Sind Sie gegen den Krieg?
Sind Sie gegen jeden Krieg oder gegen diesen besonderen Krieg?
Sind Sie entschiedener gegen diesen Krieg als gegen andere Kriege?
Warum?
Glauben Sie, dass es darauf ankommt, wofür oder wogegen Sie sind?
Glauben Sie, dass es darauf ankommen sollte? Warum?
Glauben Sie, dass ein Krieg, in dem amerikanische oder europäische Interessen keine Rolle spielen, in Ihnen ebensoviele Gedanken und Gefühle auslöst als der Krieg gegen den Irak?
Liegt an es an Ihrer Informiertheit, ob Sie gegen den einen Krieg mehr als gegen einen anderen sind?
Haben Sie sich jemals selbst über einen Krieg informiert, an dem die Nachrichten in Ihrem Land kein Interesse hatten?
Hätten Sie ein schlechtes Gewissen, wenn man Sie auf die Kriege aufmerksam machte, für die Sie sich von selbst nie interessiert haben?
Lassen Sie es beim schlechten Gewissen bewenden?
Interessiert Sie der Krieg gegen den Irak deswegen mehr, weil bei ihm die USA eine entscheidende Rolle spielen?
Interessiert Sie der Krieg gegen den Irak deswegen mehr, weil er Interessen Ihres Landes berührt?
Haben Sie sich jemals gefragt, welches Interesse Ihr Land an der Situation im Irak hat? Haben könnte? Haben sollte?
Hat Ihr Land an der Situation im Irak ein berechtigteres Interesse als zum Beispiel Tonga, Peru, Neuseeland oder Luxemburg?
Bestätigt der Krieg gegen den Irak Vorurteile, die Sie gegen die Außenpolitik der USA haben?
Glauben Sie, dass die Außenpolitik Ihres Landes vernünftiger ist als jene der USA?
Falls ja: Aus Einsicht? Oder weil sie über die Mittel nicht verfügt, die den USA zur Verfügung stehen?
Sind Sie gegen diesen Krieg, weil es die USA sind, die ihn wollen?
Sind Sie gegen diesen Krieg, weil es der Irak ist, gegen den er geführt wird?
Sind Ihnen die irakischen Zivilisten wirklich wichtig?
Haben Sie sich für das Los der irakischen Zivilisten eigentlich jemals interessiert, als gerade kein Krieg gegen den Irak geplant und angekündigt wurde?
Ist es für Ihre Haltung gegen den Krieg wichtiger, dass er das Leben von Zivilisten kostet, dass er ein Präzendenzfall für weitere Kriege sein könnte, dass er das Völkerrecht bricht, dass er die USA noch mächtiger macht, oder dass er zu unabsehbaren Konsequenzen führt?
Können Sie die Antwort auf die letzte Frage mit Ihrer Moral vereinbaren?
Zwingen Sie sich dazu, bei der Beurteilung von politischen Entwicklungen Ihre moralischen Impulse aus Ihren Überlegungen herauszuhalten?
Glauben Sie, dass sich die USA bei Ihrem Kriegskurs von moralischen Erwägungen leiten lassen?
Wie auch immer Sie die letzte Frage beantwortet haben: Stört Sie das? Und warum (nicht)?
Ist Ihnen der Krieg gegen den Irak unangenehmer als das Regime, gegen das er geführt wird? Warum (nicht)?
Was genau stört Sie an dem Umstand, dass es nicht die Iraker selbst sind, die Saddam Hussein aus seinem Amt vertreiben werden?
Was genau stört Sie daran, dass der Krieg gegen den Irak möglicherweise das Völkerrecht brechen wird?
Wissen Sie überhaupt, was im Völkerrecht steht? Haben Sie die einschlägigen Texte jemals selbst gelesen oder sich über sie halbwegs informiert?
Sind Ihnen diese Fragen lästig?
Glauben Sie, dass vom Irak eine Bedrohung ausgeht? Für wen?
Halten Sie es überhaupt für legitim, die Frage zu stellen, ob vom Irak eine Bedrohung ausgeht - oder möglicherweise für eine unzulässige Einmischung in die Angelegenheiten eines souveränen Staates?
Glauben Sie, dass dieser Krieg "für Öl" geführt wird?
