gerade völlig anlass- und kontextlos die beklemmende empfindung gehabt, dass der kurrente kapitalismus und die verbleibende linke eh nur dasselbe wollen: die verarmung der massen. im ersten fall heißt das "reformen", "selbstverantwortung" &tcpp., im zweiten ist das eher nur so ein vager eindruck: protestantische genügsamkeit, das motiv der "autonomie" usw., dem meistens ja auch diese aversion gegen das warenanhäufen, das konsumistische, das verschwenderische leicht anmerkt, das verständnis immer für die ärmsten schlucker (statt des unverständnisses für alle konstellationen, die arme schlucker zu armen schluckern gemacht haben) usw. ich könnte aber nicht behaupten, dass ich darüber gründlich nachgedacht hätte.






Sehe ich soweit ganz ähnlich, zugegeben auch ohne weiter gründlich nachgedacht zu haben. Ist ja auch in dieser Boykott-Manie vieler Linker und Artverwandter zu bemerken, die statt dem "Reichtum für Alle" (der ja eigentlich, nach wie vor, oberstes Ziel bleiben sollte) eher den "Naturkostladen in jeder Straße" installiert - mit entsprechender Teuerung der Lebenskosten. Wie überhaupt dieser ganze, richtig angesprochene Fetisch der Armut im Gegenentwurf des Modells "Bauwagenplatz" zu urbanen Lebensformen etwa.

Wo es einst um "die ganze Bäckerei" ging, geht's mittlerweile, wie's scheint, eher um Brot von gestern, zum halben Preis.

Aber wie gesagt: Ebenso nicht gründlich durchdacht. Vielleicht ist's auch wieder ganz anders. Yuppie-Punx fuck off!?


ey,

ich waere gerne yuppie-punk, mir mangelt es nur am noetigen kleingeld.


Dann wären wir ja schon zu zweit! Welche Kategorie wählen wir für uns? "Verhinderte Yuppie-Punx"? Oder "Yuppie-Punx mit Handycap" oder auch nur "Pseudo-Yuppie-Punx"?


naja,

yuppiepunk wurde uns schon mal nachgesagt(einige ameisen hier sind auch davon betroffen gewesen), sollte wohl beleidigend sein, fand ich aber huebsches etikett. besser als sone verhaermte, gepeircte veganfresse, die nur crustcore aus polen hoert.


Im Grunde sind das alles Parteien der Arbeitsethik, Gewerkschaften inklusive. Wer möglichst viel schuftet ist gut. Wer 14 Stunden am Tag rackert, darf das Maul aufmachen - es nützt ihm nicht viel, aber er darf.


momentan habe ich den Eindruck, der Staat holt sich das Geld wo er noch welches finden kann. "Wie, du hast Vermögen? Igitt, das ist unsozial und kapitalistisch. Gibs her, das wird erst mal umverteilt." der Staat verhält sich wie ein Bauer, der das Saatgut für das nächste Jahr auffrisst. dabei spielt es keine Rolle, warum jemand noch etwas hat oder warum ein anderer nichts hat. und: die Bevölkerungsgruppen werden in eine Neidkampagne gehetzt: die Kinderreichen gegen die Kinderlosen, die Arbeitsplatzbesitzer gegen die Sozialhilfeempfänger usw. ich will weg hier, aber wohin?


Gestern im Radio ein Interview mit einem Herrn Sinn vom Ifo-Institut gehört (hat ein Buch geschrieben: "Ist Deutschland noch zu retten?", tja) und die ganze Zeit mich gefragt, ob ich recht verstehe: Er schlägt vor, Sozialhilfe umzuverteilen als Zuschlag auf Billigstarbeit und so die Schwelle eines Mindestlohns, den die Sozialhilfe fatalerweise (sagt er) setzt, zu senken. D.h. hier geht es um das Schaffen von Jobs als reinen Selbstzweck, der nichts bewirkt, als dass die, die keine Arbeit haben, jetzt jede nehmen müssen, die ihnen irgendwer zu einem subventionierten Dreckslohn bietet, weil sie von der Sozialhilfe dann schon überhaupt nicht mehr leben können (was genau der Punkt ist). Die ultima ratio ist nicht das Wohlergehen der Leute, noch nicht einmal die Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse (das glaubt ein Herr Sinn nur), sondern der der Statistik aufhelfende Job als Strafe, für die man sich dann gefälligst zu bedanken hat.


