, wenn man denkt, dass es unter garantie langweilig und ausgehöhlt wird, wenn man den geliebten menschen tag für tag stunde um stunde sieht, zum beispiel. dass es vielleicht eine kümmerliche bescheidenheit ist, wenn man denkt, dass liebe nur in die reproduktionssphäre gehört, zum beispiel. ich kann mich aber kaum noch erinnern. und ich krieg die dvd erst. wahrscheinlich schäm ich gewaltig, wenn ich das dann sehe.


oh ja. beziehungen in der bundesrepublik deutschland. das ist immer wieder fabelhaft. immer noch regiert ja weitflächig der glauben, dass schrecklich allgemein männer und frauen eben so aufeinander stehen würden, weshalb es allerorten gefährlich ist, wenn sie aufeinandertreffen. auf der arbeit zum beispiel. aber auch sonst im leben. nichts ist sicher. alles ist bedroht. wann sich mal herumspricht, dass heterosexualität eben nicht bedeutet, prinzipiell auf jedes beliebige andere geschlecht zu stehen, das sich in reichweite befindet, sondern auf einen bestimmten typus, keine ahnung. habe die hoffnung noch nicht aufgegeben. bin aber immer wieder schockiert ob der zustände da draußen.

in kleineren städten bis 400 000 einheiten hält sich diese angst ja hartnäckig. deshalb hat sich eingebürgert, das aufeinandertreffen zu vermeiden, indem frauen nur mit frauen und männer nur mit männern befreundet sein dürfen. und paare machen natürlich nur was mit anderen paaren. könnte ja sonst was ... jedes mal wieder eine beklemmende atmosphäre, wenn man in so eine zwangsnormativierung eintauchen muss. wieland backes und sein setting hatten gestern auch etwas davon.

die hierarchiegeschichte ist hier nur ein mosaik-stein unter anderen. auffallend auch folgende anordnung: für die andauernden beziehungen saßen im gesprächskreis zwei männer, für die gescheiterten beziehungen saßen dagegen zwei frauen da - und es ist schwerlich vorstellbar gewesen, dort zwei männer hinzusetzen. vielleicht, weil männer einfach keine gescheiterte beziehung haben. that's a no go. zeit also, dafür wieder rolemodels zu entwickeln, es gab ja durchaus mal welche.

ps: zum schämen gibt es keinen grund. so ein zurückhaltendes leichtes durcheinanderbringen der erwartungen war eher angenehm. außerdem: super brillen!


stimmt. das hatten uns die redakteur/innen erzählt: dass sie keinen mann gefunden hatten, der auskunft geben wollte über die nicht so glatten geschichten. am telefon gerne, auf sendung nicht. und die sitzordnung war seltsam, bei diesem designerpaar und bei uns, die frau in der zweiten reihe, weil es sich in der ersten reihe sonst so gedrängt hätte, angeblich. macht man dann mit, denkt sich: ist halt so, hat eh nichts zu bedeuten; aber dann während des gesprächs dieses permanente unwohllgefühl darüber, dass irgendein optischer sitzordnungszwang eine vorne-hinten-perspektive erzwungen hat, die in unserem leben nie vorkommt. wie mein körper das anderthalb stunden lang gemerkt hat, dass das nicht geht, dass das falsch ist, eine unwahrheit. die brillen: ihre gucci. meine eine umgebaute ray ban, schon viel zu alt, wackelig, ersetzungsbedürftig. wollte eben eine haben, die monchrom schwarz, kein verlauf. bloß schwarz. schwer zu finden.


Man soll's nicht glauben, aber was mich Medienfuchs so völlig überrachte, war diese Künstlichkeit. Gesprächsvorbereitung, die Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Pseudo-Live-Situation, wer wann was aus welchem Grund gefragt wurde. Und natürlich, was man so mitmacht, wenn es einem die Meister der angewandten Psychologie nahelegen. Was dann doch geschnitten wurde, obwohl man nur mit zwei Minuten Überhang aufzeichnete. Und das Après-Ski im besseren Restaurant. Wir bekamen damals noch Videobänder.


ja. werde ich am fernsehen auch nie verstehen. die angst, dass etwas anders sein könnte als man sich ausgedacht hat. das scripten von live. die struktur, die dafür sorgen soll, dass dann alles genau so passiert, wie man es besprochen hat. die vorbereitungs-karten.

manchmal in den letzten jahren das zunehmende gefühl, dass print beginnt, ähnlich zu arbeiten. die listen mit den fragen, die man nicht stellen soll (als ob man sich interessiert hätte für das sexleben von irgendeinem, mit dem man eh nicht sex hat). der publicist. können Sie die fragen nicht schon vorab? und die verwunderung, wenn man sagt, dass in gesprächen sich die fragen doch erst während des redens einstellen. all so was. und dann immer wieder die erlösung bei den leuten, mit denen man spricht, wenn man nicht formatiert, nicht medial mit ihnen spricht.


Und der Schärfe der Kontrolle entspricht die Schärfe der Selbstkontrolle. Bei den paar Fernsehgelegenheiten habe ich mich immer erlebt im Gehorsam, im Gutseinwollen, im Männchenmachen. Nach Backes drei Tage Kopfweh, wie gesagt. Radio ist bei mir anders, Radio geht.