Falls ja: stört sie das mehr als zum Beispiel ein Krieg, der "für Menschenrechte" geführt wird?
Gibt es für Sie gute Gründe für einen Krieg?
Falls ja: Was macht diese besser als die Gründe, die für den Krieg gegen den Irak vorgebracht werden?
Könnten Sie sich vorstellen, dass der Krieg gegen den Irak möglicherweise auch gute Folgen haben könnte?
Falls ja: Warum fällt es Ihnen schwer, es zu akzeptieren, dass gute Folgen durch Mächte herbeigeführt werden können, die aus verwerflichen Gründen und mit verwerflichen Mittel handeln?
Ist es vielleicht vor allem das selbstgerechte, arrogante, kompromisslose und blutdürstige Auftreten der amerikanischen Regierung, dass sie gegen diesen Krieg einnimmt?
Würden Sie weniger gegen diesen Krieg sein, wenn er von moralisch gebrochenen, Bedenken mehr simulierenden, Menschenrechte vortragenden, zweifelnder wirkenden Politikern vorgetragen würde?
Was hätten Sie eigentlich dagegen einzuwenden, wenn die USA im Nahen Osten mächtiger würden? Und von welchem Standpunkt aus?
Nervt Sie dieser Krieg?
Falls ja: schämen Sie sich dessen?
Haben Sie jemals Freunde und Bekannte mit Ihren Auffassungen über diesen Krieg behelligt?
[wird fortgesetzt]
Auch die Kriegsgegner sind noch ziemlich eindimensional geschrieben
Dass die halbe Welt damit beschäftigt wird, sich Argumente Für und Wider auszudenken und kühl zu erörtern, wann es losgeht, war gestern noch das Entsetzliche. Und dass man gerade noch unangenehm empfindet, dieser Ausnahmezustand werde wieder keiner bleiben. Kann man noch - ohne zu lachen, meine ich - von "politischen Entwicklungen" sprechen, da UN-Resolutionen restlos von der Kulturindustrie vereinnahmt worden sind?
Nach dem zweiten Glas Wein fange ich neuerdings schon an zu glauben, ein Krieg könnte gar nicht stattfinden, wenn man seinen Veranstaltern keine Aufmerksamkeit schenkte. Warum z.B. lachen eigentlich nicht mehr, wenn die Figur Rumsfeld die Gefährlichkeit jener Waffen beschwört, deren Lieferung massgeblich befördert zu haben man ihr nachsagt? Aber nichts gegen Rumsfeld, denn der hat wenigstens Humor.
Nicht das Für oder Wider eines (des) Krieges ist der Kern der Debatte, sondern ob Mord (nicht an Figuren, sondern als gewaltsam herbeigeführte Löschung von Melderegistereinträgen) legitimer Bestandteil des Unterhaltungsprogramms wird. Andersherum: Grossen Teilen des Publikums scheint die Fiktionalisierung in der aktuellen Folge noch zu dürftig zu sein.
meine wahrnehmung ist ohnehin, dass im "krieg gegen den irak" mehrere kriege ineinandergestapelt sind (ich weiß auch nicht, wie man das ausdrücken soll, immer weniger...), europa gegen usa, deutschland in europa, england oder frankreich, usa gegen uno, usa gegen saudis, alle um die zuständigkeit im nahen osten, achsenbildungen, völkerrecht, neuordnungen, grüne gegen vernunft, usw. usf.
am ende werden aber nur die iraker bombardiert werden, die überflüssigsten in diesen planspielen.
gestern habe ich wieder einmal den satz gehört, man könnte den krieg nun nicht mehr nicht führen, weil man sonst das gesicht verlöre. und ich sofort wieder reflexhaft gedacht: dass das so schlimm auch wieder nicht ist wie einen arm oder ein bein abgeben zu müssen beim weltordnungsrecyclingplatz. und mich sofort wieder gehasst für die reflexe. eh alles nur posing, meines auch. wird nicht weniger dadurch, dass man sich durchschaut.
eh alles nur posing, meines auch. wird nicht weniger dadurch, dass man sich durchschaut.
