Gestern kurz das Musik Promotion Network angetestet, jene innovative Branchenlösung, die ab Anfang 2004 dazu führt, dass die meisten Majors und Indies keine Besprechungs-CDs mehr an Musikjournalisten versenden. Geht ja auch im Internet. Unangenehme Sache, einerseits: lange Ladezeiten, grausig gestaltete Benutzeroberfläche, mit 36 kbs codierte Real-Audio-Streams. Andererseits passt so etwas perfekt zu der Musik, mit der man da bemustert wird, andererseits haben es 99,99999 Prozent aller Musikjournalisten, die schon längst noch viel mieser schreiben als zum Beispiel Motorjournalisten, eh nicht besser verdient, andererseits verringert das deutlich den Sondermüll, andererseits sollte eh jeder Depp, der Deppenplatten bei Deppenauktionen an andere Deppen verkaufen will, gepiesackt werden. Und die Gebrauchsanweisung (pdf) der innovativen Branchenlösung sagt deutlicher als jede kulturkritische Gardinenpredigt oder jeder Adorno-Essay über die Kulturindustrie, was aus der Musik unter den Bedingungen von Mehrwert-, Schrott- und Deppenproduktion geworden ist.






bemusterungstonträger-geil-finden

hört echt dann auf, wenn 99,99 prozent der bemusterungen echt schwachsinnig sind und selbs der 2nd hand dealer einen mit sonnem paket auserlesener musik wieder nach hause schickt


Das Kopfweh des Gatekeepers resultiert ja daraus, dass er das Tor dauernd fest zuschlagen muss.


Kostendruck

Der Löwenanteil der Kosten an einer Musikproduktion ist die Promotion. Darin ist wiederum die Bemusterung der Journalisten der höchste Kostenfaktor. Gleichzeitig drücken grosse Einzelhändler wie Media Markt oder Saturn enorm ihre Einkaufspreise. Diese beiden Gründe haben zum Musik Promotion Network geführt. Reiner Kostendruck. Zumindestens sind das die Überlegungen von Phononet und ihren Gesellschaftern - den Majors.


ja klar. den kostendruck könnte man allerdings deutlicher und dauerhafter lockern, wenn man einfach 90 prozent aller musikproduktionen schon vor dem produzieren in die tonne träte.

lustig in diesem zusammenhang: weil ja immer mehr review-cds vor dem veröffentlichungsdatum auf ebay und in den p2p-netzen auftauchen, haben die irgendwann einmal begonnen, jede cd mit wasserzeichen (blödes wort bei cds) zu brennen. was wesentlich mehr arbeit macht und wesentlich länger dauert. ich glaube sogar, bei den einzigen neueinstellungen in der musikindustrie handelt es sich um besprechungsexemplarbrenner. der kapitalismus erfindet halt immer noch ödere jobs als man sich ausmalen kann.

nicht so lustig in diesem zusammenhang: wie seit vielen monaten immer mehr besprechungsexemplare daherkommen. 2 minuten snippets. drübergesprochene texte der künstler. ja ja, das auratische des kunstwerks---


Ich wäre ein schlechter A&R-Mensch. Hätte DJ Ötzi mit seinem Burgersong in die Lipophilen-Reha geschickt statt ins Studio.


weiniger musikproduktion, mehr kosten fürs gesundheitssystem. (so in die richtung: es ist ja auch billiger, harmlose wahnsinnige an universitäten zu beschäftigen statt neue geschlossene anstalten zu errichten). - noch ein paar minuten weiterdenken und entdecken, dass die gesellschaft eh eine einzige halboffene anstalt ist.


...und

bayern wird ueberdacht ;-)


vorausgesetzt, wir finden den schlüssel wieder.


Ihr Gedanke hat grossen Charme, Herr Praschl. Wenn man denn nur vorher wüsste, welche 90 Prozent in die Tonne gehören. Man muss offensichtlich 10 Lose ziehen, um eventuell einmal zu gewinnen.

Klar ist in jedem Fall, dass die Musikindustrie darnieder liegt in Deutschland und nicht nur da. Neue Ideen und Konzepte sind gefragt. Haben Sie welche?


Ja.

Haben wir. Zu den üblichen Consulting-Sätzen. :)


erstmal alle verbieten,

die dj im namen haben, aber keine platten auflegen. dann nach und nach mindeststandards fuer euro-dance festlegen. casting-shows bei todesstrafe verbieten. und so fort...


nix mehr mit

cd aufnehmen, als kassette während der arbeit im lkw hören, abends was dazu schreiben...

werden wenigstens die waschzettelschreiber auch mal geupdated? die waren ja immer noch schröcklicher als die musikke immer