aus unbekannten gründen nun schon mehrmals bei den popstars-trainingscamp-berichten aus orlando hängen geblieben und gedacht, das sei aber wirklich die zeitgemäße umsetzung von the wave. das weitermitverfolgen dieser sozialtortur rechtfertige ich mit der erwartung, der böse juror würde bei der siegerkrönung eine entlarvungsrede a la lehrer ross halten.
"D!" - allein der name ist menetekel: "Ob als Tänzer, Choreograf oder Jury-Mitglied –der gebürtige Berliner powert sich erfolgreich durchs Leben."
und ob: fun als stahlbad. ich habe indes nicht einmal die nötige fantasie, mir die peripetie vorzustellen, mit deren antizipation Sie die vielen tage vor dem fernseher rechtfertigen.
Da hab ich auch heute Morgen vor Lachen beim Lesen der Süddeutschen fast mein Frühstücksei ausgespuckt: In Nahaufnahme gefilmte Augenlider kurz vor dem Tränenausbruch als "Cumshots des Real-Life-Formats" zu bezeichnen ist genial. It's so true. Einmal bei solchen Formaten zufällig im Schnitt dabei gewesen und man schaut's sich garantiert noch weniger als nicht an.
es ist eine dumme hoffnung, aber sich die szene auszumalen, mit der "D!", der im verein mit der nicht minder perfiden, aber säuseliger auftretenden gesangstrainerin Artemis heisere und kränkelnde jugendliche zu saboteuren der gemeinsamen sache stilisiert (und die glauben das dann auch wirklich), worauf dann andere, unkränkelnde jugendliche zu hilfe kommen und eine "undwennwirdieganzenachttrainieren"-tortur initiieren - also sich die szene auszumalen, wie der trainer die sieger krönt und dann langsam zu erklären beginnt, wie all das, was sie da gemacht haben, so im trainingscamp, sie zu hervorragenden faschisten machen könnte (nein: macht, muß er sagen, des rhetorischen effektes wegen), also ja, und das im hauptabendprogramm in deutschland, dessen zuschauer durch ein stahlbad aus bannerwerbung und bedödelnder spots und bedrögelnder inserate und beschleimender plakate dahin kamen - äh, ja, sich das auszumalen, das tut etwas, wofür ich dieses textungetüm mit einer infinitivkonstruktion beginnen mußte.
erinnert mich übrigens auch an die stelle in irgendeinem roman von richard brautigan, wo der vater seinem sohn diesen just-do-it-meritokratischen "undwennwirdieganzenachttrainieren"-gestus einzubläuen versucht: "und wenn Du auch als versoffener penner endest - dann sei wenigstens der allerversoffenste penner der ganzen stadt!"
Bei katatoniks Vergleich des wild entschlossenen "D" mit Ross von "The Wave" mußte ich jetzt heftigst in mich hineinkichern. Auch wenn ich damit meine ursprüngliche Copyright-Verletzung verdoppele, will ich auf diesen Artikel in der NYT über "American Idol" hinweisen. Wahrlich, "Competitive karaoke is not for the fainthearted".
da muss ich an meinen
exmitbewohner denken, der seinen ex-junkie vater angemeckert hat, er solle "a live getten". er selber war magersuechtig und starb leider on the road... better die young than fuck up like your parents did?
wahrscheinlich.
das kind hat fuer das schulpraktikum uebrigens genau das no-no gewaehlt: die allseitsbekannte agentur. bremen ist auch noch so inzestuoeus..
wie können wir, im sommer, da uns ging die kraft verloren, uns hüten, dass von unsren von allzu nah gefilmten augenlidern tränen brechen, flüsse fließen, dazu erkoren, bild zu sein, dieselbe alte scheiße, "pygmalion!", gleich kettengliedern,
die wieder nur die jahre binden zu den jahren, wir, die wir es wissen wollten, ein exempel für taylorisierung, die wir entkommen wollten, getunkt ins feuilleton, die wir no angels waren, paar sommer lang, nur ein beweis für leistungsmaximierung,
"verbissen!" "gecastet!" "profiteure!" als mitleid gibt es sich und bringt uns ein ins einsortierte: was entkommen will, wird zerreissen, nach hausse kommt baisse, und wie immer singt das ewig alte lied: versuchs gar nicht, musst ja doch vereisen.
wir wollten wirklich lieber weinen, wie je nur mädchen, engel waren wir, doch sie machen aus uns rädchen.
nun ja, gestern nachts aus dem sz-artikel in 10, 12 minuten zusammengeholzt
"dichter sagen, was ihr einsam seid" (rilke an einige junge mädchen, die ihn nach seinem tun fragten)
@praschl
Schöne Kurven im Parcours: "getunkt ins Feuilleton", "versuchs gar nicht, musst ja doch vereisen", und die letzte Zeile.