Mit der Wende von der Industrie- zur Konsumptionsgesellschaft ("consumer society") ist das Department-Store der Jahrhundertwende neu bewertet worden. Im Rückblick sehen wir das Großkaufhaus als einen Raum, der "Modernität" produziert, d.h. kulturelle Umgangsformen, die die neuen wirtschaftlichen und technischen Grundlagen der Massenproduktion und Dienstleistungen "verarbeiten" helfen. Die Träger dieser urbanen Kultur sind die Frauen, die durch ihr Kaufverhalten und ihre Geschmacksurteile erst die Bedeutungen und Sinnstiftungen beitragen, ohne die die komplexe Warenwirtschaft nicht existieren könnte. Damit die Department-Stores aber als der spezifische öffentliche Raum für die Frauen der Großstadt um 1900 gelten können, müssen sie im Einzelfall weit mehr bieten, als Ware gegen Geld. Tatsächlich versammeln die Großkaufhäuser ja die avancierten Bautechniken und Materialien der Zeit, sie beherbergen Gemälde- und Fotogalerien, Diskutier- und Schreibklubs, Orchestermusik in Restaurants und Cafés, Sportplätze, Ausstellungsräume, Vortragssäle, Reisebüros, Bankschalter und so weiter. Sie organisieren eine Welt der Seh-Lust, von Modeschauen bis zur Vorführung von "Lebenden Bildern", exotischen Theater-Szenen und Cineramen ... und sie bieten eine Art städtische Bühne, auf der sich die Frauen (der Mittelschichten) außerhalb der Kontrolle von männlichen Begleitern bewegen und beobachten können. Wenn die soziale Durchlässigkeit der modernen städtischen Gesellschaft mit der Erfindung und ständigen Erneuerung von "feinen Unterschieden" im Geschmack definiert ist, dann ist das Department-Store der Herstellungs- und Probeort dieses Pluralismus, der von den Frauen getragen wird. (Vgl. Mica Nava: Modernity´s Disavowal. Women, the City and the department-store; in: dies./ Alan O´Shea (Hrsg.): Modern Times. Reflection on a century of English modernity, London/ New York 1996, S.38ff)
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1905 nun traten die Wiener Kleinhändler und Gewerbetreibenden, diese Hauptstütze der regierenden christlichsozialen Partei, in die Phase des erbitterten Abwehrkampfes gegen die Großwarenhäuser ein. Über 3000 selbständige Kaufleute und Gewerbetreibende kamen im Rathaus zusammen, um in einer von christlichsozialen Mandataren gelenkten Resolution die Einführung einer 10 % Warenhaus-Umsatzsteuer zu fordern. Der Wiener, so hatte es bei ähnlichen Gelegenheiten schon gelautet, lege Wert auf sein Phäakentum, das sich mit Großkaufhäusern und deren "Pofelware" nicht vertrage. Und so wie stets bei diesen Gelegenheiten wurde (selbst von christlichsozialen Abgeordneten) das antisemitische Ressentiment bemüht. Der Abgeordnete Ernst Schneider zog überhaupt gleich eine Parallele zwischen Department-Stores, Moderne und Judentum, wobei er (unter allgemeiner Heiterkeit) als Begleiteffekt der Verhinderung von Großkaufhäusern die 18. Austreibung der Juden aus Wien in Aussicht stellte. [Meißl, a.a.O., S.74ff]
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Erst 1977/79, mit dem Konkurrenzdruck der "Shopping City Süd" an der Stadtgrenze zu Vösendorf im Rücken, begann sich Wiens Handel zu modernisieren. In Meidling eröffnete (1979) der U 4 – Parkshop mit 6.500 m
Siegfried Mattl: Die Stadt als Text (Vorlesung Universität Wien WS 2001/02) > Aus der Urgeschichte der shopping-malls
Vage dazupassende Literaturtip-Selbstreferenz, die man natürlich schon längst kennt, aber trotzdem, vielleicht, nützlich, etc.
wenn hier schon getippt wird, dann könnSe auch ma hier klicken. kennSe aber vleicht schon. weiß mans?
Oh. Schön! Danke!
@supatyp: aber welcher von beiden sind Sie denn nun wirklich? bo grönlund oder richard sennett?
wenn schon, dann sennett:
den sein "verfall und ende des öffentlichen lebens" is immer noch ein hamma! echt
word! zumal ich ja der flexible mensch bin. simmels blasiertheit inzwischen von der großstadt aufs weltganze übertragen habe: mir ist alles egal!