Virginia Woolf weiß nicht so genau, wie sie mit ihrer Köchin umgehen soll:

She says, "There should be China tea, I think. And sugared ginger." "China tea, m´am? And ginger?" "We´ve not had Vanessa in more than a fortnight. I´d prefer to give her something better than yesterday´s scraps for tea." "China tea and sugared ginger would mean London, they don´t sell that here." "The trains run on the half hour, the buses on the hour. Aren´t there other tings we need in London?" "Oh, there´s always things. It´s just, it´s just half past eleven now, and luncheon is far from finished. Missus Bell comes at four. You said four, didn´t you?" "Yes, and by four o´clock I meant the four o´clock that arrives almost five hours from now, now being exactly eight minutes past eleven. The twelve-thirty would get you to London a few minutes past one. The two-thirty would deposit you back here just after three, quite promptly and safely, with the tea and ginger in hand. Am I miscalculating?" "No," says Nelly. She takes a turnip from the bowl and cuts off ist end with a practiced flick of the knife. So, Virginia thinks, she would like to slit my throat; just so, with an off hand stroke, as if killing me were another of the domestic chores that stand between her and sleep. That is how Nelly would murder, competently and precisely, the way she cooks, following recipes learned so long ago she does not experience them as knowledge at all. At this moment she would gladly cut Virginia´s throat like a turnip because Virginia neglected her own duties and now she, Nelly Boxall, a grown woman, is being punished for serving pears. Why is it so difficult dealing with servants? Virginia´s mother managed beautifully. Why is it so difficult to be firm and kind with Nelly; to command her respect and her love? Virginia knows just how she should enter the kitchen, how her shoulders should be set, how her voice should be motherly but not familiar, something like that of a governess speaking to a beloved child. Oh, let´s have something more than pears, Nelly, Mr. Woolf is in a mood today and I´m afraid pears won´t do nearly enough to sweeten his disposition. It should be so simple. She will give Clarissa Dalloway great skill with servants, a manner that is intricately kind and commanding. Her servants will love her. They will do more than she asks.
Die Passage stammt aus Michael Cunninghams Roman "The Hours", 1998 erschienen, 1999 mit dem Pulitzer und dem Pen Faulkner Award ausgezeichnet, 2002 verfilmt und für weiß Gott wie viele Oscars nominiert. Es ist eine zufällig herausgegriffene, nicht tendenziös ausgewählte Passage, es gibt noch viel schlimmere, aber wie an jeder Passage in diesem Roman, der in mir so viel Vernichtungswut und Verhöhnungslust ausgelöst hat wie seit langem kein Buch mehr, kann man auch an diesen paar Sätzen sehr gut demonstrieren, warum Michael Cunningham nicht nur ein erbärmlicher Schriftsteller, sondern auch ein zweifelhafter Charakter ist.

Die öden, an Derrickepisoden erinnernden Wiederholungen (Tee. Tee? Tee? etc.), die dem Banalen Dignität spendieren sollen. Die dämlichen Klischees über britische Magd- und Herrinnen-Sprache (Missus, ah, der Slang des Verstockten; the two-thirty would deposit you back, ah, der herrische Konjunktiv). Diese Anfänger-Erfindungen darüber, welche Assoziationen in der Psyche empfindsamer Frauen blubbern (sie schneidet Gemüse; ah, wenn sie könnte, würde sie mir die Kehle durchschneiden....); die Assoziationen, die dann zu Anlässen innerer Selbstbezweifelungs-Monologe werden (warum ist es so schwer, mit Dienstpersonal umzugehen?). Und dann, als Tiefpunkt, Cunninghams Erklärung schriftstellerischer Imagination: Virginia Woolf fühlt sich unwohl bei Konfrontationen mit Dienstpersonal - also beschließt sie, ah, dass ihre Romanheldin Mrs. Clarissa Dalloway diese Probleme nicht haben wird.

