Wenn man sie gefragt hätte, was sie am liebsten tat, hätte sie schlafen gesagt, einfach nur schlafen, aber das konnte man niemandem erzählen.

G lebte von seinen Plänen, immer nur vorwärts, feuerte sich mit den Möglichkeiten an, die sie noch hätten. R dagegen hatten die Möglichkeiten so lange zugesetzt, bis sie aus Ratlosigkeit Ehefrau geworden war.

Irgendwann war sie einfach erschöpft gewesen, immer nur Anfänge und keine Enden. Sie wollte, daß auch einmal etwas zu Ende ging, keine Kraft mehr, noch etwas durchzuziehen, Abitur, Promotion, Praktika, Einstiege, Männergeschichten, dann wieder Herumlauern, bis sich etwas Neues ergab. Als G sie nach nur sechs Wochen gefragt hatte, ob sie ihn heiraten wolle, hatte sie gleich heftig genickt. Er war autistisch genug, um nicht auf ihre Launen angewiesen zu sein. Es genügte, wenn sie da war und er gegen sie anreden konnte, vielleicht brauchte er einfach einen zweiten Menschen, damit seine Wünsche schön wurden. Wer malte sich schon aus, alleine nach Amerika auszuwandern oder sich von einem verrückten Architekten ein Haus bauen zu lassen, das klang nach einer Verzweiflung, mit einer Frau war es dagegen ein Abenteuer, mutig, Triumph. Für sie war es das Beste gewesen.

R hörte ihm gerne zu, sie mochte es, wenn er seine Entscheidungen so präsentierte, als müsse er noch kämpfen, es sagte ihr, daß er sich Mühe gab mit ihr, er mußte ihr Seelenqual präsentieren.

Manchmal stellte sie sich vor, wie er eines Tages vom Flughafen nach Hause kommen würde, und sie lag tot im Bett. Er würde auf Zehenspitzen durch die Wohnung fremdeln und seine Geschenke arrangieren und erst allmählich unruhig werden. Woran denkst du, sagte G. Ach nichts, sagte sie.

Er wollte sie zu seiner eigenen Begeisterung überreden, wenn sie einmal nicht teilen mochte, empfand er es schnell als Liebesverrat. Ich habe immer nur geredet und geredet, hatte er ihr erzählt, alle meine Frauen habe ich ins Bett hineinüberredet, am Ende waren sie einfach erschöpft und wollten mich zum Schweigen bringen, oder sie haben mich mit meinen Wörtern verwechselt.

Es erleichterte sie, Besitz zu sein, sie mußte nicht mehr nachdenken, was und wer sie war, er gab acht auf sie wie auf ein Auto, und außerdem sah er nicht schlecht aus, obwohl ihm das ein wenig peinlich war.

Wir sind jetzt zwei Jahre verheiratet, dachte R, aber ich weiß immer noch nicht, ob ich ihn liebe. Er rührte sie, soviel stand fest, aber ob sie ihn liebte, wußte sie nicht. Sie hätte ihn, bildete sie sich ein, begehren müssen, aber wann hatte sie je etwas begehrt? Nie hätte sie über G so sehnsuchtsvoll sprechen können wie er über ein Buch, eine Stadt, einen Fußballspieler, und das alles waren Dinge, von denen er niemals behauptet hätte, sie zu lieben.






zu zweit alleine

Und dann ist man zu zweit alleine, zusammen, jeder für sich, aber keiner merkt es, oder erst viel zu spät. Das ist traurig, aber weil dieser Weg so leicht ist, ist er schon sehr ausgetreten.

Ist der Text von Dir selbst? Genial.


wäre

das ein Buch, dieses Buch fertig, das daraus werden kann: ich würde es kaufen.


Wahnsinn

Herr Praschl, diese Schilderung karamelzäher Trägheit schleicht sich umgehend in die Gebeine des Lesers. Das ist die aktuelle Form von Anti-Eskapismus. Sie baden gerade ihre Grosshirnrinde drin.