Mich auf dem Nachhauseweg dabei ertappt, immer noch keine Sekunde lang eine Haltung zum Kopftuchstreit gehabt zu haben (mich immer öfter dabei ertappen, keine Haltung gehabt zu haben, siehe auch Gendebatte, Eliteuniversität, Metrosexualität, Kyotoprotokoll, Popliteratur, gestern abends "Post-Post-Bebop" [klang aber gut, muss ich schon sagen]). Immer noch nicht verstanden, warum kopftuchtragende Lehrerinnen infektiös wirken sollen, Schüler so wenig Immunsystem haben, dass durch Kopftücher bei ihnen der Islamismus (oder irgendwas anderes Schlimmes) ausbräche. Immer noch nicht glauben können, dass kopftuchtragende Schülerinnen präventiv Mitgefühl, Verantwortungsbewusstsein, besonderen laizistischen Schutz brauchen. Kurz Gedanken gehabt, die auf Einzelfallprüfung hinausliefen, mich gleich dafür geschämt, aber hallo!, wer ist man denn, Einzelfallprüfungen anzuordnen, und wären es imaginäre. Danach innerlich so etwas wie Symmetrie gefordert (von wem? von Gott, der Welt, der prästabilisierten Harmonie, ach lasst mich doch in Ruhe, vielleicht schreib ich einen Leserbrief an den Spiegel, und der kommt dann in diesen einen hervorgehobenen Kasten auf der Leserbriefseite, vielleicht kriegt man dann ja eine Freianweisung oder einen DVD-Player oder einen Reisewecker oder sonst eine kleine Geste). Symmetrie also: Wenn Koch & Ole Michel Alster dafür Sorge tragen, dass jedeR LehrerIn raus muss, derdie die Kids mit dem Glauben an die Metaphysik der gut geschriebenen Bewerbung quält und wenn sie endlich das gesellschaftliche Mitleid für jene Kinder organisieren, deren Pappis daheim den Alteuropafundamentalismus ins noch ungefestigte Weltbild hineingranteln, dann sollen sie die Kopftücher von mir aus auch. Toll, nicht wahr? Man schämt sich so, Haltung haben, keine haben, man kann sich nur noch schämen. Vielleicht aber ist das ja die Absicht (eine Verschwörungstheorie! Die wollen, dass wir uns schämen!)






Fragen stellen ist manchmal hilfreicher als Vorstellungen wälzen.

Mit welchen familiären und sonstigen Sanktionen müssen islamische Mädchen in Deutschland ganz konkret rechnen, wenn sie das Kopftuch verweigern? Und wer unterstützt die betroffenen Mädchen? (Bei Zwangsverheiratung und Entführung sind Mädchenzufluchtstellen und Jugendämter zuständig, aber wer kümmert sich im Alltag um weniger drastische Fälle?) Stimmt es, dass junge Frauen in manchen arabischen Stadtvierteln in Frankreich mit einer Gruppenvergewaltigung rechnen müssen, wenn sie kein Kopftuch tragen?

(Ich wäre als noch nicht volljährige Schülerin, der die Eltern damals den Wechsel vom katholischen Religionsunterricht zum Ethikunterricht nicht unterschrieben haben, gar nicht auf die Idee gekommen, jemand um Unterstützung zu bitten: Ich habe mich geschämt.)


Zum ersten Absatz: Was würde das besagte Kopftuchverbot nützen (falls man denn alle Ihre Fragen so beantworten müsste, dass man sich Sorgen um die Mädchen machen müsste)? Wäre nicht ein Gewalt-, Schikanierungs-, Drangsalierungs- und Einschüchterungsverbot eine angemessene Antwort - statt eines, das die Schulen vor Symbolen bewahren will? [Nein, das ist nicht eine rhetorische Gegenfrage. Ich habe nämlich so ein paar Sätze im Ohr, in denen es um "sollen sich anpassen" ging, und damit war nicht gemeint, dass gewalttätige Eltern sich einem Standard der Gewaltlosigkeit unterwerfen sollten.]


Ich behaupte ja gar nicht, dass ein Kopftuchverbot die Lösung ist.

