das drangsalieren wollen als politischen motor müsste man sich auch mal genauer ansehen. schwundstufe der bürgerlichen gesellschaft, übergang zum faschistoiden, rückzugsgefechte zur aufrechterhaltung der distinktionen, all so was halt.






Jeder Heinz sein eigener Mikrohitler. Die Sauereien der Bosse rechtfertigen die eigenen. Das kann ein System schon über ein paar Jahrtausende hinweg stabilisieren.


ich weiß nicht, das klingt mir zu sehr nach historischer konstante. ich habe eher den eindruck, dass sich das gerade immens verstärkt. mag sein, dass das mit der rezession zusammenhängt. vielleicht aber auch damit, dass es zum beispiel keinen kommunismus mehr gibt, nicht mal die realsozgrotesken. und dann: dass die selbst-modellierungen sich irgendwie rasant verändert haben. leute wie dieser koch oder dieser cdu-hüftknochen-verweigerer sind, in meiner wahrnehmung jedenfalls, ein neuer typus. das unfeine an denen, das präventiv beleidigte, das vitalistische an denen.


Das müsste man mal herausarbeiten, was das ist. Vielleicht ein Symptom der Stagnation und Frustration. Roland Koch ist das Berliner Stadtschloss der Politik. So unnötig.


gestern in den öffentlich-rechtlichen nachrichten, heute in der bild: dieses gedisse, weil ein gericht einem sozialhilfeempfänger viagra als berechtigte sachleistung anerkannte. "wir haben´s ja". was mag so ein jahresbedarf viagra kosten? aber sofort hinschauen (die öffentlich rechtliche variante) oder hinhauen (die bild variante) müssen. und die kalkulationen im publikum anheizen. was soll ein hungerleider eine erektion finanziert kriegen, die der eh nur haben will, um kinder zu zeugen, für die dann wieder der staat usw. du kannst keine noch so kleine nische mehr finden, die dann nicht ausgeleuchtet wird, mit der ganzen moralischen und medialen beleuchtungstechnik, alles muss auf den prüfstand, von oben sagen die regierung&opposition&standort deutschland, was alles nicht geht, und von unten erziehen sie die leute schon so, dass sie den anderen nicht einmal mehr den geschlechtsverkehr gönnen. was ja nur das beispiel ist, das mir heute aufgefallen ist. es geht nicht um den inhalt, sondern die form. dass jeder auf alles anwendbar die empfindung sich angewöhnen soll, dass man den überflüssigen nix gönnen soll.


Wenn sie mit Kohls CDU-Spendern genauso hartnäckig wären... Er läuft noch frei herum. Eine Niederlage für den Rechtsstaat. Das mit dem Viagra habe ich heute auch gesehen. Das ist schon seit Jahren ein Standard im deutschen Arschlochjournalismus. Hass gegen Arme wird auch regelmässig in den Magazinsendungen des Privatfernsehens gepredigt.


Dachte zuerst, der Sozialhilfeempfänger wäre von der Titanic-Castingagentur. War aber ernst, der war echt. Seine Frau war auch echt. Alles war echt. Auch, wie er gegen Ende des Beitrages seine Frau an sich riss und sie an die Backe tatschte wie einen braven Hund. Diese letzte Sequenz hätte man schadlose rausschneiden können. Hat man aber nicht.


Auch immer wieder gern genommen: ASOZIALE FREAKS VERBALLERN DIE STÜTZE AUF MALLORCA. Sie machen das ganze Jahr über Urlaub und lassen es sich in der Sonne gutgehen. AUF UNSERE KOSTEN! Unterm Adolf hätt's des ned gebn!


das ist mir echt alles viel zu mechanisch hier, ich finde es ehrlichgesagt generell absurd, dass "der Staat" direkt oder indirekt überhaupt IRGENDJEMANDEM eine "Erektionshilfe" hüstel finanziert, ob Sozialhilfeempfänger, "normaler" Kassenpatient oder sonstwas (oder wurde ich gar schon unbemerkt "umerzogen"?)...und mich betrifft all das Beschriebene zwar mit besonderer Härte, da selbst am/ unter dem materiellen Existenzminimum, aber "Drangsalieren wollen" geschieht doch bei aller Liebe nicht um des Drangsalierens Willen...das macht´s zwar nicht angenehmer, möglicherweise aber wahrer..."Übergang zum Faschistoiden", "Mikrohitler", ist das nicht alles etwas over the top? ich kann mich ja irren...zusätzlich stört mich dieses unentschiedene Stochern in dieser wolkigen aber nicht näher definierten Blase: "müsste man sich auch mal genauer ansehen" und "müsste man mal herausarbeiten", um WAS dann als schnittiges Endergebnis in den Händen zu halten?


es scheint sich ja in dem fall nicht um eine erektions-"hilfe" zu handeln, sondern um eine "ermöglichung". ohne kann der mann nicht, und es scheint ja um kinderwunsch zu gehen. wenn überhaupt irgend etwas, was die verwirklichung von kinderwünschen ermöglicht, sache der krankenversicherung ist, dann lässt sich da schwer begründen, warum viagra nicht. so viel dazu.

