Medlar Lucan & Durian Gray, Die Kunst der dekadenten Küche. Ein Kochbuch für Ästheten, Gourmands und schräge Genießer, Edition Tiamat 2005 (Original 1995)

Das Pseudonym Durian Gray ist schon mal klasse (falls Sie nichts damit anzufangen wissen, fragen Sie im Asia-Food-Laden Ihres Vertrauens nach einer Durian). Der Rest auch. Eine Sammlung von Rezepten, die alle nicht gesund, nicht leicht, nicht Wellness, nicht vom Lebensmittelchemiker, Diätassistenten und Fitnesstrainer approbiert würden. Antikrömische Menüfolgen (Gebratener Flamingo, Mit Hirn gefüllter Tintenfisch, In Milch gemästete Schnecken), Rehabilitationen des Bluts, der Innereien und des Hautgouts, seltener verwandte, aber durchaus essbare Tiere wie Katze, Hund, Meerschweinchen. Dazu eine kleine, gut ausgesuchte Anthologie von Décadent-Texten über Orgien, Gelage, Bankette (Huysmans, Mandiargues etc.). Ein wenig zu sehr auf den shock value bedacht - wenn man sich ein wenig mit der cuccina povera auskennt, weiß man ja längst, dass Blutkuchen, Hoden, Seeigel, Insekten oder Nagetiere so selten nicht vorkommen in den Küchen der Welt -, aber das nimmt man gerne in Kauf. Es ist ja tatsächlich eine Schande, dass in einer Zeit, in der man sich vor Kochbüchern kaum noch retten kann, anständige Innereien- oder Blutwurst-Rezepte nur unter viel Mühe aufzutreiben sind.