Klar, die deutschen Konservativen kommen mit dem Abendland und der Pflicht der Einwanderer zur Integration daher. Aber deswegen muss doch niemand die tatsächliche Situation der Betroffenen übergehen, um nicht in Verdacht zu geraten, irgendwem zuzuarbeiten oder sonstwas. Ich mag mich jetzt nicht in ein Lager reinschieben lassen.


ich hoffe, Sie haben mich nicht missverstanden: ich habe Ihnen nicht das geringste hinterhervermuten wollen, was Ihre positionen betrifft.


keine haltung zu haben

ist doch auch eine haltung.

bei der debatte bitte ich nur zu bedenken, dass lehrerinnen und schülerinnen mit kopftüchern auseinander gehalten werden. bei den einen gehts um hoheitliche aufgaben, und damit kennt man sich hier spätestens seit dem extremistenerlass gut aus. die anderen stehen gar nicht zur diskussion


Manchmal wünsche ich mir, diese Dinge wären so einfach zu handhaben wie auf dem Computer. Einmal draufklicken: Markieren. Zweimal draufklicken: Starten.


Meine Haltung dazu wartet jedenfalls solange in der Druckerschleife, bis Nonnen mitgemeint sind.


der schleier ist politisch. hat schon fanon erklärt. damals in einem postkolonialem kontext. die franzosen haben die frauen geködert, den schleier abzulegen, damit wurde er für die algerier ein symbol der nationalen einheit. jetzt also im namen der religion. deren bedeutung hier im seit ewigen zeiten sekulärisierten inzwischen postmodern zerfaserten christentum sowieso schwer zu ermessen ist. ich schwanke bei der frage immer hin und her. meistens meine ich aber, dass das verbot das kleinere übel ist, um ein zeichen gegen den aggresiven islamismus zu setzen und eine lehrerin sollte schlau genug sein, diese begründung zu verstehen, wenigstens hinzunehmen. andererseits ist es aber auch ziemlich woodoo, dass sich hier lehrerinnen von ihrem kopftuch und damit symbolisch von menschenrechtsverletzungen und terror trennen sollen.


Gegen CSU-Voodoo ;-)

Wenn man den Aussagen der Landtagssozis vom letzten Herbst glauben will, gibt es hier in Bayern gar keine Lehrerinnen, die mit islamischem Kopftuch unterrichten wollen. Auch deshalb mag ich diese spezielle Diskussion nicht mehr führen, sie geht an den Problemen der Schülerinnen vorbei. (Deshalb habe ich da oben ein paar Zusatzfragen eingeworfen.)


@parka:

nonnen sind ordensleute, sie haben eine aufgabe innerhalb der kirche. der ornat ist ihre uniform. das ist nicht mit dem kopftuch/schleier/etc zu vergleichen. ob nonnen in staatlichen schulen unterrichten sollen ist eine andere frage(in meiner schulerlebenswelt haben ordensleute nicht in schulen gearbeitet, ich kenne das nur aus geschichten von vor dem sog. "2. 30jaehrigen krieg"(spiegel, die pannemaenner)).


dieses untergrundgemurmle: die frauen tragen kopftücher, die frauen sollen sie ablegen und sich befreien, die frauen sollen sich befreien. die frau, die frau. kopftuch ablegen, bh ablegen. befrei dich, frau. wenn du dann mitkriegst, dass du immer noch deine tage in der küche verbringst, pft, nicht unser bier. warum beschwerst du dich, du musst jetzt wenigstens beim kochen kein kopftuch mehr tragen und kannst die linsensuppe für deine lieben mit sorgsam hineingezupften rachehaaren würzen.


vleicht

lieber im gesche gottfried kochbuch blaettern und die ganze sippschaft ausrotten.


moment ma

von wegen, die sollen sich befreien. sagt ja keiner. die sollen machen, wozu se lust haben. mir doch egal. nur inne schule hamse nix verloren


kein Kopftuch = kein Symbol = keine Ideologie ???