Die müssen halt die Zahlen hinkriegen. Das ist Powerpointpolitik.


Ich erinner' mich noch dran, als damals, zur Wendezeit, immer ordentlich gen Osten gedisst wurde. Dass da Arbeitslosigkeit quasi verboten sei und deswegen noch die dümmsten Jobs dreifach besetzt wurden. Dass dann im Museum zum Kartenabreißen drei oder mehr Leute gebraucht werden und so. Bei dem ganzen Fetisch Arbeit, dessen Ausprägung ich da in den letzten Jahren Zeuge zu sein glaube, driftet man nun aber selbst genau in diese Ecke.

Dabei ist die "Vernichtung von Arbeit", jetzt mal salopp gesagt, seit jeher oberstes Anliegen der Menschen gewesen. Jede Modernisierung verfolgt doch nachgerade den Zweck der Arbeitserleichterung, bzw. - minimierung. Und dass, in Folge, mehr und mehr Arbeit "verpufft", ist doch, letztendlich, eigentlich sogar begrüßenswert.

Aber was nicht sein darf, kann eben auch nicht sein. Lancieren wir eben eine Kultur der Sinnlos-Jobs und totalen Liberalisierung: Working poor! Ist offenbar besser als Wohlstand. Dass man's auch kapiert, das hat schließlich keiner verlangt.


hat doch der siebeck mal gesagt:

das mit dem sozialismus haette besser funktioniert, wenn die jungs einen hummer in jedem arbeiter-kochtopf gefordert haetten. genuegsam kann ich/muss ich im kapitalismus eh sein... ich haette allerdings lieber was anderes im topf, hummer sollen schwimmen.


Und der Trittin...

... oder wars der Fischer (?): "wenn man danach nicht gut essen gehn könnte, würd sich ja die ganze Revolution nicht lohnen". oder so ähnlich - naja, vielleicht hab ich mir das Zitat jetzt auch bloss eingebildet...


die dummen

ficker haben noch keine revolution gemacht, die essen nur. war sicher rezzo sein schlauch, btw.


das verständnis immer für die ärmsten schlucker:

und für ihre Ressentiments, die man sich dadurch schleichend aneignet: das ist es, was mich bei fast jeder Zusammenkunft in meinem angestammten Milieu immer wieder schon angesichts von Satzanfängen zusammenzucken lässt. »Da ist einem was weggebrochen« sagte ein Freund von mir neulich, seine schwindende Zugehörigkeit zu jenem Milieu bilanzierend.


einerseits mein methodisches Widerwort: sie basteln sich ein Feindbild und übersehen die Geschichten dahinter (das ist grundsätzlich) aber anderseits interessant: das wäre eine Erklärung dafür, warum der Aufstand gegen den Sozialkahlschlag ausbleibt, weil er nämlich als ein irgendwie linkes Projekt daherkommt.


was soll ich sagen: wenn es darum ginge, sich ein feindbild zu basteln, müsste sich das ein wenig feindlicher, wütender etc. anfühlen. es ist aber einer eher beklommene empfindung & eher eine resignative. und, wie gesagt, eine empfindung eher als ein gedanke oder gar eine analyse.

die geschichten dahinter, die ich übersehe: was meinen Sie damit?

das andererseits kann ich nicht sehen. ich glaube, dass kein einziger sozialdemokrat oder grüner diese verarmungsmaßnahmen sich selbst als etwas linkes verhübschen und legitimieren will; das gerede vom "wir müssen alle verzichten", "wir müssen alle solidarisch sein" ist zu fadenscheinig, als dass das noch ginge.