zum herausarbeiten: was praschl und gHack "herausarbeiten" möchten, mögen sie selbst sagen oder auch nicht. ich persönlich würde gern mal herausarbeiten, wie aus so etwas komplexem wie staatsfinanzen in öffentlichen diskussionen immer so eine einfache waagschale wird, in der nicht deutlich ausgesprochene, aber heftig angesprochene mikroprioritäten im empörungsuniversum regieren: als ob deshalb, weil ein paar sozialhilfeempfänger viagra kriegen können, millionen von kassenpatienten lebenserhaltende massnahmen verwehrt würden.

und als ob es einen superoberkassenwart gäbe, der in jedem kleinen fall entscheiden und auch begründen muss, warum diese ausgaben gerechtfertigt sind und andere nicht. läuft ja nicht so. soll ja auch nicht so laufen, dafür ist diese gesellschaft zu komplex gestrickt. das ist das, was ich so eigenartig finde: dass in so aufrechnungsempörungen ("die kriegen das und ich krieg nicht das") dann so irgendwie insgeheim an einen finanzführer appelliert wird, der als obereurokrator die cents verteilt wie weiland der herr papa das taschengeld. so viel zum thema mikrohitler, herausgearbeitet.


was herrfrau facehugger nicht verstanden hat, ist, dass das hier keine dienstleistungsstelle für antworten ist, und jetzt ist möglicherweise die konsumerwartung enttäuscht, dass ich da im konjunktiv rede und in fragezeichen statt in indikativen mit schreizeichen, aber wenn es ein schreizeichen wäre statt bloß eine frage, dann wäre es ihroderihm gleich wieder ein schnittiges endergebnis. wie mans macht macht mans halt falsch.

das merkwürdige an dem zustand jetzt, ist mir heute morgen aufgefallen, dass gerade massenhaft der übergang vollzogen wird von einem egoismus des habenwollens (ich will mehr geld, ein auto, einen neuen rechner, eine ordentliche versicherung usw.) zu einem egoismus des der-andere-soll-auch-nichts-habens (wenn ich mich für mein bisserl leben abschuften muss und trotzdem immer mehr zahlen muss, dann soll der penner keinen staats-ständer bezahlt kriegen). was eine einigermaßen schräge variante von egoismus ist, logisch betrachtet.


Man müsste zunächst mal die Probleme von ihrer medialen Oberfläche unterscheiden. WAS ich als "schnittiges Endergebnis" gerne hätte, wäre eine Analyse, wie all diese kleinen Boshaftigkeiten, die, für sich betrachtet, alle unglaublich harmlos oder idiotisch sind, zusammen dann doch ein Klima der Bissigkeit schaffen, in dem speziell den Schwächeren überhaupt nichts mehr gegönnt wird, weil diese - und das ist die entscheidende Wende - an ihrer Situation ja selber schuld sind.


@katatonik fürs freiwillige "Herausarbeiten" Danke, genau das war's was mich interessiert hat

@praschl warum, oh warum so feindselig und eingeschnappt:-)? mein Nachfragen reflexartig als "Konsumerwartung" zu denunzieren tut sicherlich nicht wirklich Not, I don´t care for the persönlich-emotionale Streitebene...meine Kritik ging dahin, dass die Formulierungen ein wie auch immer geartetes Ergebnis bereits implizieren und auf unerfreulich "raunende" Art und Weise andeuten, ohne dieses, aus welchem Grund auch immer, auch nur ansatzweise ansprechen zu wollen, mein "schnittiges Endergebnis" war demnach auch eine reine Reaktion auf meiner Meinung nach vorschnelle und überhitzte Generalanalysen, an denen hier doch auch sonst nie gespart wird...wehe dem der Einwände hat

@gHack okay, kann ich grundsätzlich nachvollziehen, die "entscheidende Wende" nehme ich allerdings nicht so wahr, jedenfalls ist "an ihrer Situation ja selber Schuld" seit Jahrzehnten ein sich beständig haltendes und auch in der Öffentlichkeit immer wiederkehrendes Deppenargument...die Diskussion hätte sich, vorausgesetzt Viagra hätte bereits existiert, meiner Meinung nach ebenso vor zwanzig Jahren abspielen können, der Unterschied ist wahrscheinlich eher die Folge des massiven Breittretens (sicherlich nicht zuletzt bedingt durch die Unterleibsthematik) in "Brisant", "Blitz" und wie sie alle heissen...interessanterweise längst nicht mit so viel Aufmerksamkeit bedacht, jedoch selbe Schiene und in dieser Hinsicht schwerwiegender war meines Erachtens nach der bereits unten angesprochene und sehr "seriös verkaufte" dissende "Frontal"-Bericht über "als Privatpatienten behandelte Sozialhilfeempfänger", da stand selbst mir der Mund offen...

nichts für ungut, bye


Andererseits: nichts wirklich Neues. Sozialdarwinismus geht vor Volksgemeinschaft, immerhin.