Eine Lehrerin ohne Kopftuch ist immer total 'objektiv' und ideologiefrei. Sie drangsaliert die Schülerinnen nicht mit ihrer eigenen 'Meinung', sondert erzieht sie nach 'guten' allgemeinverbindlichen Werten. Sie vertritt den Konsens. Die Erziehungsmaschine funktioniert. Alles ist gut.


das is ja sowieso nicht zu leisten,

mir persoenlich wuerde auch ehrlich reichen, wenn die ganzen lebensunfaehigen und die ausgebrannten aus den schulen verschwinden. nur: die 50leute, die dann in deutschland uebrigblieben, die sind wohl zuwenig fuer einen geregelten schulbetrieb. an dieser stelle ein gruss an frau k., die beste lehrerin, die ich je hatte!!


ich weiss ja nicht, herr supatyp, was Sie so lesen oder hören, aber ich kenne massig antikopftuchargumentierer, die sich alle links verorten, bei denen die befreiungsangelegenheit mitspielt: die lehrerinnen dürfen keine kopftücher tragen, weil dadurch die schülerinnen von ihrer selbstbefreiung abgehalten werden.


ah so, schuldigung,

ich kenn so leute nicht. habe ich keine zeit für.


@ mutant & überhaupt

Nee, umgekehrt: Wer religiöse Symbole (und wie demonstrativ die sind, entscheidet der Kontext, in den 80s waren das die orangenen Kutten von Bhagwan) von öffentlichen Orten verbannen will, der soll das so regeln, dass das alle Religionen betrifft; und im Zuge dessen endlich mal die Laizismusfrage letztgültig entscheiden. Wenn dabei Nonnen & Kruzifixe rausfliegen, soll mir das recht oder vielleicht auch nur egal sein. Erst harte Festplattenpartition, dann logische Unterpartition.


ich fände es gut, wenn man die Kopftücher aus der Schule wegliesse. man hilft bei einer Duldung vielleicht doch im Namen der Toleranz von vornherein dabei, bereits in jungen Jahren ein "wir und die"-Gefühl mit aufzubauen, zu verstärken und einzupflanzen. ein: -"die" sind anders als "wir", und das müsst und sollt ihr verstehen und verinnerlichen und akzeptieren und ab jetzt für immer glauben-, eine Art Vorstufe zum Aufbau von Fronten und Lagern. ich persönlich möchte das Vorhandensein dieses Andersseins jedenfalls für mich nicht so einfach akzeptieren und bin auch nicht dazu bereit, diese Idee von "Anderssein" für mich auf die Art anzuerkennen, auf die es von fast allen Seiten immer wieder indirekt gefordert wird. ich sehe immer wieder nur ein zufälliges hier oder dort geboren sein, zufällig die oder die Erziehung abbekommen haben, ein zufälliges dem und dem Kulturkreis angehören u.s.w., und ich glaube dass all diese Symbole, egal von welcher Seite, eher immer wieder zu dauerhafter Spaltung und Grüppchenbildung anregen, als Toleranz und Verständnis füreinander zu fördern. vor dem Verständnis für den anderen als Angehörigen einer Nation und eines Glaubens, sollte vielleicht doch besser das Verständnis für den anderen als Menschen im grundsätzlichen Sinne stehen und vermittelt werden, ganz unabhängig von dem jeweiligen einem ein Leben lang aufgepfropften Denken...ansonsten: mir hat bisher noch nie jemand befohlen ein Kopftuch zu tragen, deswegen werde ich im Gegenzug auch den Teufel tun, anderen zu erzählen, sie sollten ihres doch abnehmen...


wenn mir das einer vor 20jahren gesagt haette,

haette ich sehr gelacht, aber mittlerweile finde ich schuluniformen fast so erstrebenswert wie ganztagesschulen. gehoert aber vielleicht schon eher hierhin: nothing.antville.org


i´m with you mutant.

Schuluniformen sind praktisch, und sexy.


das ist doch eine meinung

<a href="sweetmaker.blogger.de"target=_blank>letztendlich geht es jedoch um die frage ob eine tolerante gesellschaft es sich leisten kann untoleranz zu tolerieren