Ich weiss nicht. Wenn das eh klar ist, warum es dann immer noch einmal wiederholen? Das kommt mir so poserhaft vor wie Mr. gHacks dauernde Beteuerungen er wäre nicht interessant, ein Langweiler, usw. usw. Ihr beide macht was, es ändert wahrscheinlich die Welt nicht, aber es soll tatsächlich Leute geben, die etwas davon haben. Publikumsbeleidigung durch Selbstabwertung ist einmal lustig, danach wird's fad.
ja und nein.
was bei mir hinter solchen sätzen steht: ich will (auch mich) immer wieder einmal daran erinnern, dass das weblog hier und die argumente nichts ändern, keine macht haben. sollen sie auch nicht (weil es ja die einsicht gibt, dass das hier keine macht hat). aber man soll es auch nicht glauben, nicht einen augenblick lang.
sozusagen ein disclaimer, der mit penetranter periodizität daherkommt. "denken Sie bloß nicht, ich wüsste nicht, dass das hier nur öffentliches privatisieren ist. halten Sie es bitte nicht für etwas anderes als öffentliches privatisieren."
bei mir (für herrn hack kann ich ja nicht sprechen) hat das einiges mit der publikationsform "weblog" zu tun. ich will, dass dieses weblog hier nicht wichtig ist - in dem sinn, in dem journalismus (den ich ja auch betreibe) oder literatur (die ich ja auch betreibe, allerdings nur ganz selten öffentlich) wichtig sein können. dieses weblog hier soll (jedenfalls gehört das zu meinem programm) posen auf- und wieder abbauen, sich selbst immer wieder durchstreichen, sich selbst kritisieren, sich selbst überführen, verdächtigen usw. es soll sich auch gegen den autor richten, gegen die maskeraden, die er sich zulegt und in die welt setzt. all so was. das ist für mich das interessante an weblogs. deswegen immer wieder der selbstdefaitismus. der natürlich auch nur meta-posing ist, aber auch gut begründet, denke ich, posen werden ja nicht weniger poseurhaft, wenn man sie begründen kann.
und natürlich auch das realitätsprinzip. der hinweis darauf, wie unwichtig unsere verrenkungen alle sind. gemessen an dem, was wichtig wäre. man kann auch sagen: es ist nur der hinweis auf die wirklichen machtverhältnisse und ohnmachtverhältnisse. wir wissen beide, glaube ich, wie man sie verändern müsste. aber vermutlich müssen wir beide beim gedanken daran, was notwendig wäre, hysterisch lachen. was die selbstlähmung der linken intelligenz nur vergrößert. weia weia. ich glaube, das wichtigste kapitel philosophie, das ich je gelesen habe, ist das unglückliche bewusstsein bei hegel. und vielleicht noch das kierkegaardgemaule über hegel.
das noch: ich weiß schon, wie kokett es wirkt, ewig der eigene existenz ewiges posertum nachzusagen. fishing for trost oder etwas in dieser art, und man muss auch dankbar dafür sein, wenn die leser es für koketterie halten, sagt es doch nur, dass man, die argumente, die texte wunderbarerweise etwas bedeuten. aber was, wenn die selbstverdächtigung, der selbstekel, ernst gemeint wären? ach, die abgründe des ironischen...
und das publikum wollte ich nie mehr beleidigen und beschimpfen als mich selbst.
was ist wichtig? der Leitartikel in der "großen" Illustrierten oder der Tageszeitung, der Kommentator in der Nachrichtensendung, irgendein(e) selbsternannte(r) Fachmann(frau) für wasauchimmer? Lassen Sie doch Ihr Publikum entscheiden, ob es ihm wichtig ist, an den Widerhaken ihrer Fragen oder Gedanken(splitter) hängen zubleiben ... auch (oder gerade) wenn es manchmal weh tut
ja und nein.
ja: weil der leser sowieso mit allem, was der leser liest, tut, was der leser will. und man als autor nie dagegen auch nur irgendetwas ausrichten könnte. schon der versuch wäre anmaßend & lächerlich. so weit, so gut.
nein: weil in diesem ding hier der autor dem leser immer wieder sagen kann: das ist möglicherweise rhetorik, das ist möglicherweise pose, das ist möglicherweise strategie, das ist möglicherweise theater. gib acht, leser. gib acht, der autor kennt sich, der autor weiß, er ist zu vielem fähig, dem autor unterlaufen fehler, projektionen, der autor traut sich selbst hin und wieder das schlimmste zu, der autor führt sich selbst oft genug in die irre, vielleicht, leser, ja auch dich.
