Keine Ahnung. Ich weiß nicht, ob Medien noch so wichtig sind. So verbindlich. So seismografisch, dass sie spüren, was kommt. Und wer die sein könnten, die daraus dann etwas machen. So etwas wie die eine Öffentlichkeit gibt es ja nicht mehr

Die Medien, bei denen ich noch etwas Elektrisches empfinde, sind: de:bug. Zeitschrift für elektronische Lebensaspekte. Ich glaube: dass hier eine der Parties stattfindet, an denen man teilnehmen möchte. Viel Wissen, ganz vorne. Die Print-Ausgabe ist besser als die Website: Also an den Kiosk gehen. Die Financial Times. Weil sie sagen, was ist. Sehr nüchtern, sehr unterstating, sehr grausam faktisch. Das macht sonst ja keiner in Deutschland. Das imponiert mir. Ein Beispiel: Vor den Präsidentschaftswahlen in YU (bei denen dann Kostunica sich doch durchsetzte), merkte die FT als einzige deutsche Zeitung an, dass es wohl auch nicht besonders demokratisch sei, wenn der Westen schon vor den Wahlen beschlossen hatte, nur einen Präsidenten anzuerkennen (nämlich: nicht Milosevic), unabhängig davon, wer nun gewählt werden würde. Die SZ. Wegen ihrer merkwürdigen Mischung aus radikaldemokratisch, gut informiert und Lokalzeitung sein. Sonst in Deutschland: fällt mir nichts ein. Es gibt ein paar Sachen die ich mag (die Jungle World vor allem), aber Lead-Medien sind das nicht. Die Brandeins könnte es für die Nouvelle Economie sein, wenn sie nicht immer wieder zu gefühlig, selbstmitleidig, cluetrainig wäre und stattdessen nüchterner. Die Wirtschaftszeitungen rudern immer dem Markt hinterher, anstatt ihn zu erklären. Die Lifestyle-Zeitschriften wollen nur noch Wohlgefühl erzeugen und reflektieren sich nicht selbst - was wichtig, gut und innovativ wäre. Zeitschriften/Net-Magazines wie Wired, die Hotwired News, den Industry Standard, den Redherring, den Salon gibt es hier nicht (ich meine diese Mischung aus superinformiert, entertaining und weiter-denkend). Der Spiegel, der mal ein Lead-Medium war, kommt mir zusehends nur noch muffig und nicht mehr erkennend vor (was aber möglicherweise einem gesellschaftlichen Trend entspricht: dem allgemeinen Müde-Sein). Einen globaleren Approach hat in Deutschland trotz allen Geredes über Globalisierung sowieso kein Medium (wir wissen nichts über Asien, nichts über Afrika, auch die allerwichtigsten Dinge nicht). Sowieso setzen sich zunehmend die schlaueren Leute ihre Informationen aus 12 Newslettern, 5 Tageszeitungen und ein paar wenigen Zeitschriften zusammen, die alle extrem selektiv gelesen werden. Gut (und auf meiner Wishlist ganz oben) wären schlaue Digests aus Technik-, Ökonomie- und Global-Nachrichten, die jeden Tag infeed liefern.

Auch gut (das dachte ich schon vor Jahren) wäre ein Lifestyle-Magazin für Sinnsucher (start making sense). Die Schwierigkeit dabei wäre: Religion, Esoterik und ähnlichen Mumpitz zu vermeiden, aber das Surfen so zu beschreiben wie eine Art netter Religion (aber eben nur eine Art). Ich beobachte seit längerem, dass da was kommen könnte: die ganzen Simplify-your-Life-Magazine, die es in den USA gibt und von der downshifting-Bewegung kommen oder so etwas wie das Ipuri-Magazin, das ja eigentlich nur ein Werbeblättchen für den Klamottenladen ist, aber von der Aufmachung und einigen Themen in diese Richtung zeigt (ohne sie zu finden...). Da könnte man drüber nachdenken.