karl-markus gauß: die hundeesser von svinia.
einer schaut sich an, wie die roma in der slowakei, eu-erweiterungszone, leben. es sind dann aber, kommt er bald drauf, nicht roma, sondern roma, ciganes und degesi, jeder menschenhaufen schafft sich ja gleich weitere menschenhaufen vom hals, mit denen er nicht redet, die er nicht riechen kann, und sowieso können sie auch immer gleich erklären, wieso.
die degesi also, einen halben kilometer vor der stadt und am ende der welt.
Im Juli 1998 war die Mala Svinka vernichtend auch durch Svinia gezogen. [...] In jener Nacht war über die ganze Siedlung ein zäher Brei aus Lehm, Geröll, ausgerissenem Gesträuch gekommen; einzig die alten Steinhäuser, die noch aus der realsozialistischen Ära stammten, überstanden die Flut. Die Holzhütten und Lehmbaracken wurden zerstört. Das Erstaunliche, nein Erschreckende aber war, daß die Leute wie ohne Gedächtnis für ihre eigene Siedlung waren. Vier Wochen, nachdem die Mala Svinka ihren Ort verwüstet hatte und sich die Mitarbeiter des Svinia Projects daran machen wollten, den Ort neu aufzubauen, konnten seine Bewohner nicht mehr sagen, wo sie ihre Hütte gehabt hatten und wer ihre Nachbarn gewesen waren. Es brauchte Wochen, sie mittels Bilder, Zeichnungen, konstruierter Modelle daran zu erinnern, wie ihr Ort ausgesehen hatte und welches ihr Platz in ihm gewesen war. 'Sie haben alles vergessen, sogar sich selbst', sagte Martina.[...]
Irgendwann vor vielleicht fünfzig Jahren ist das Roma-Dorf von Svinia von der Welt vergessen worden. Wer immer Kraft hatte, aus der Apathie auszubrechen, die sich über die Siedlung legte, war verschwunden, Leute mit besonderen Fähigkeiten im Handwerk, im Musizieren, Leute, die irgendwo Verwandte hatten, bei denen sie Station machen konnten; die zurückblieben, versanken in eine Art von Schlaf, und ihr Ort rutschte immer weiter aus der Zeit, die den Ort umgab, aus der Zeit, in der die Welt verging und dabei die Welt veränderte. Die Zeit von Svinia, schrieb Musinka, war irgendwann stehengeblieben, und als der Ort in den neunziger Jahren wieder entdeckt wurde, stellten die ersten Besucher, stellten David Scheffel, Sasa Musinka, die Studenten und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen erstaunt fest, daß die roma nicht nur in einer anderen Zeit zu leben schienen, sondern gewissermaßen jenseits von ihr, ja daß sie keinerlei Zeitempfinden, das dem unseren ähnlich war, hatten. Was vorgestern und was voriges Jahr geschehen war, das schien ihnen nahezu gleich weit entfernt zu sein, und sie konnten auch von wichtigen Angelegenheiten, Geburten, Hochzeiten, Todesfällen, nicht sagen, in welchem Jahr sie sich zugetragen hatten. Das letzte Ereignis, das sie mit dem Ort Svinia und deren Bewohnen teilten, war ein Fußballspiel gewesen, die jungen Roma hatten gegen den Club von Svinia gespielt, und das war erst vor kurzem gewesen, vielleicht vor fünf oder vor fünfzehn Jahren, und es hatte in der zweiten Halbzeit geregnet."
chefredakteur aust und vorstandsvorsitzender döpfner, 2drittelgesellschaft ja eh, hartzvier, ja eh
traum.- mein vater war kein kaufmann, draußen madrilenischer sommer, ringsum eine wand aus zikadenlärm, blechern erst, wie schläge auf metall, dann beschleunigtes crescendo in einen weicheren klang, das war schon der oktober; otmar hitzfeld kam, er hielt mir die augen zu und flüsterte: "ich schreibe dir das licht ab." dabei auf eine neuartige weblog-community aufmerksam geworden, gedacht: "aber das sind ja ganz andere benutzerprofile!" erfolglos versucht, den ausdruck kursiv zu setzen, darüber aufgewacht und aufgestanden, um den entsprechenden html-befehl nachzuschlagen, es korrigiert: benutzerprofile, traumlos weitergeschlafen.
"technologien des erwachens"