öffentliche texte, in denen der autor den lesern solche warnungen geben kann, gibt es wenige. das hat seine gründe: journalismus zum beispiel will sich selbst nicht bezweifeln (darum gibt es in medien zwar medienseiten, aber nie über sich selbst). und literatur, die sich selbst unterminiert, läuft permanent gefahr, das nicht zu überleben. deswegen, hier, und das habe ich nur für mich beschlossen (und würde ich von anderen nie fordern): gelegentlich mal äußerungen von der art - dass der leser dem autor immer wieder möglicherweise misstrauen sollte.
ich halte das für ein privileg, das weblogs haben. weblogs können ihren lesern auskunft über ihre produktionsbedingungen geben. journalismus könnte das zwar auch, er tut es aber nicht (dass das mit macht zu tun hat, wird man leicht verstehen können). wie schön wäre es zum beispiel, wenn in der faz oder im spiegel bei jeder geschichte stünde, warum sie da steht. wer sie durchgesetzt hat, wie lange sie auf halde lag, wie die diskussionen darüber gingen, welcher ressortleiter sie warum bei welchem autor bestellt hat, und so weiter, warum welche sprechweisen gewählt wurden, welche rhetoriken usw. usf.
weblogs könnten das. dass sie es können, ist ein privileg. sie müssen es nicht in anspruch nehmen, aber sie könnten es. hier soll es in anspruch genommen werden. manchmal jedenfalls. und sei es auch nur, um herauszufinden, was geschieht, mit dem geschriebenen, dem autor, den lesern, wenn man das hin und wieder thematisiert.
was aber der leser damit macht, bleibt ihm überlassen. es ist seine freiheit.
Sehr schön, greift den Gestus der Fragebögen von Max Frisch auf und wendet ihn an. Eine Anzeige für alle größeren Tageszeitungen? Geld müsste man haben.
kennst Du übrigens den fragebogen für arbeiter von marx. immer noch mit gewinn zu lesen. das beantworten von fragen als ausgangspunkt für eigene recherchen und selbstaufklärung. war mal in einem ganz alten kursbuch abgedruckt, samt einer aktualisierten fassung (weiß aber nicht mehr, von wem diese stammte, kann sein: von negt, aber das ist eher eine vermutung als eine halbwegs sichere erinnerung)
Wirklich interessant, war in keinem ML-Lehrbuch zu finden. Die Schüler hätten ja anfangen können, selbst Fragen zu stellen.
oh, stimmt. daran habe ich gar nicht gedacht. dass es mal ml-lehrbücher gegeben hat...
Fehlt noch:
"Glauben Sie, dass die Weltwirtschaft sich nach einem schnellen Krieg sich wieder erholen wird und Sie danach vielleicht wieder einen Job kriegen?"
was mir ziemlich auf die nerven geht, ist dieses dauernde gequatsche über diesen krieg. sollte es allerdings dazu führen, dass er nicht geführt wird, dann würde ich meine kritik sofort zurücknehmen.
wieso gibt es plötzlich nur noch saddam und den irak und die wahren probleme (arbeitslosigkeit, umwelt, kinderlosigkeit, völkerverständigung) werden völlig aus den augen verloren? diese geschichte ist eine riesige volksverdummung und ein ablenkungsmanöver. das erinnert schon irgendwie an braune zeiten. schade eigentlich, dass saddam kein jude ist. dann würde uns dieser ganze blödsinn erspart bleiben. die weltverschwörung ist halt heute nicht mehr jüdisch sondern arabisch. ist das ein fortschritt? wann werden bush und konsorten endlich verstehen, dass es im 21. jahrhundert nur noch eine nationalität geben kann und das ist die weltbürgerschaft. um auf dieser erde noch hundert jahre einigermaßen gut leben zu können, müssen die grenzen fallen und die probleme gemeinsam angegangen werden. ich habe keinen bock mehr auf diese kurzsichtigen amerikanischen alleingänge. die werden uns alle noch teuer zu stehen kommen.