Wow. Damit haben die immerhin den Zeitsprung von 2000 vuz ins 19. Jahrhundert geschafft.


Keine Hüfte für 20-Jährigen

Weil er Bangladescher ist, muss ein junger Mann auf ein neues Gelenk verzichten

BERLIN taz Ein Sozialamt darf ein neues Hüftgelenk verweigern, wenn der Patient unter das Asylbewerberleistungsgesetz fällt. Das hat das Verwaltungsgericht Gera in Thüringen gestern entschieden.

Jakir H. ist Flüchtling aus Bangladesch und leidet unter einer Hüftgelenknekrose, bei der sich die Köpfe des Hüftgelenkes auflösen. Der Zwanzigjährige, der vor drei Jahren in Deutschland einen Asylantrag gestellt hatte, kann sich deshalb nur unter Schmerzen bewegen und ist seit Anfang diesen Jahres auf einen Rollstuhl angewiesen. Eine medizinische Gutachterin hatte eine Behandlung mit starken Schmerzmitteln und entzündungshemmenden Medikamenten für zumutbar befunden. Ein neues Hüftgelenk würde ihm hingegen ermöglichen, für mindestens zehn Jahre wieder laufen und arbeiten zu können.

"Wir haben Jakir H. in einem erbärmlichen Zustand vorgefunden," sagt Christel Wagner-Schurwarz von der antirassistischen Beratungsstelle Abad in Gera. Lediglich zwei Stunden pro Tag sei ihm in der Gemeinschaftsunterkunft ein Rollstuhl zur Verfügung gestellt worden. "Eine Sozialarbeiterin behauptete, der Mann könne sonst mit dem Rollstuhl flüchten." Erst ein aus privaten Spenden finanzierter Rollstuhl bringt Jakir H. seit März mehr Unabhängigkeit.

In der Gerichtsverhandlung sagte Jakir H. aus, sein letzter Arztbesuch liege mehr als drei Monate zurück. Seitdem hole die Sozialarbeiterin des Heimes die Rezepte in der Arztpraxis ab und teile ihm die Medikamente zu. Christel Wagner-Schurwarz: "Ich halte es für einen Skandal, dass das Sozialamt in Greiz heute schon die Fahrkosten zum Arzt spart, was die Gesundheitsreform von morgen nicht einmal verlangt." Wegen der starken Medikamente sei laut Gutachten regelmäßige Kontrollen der Leber- und Nierenwerte des Mannes nötig."

taz Nr. 7126 vom 9.8.2003, Seite 7, 62 Zeilen (TAZ-Bericht), MARINA MAI

schön daran ist ja der euphemismus "sozialarbeiterin".


Wir können ja nicht jeden Neger operieren, wo es uns selber doch schon so schlecht geht. Jaja. Dann noch die bezugsberechtigten Unterprivilegierten gegen die nicht bezugsberechtigten Unterprivilegierten aufhetzen und ihre Stimmen melken. Funktioniert in der Schweiz so gut, dass die SVP mittlerweile stärkste Partei ist. Ein Drittel der Wählerschaft stimmt hier für eine Partei, gegen die Edmund Stoiber sich - ernsthaft - wie ein Linksradikaler ausnimmt.


tz München neulich

Zettel am Zeitungskasten: Sozialhilfeempfänger werden besser behandelt als Kassenpatienten (oder sowas in der Art)


Da schwört jeder Politiker den hypokritischen Eid drauf.


"als Privatpatienten"? Wer Sozialhilfe empfängt, ist doch deswegen noch nicht aus der GKV, oder? (Ich weiß das aber tatsächlich nicht.)


Etwa 600.000 sind nicht krankenversichert, weil die Beiträge den Kassen zu gering sind. Behandelne Ärzte rechnen dann mit den Sozialämtern ab, was diese Patienten automatisch zu Privatpatienten macht. Viele Ärzte sind recht schlau und veranlassen die sogenannten "teuren Untersuchungen", sie wissen ja (ähnlich übrigens wie Besitzer von Eigentumswohnungen, die bevorzugt an Sozialhilfeempfänger vermieten), dass das Sozialamt zahlen muss. Was dann wiederum diesen Eindruck erzeugt, Sozialhilfeempfänger kriegen es hinten und vorne, werden luxuriös behandelt, viel besser als "wir", die wir hart schuften etc. etc.


sozialämter müssen immer zahlen, ist das tatsächlich so? fühlt sich durchaus realistisch an.


Andersrum: sie dürfen und können ärztliche Behandlung nicht verweigern (wie die Kassen, wenn sie sich weigern, Sozialhilfeempfänger aufzunehmen). Kommt eine Rechnung von der Kassenärztlichen Vereinigung, können sie nicht, wie in anderen Bereichen gern, ihre Schnüffler losschicken, um zu forschen, ob der jetzt "wirklich" herzkrank ist, "wirklich" eine Gastritis hat. Im Überprüfen, ob er mit seiner kaputten Waschmaschine seinen Plunder nicht noch kalt waschen kann, sind sie ja recht fleißig.