Es ist viel Elend in diesem Roman. Und keines davon hat mit dem zu tun, das Cunningham zu schildern vorgibt. Der Film, ist mir versichert worden, soll noch mieser sein. Frauen, die tragisch glotzen, in Großaufnahme. Und dieser Frauenversteher-Feminismus, der das Gegenteil von Feminismus ist. Die Frau als armes Bambi, das nicht in Freiheit leben darf und deswegen apart in der Gegend herumleidet. Bambi muss sie bleiben, ach Empfindsamkeit, ach Schmerzensrafinesse, kunsthandwerklich geadelt. Rosenkränze des Leidens, am Ende kommt Ästhetik raus. Auch nur eine Ware.






danke.

und ich dachte schon, außer mir würde jeder den kram gut finden. mein gefühl beim schauen: es ist so durchschaubar, wofür man heutzutage einen oscar bekommt.


oscar

wohnt ja auch nich umsonst in der mülltonne


Für diesen Satz ernenne ich Sie hiermit zum Krümelmonster des Tages, Hr. Supatyp!


grobi wär mir lieber

aber so is auch nich schlecht. ich danke schön!


War der Oscar jemals Zeichen von besonderer Qualität ? Wenn man ihm das nicht zuschreibt, dann ist es unsinnig mit der Unfassbarkeit entsprechender Nominierungen zu argumentieren. Ausser natürlich, man hat den unbändigen Drang, neben 11,5 anderen auch die Mülltonnenfliege Oscar mit einer Klappe abwatschen zu müssen.

Das Buch habe ich nicht gelesen und nach dem Film auch keine Ambitionen dazu. Ständig auf dem zu schmalen Lattenzaun zwischen Glaubwürdigkeit und Traraa schwankend, lässt er ahnen, dass das Buch dabei schon am Anfang die Balance verliert. Der Film tut das, trotz aller Torkelei, allerdings nicht, was meiner Meinung nach gleichermassen dem professionellen Auge des Regisseurs wie den Schauspielern zuzuschreiben ist, die hier fast ausnahmslos das tun, was sie tun sollen ... den Zuschauer vergessen lassen, dass sie Streep, Kidman oder Harris heissen. Und wenn der Oscar dafür vergeben wird, dann haben sie ihn dieses Jahr vor den anderen Nominierungen verdient.

Aber sie haben ja nichts über den Film sagen wollen. War ja nur Hörensagen.


Andererseits: Er trifft die Herr/Knecht-Dialektik recht gut. Sie könnte mit durchgeschnittener Kehle enden, es wäre möglich. Und: sie hätte solch eine Mühe, die Domestiken wirklich zu unterwerfen, es wäre fast schon wieder Arbeit. Dass sie aus dem Zwiespalt, nicht richtig herrschen zu können, angeblich die Inspiration für ihren Roman ziehen will, wäre als Satire großartig. Ernstgemeint ist es eine Katastrophe.


es ist in diesem roman alles ernst gemeint. ich habe selten ein so ironiefreies buch gelesen wie the hours.


Dann ab dafür.


Der Tiefpunkt als Höhepunkt

"But the real delight of the "Mrs. Woolf" portions of Cunningham's The Hours is its delicate, detailed, and sometimes witty suggestions about how Woolf might have come up with some of the material that appears in Mrs. Dalloway.

In The Hours, Vanessa Bell's children find a dying bird in the garden, and the youngest, her daughter, Angelica Bell, makes an elaborate bier for it out of grass and roses. Peering at the tiny dead thing in its improbable nest, Virginia thinks to herself that "it could be a kind of hat. It could be the missing link between millinery and death." Readers of Mrs. Dalloway will remember that the wife of Septimus Smith is an Italian girl who makes hats; she is, indeed, making one just before her shell-shocked husband flings himself out the window.

The hat-like bier gives Cunningham's Virginia an even more important idea: that it is not Clarissa who must die (she loves life, the world, too much), but the mad poet. "Clarissa," Virginia thinks, "is the bed in which the bride is laid." Clarissa's life, that is to say—and her love of life, the quotidian thoughts and feelings that suggest how good she finds life, and how strong she is—must be the surround, the context, in which the death of the poet, the young man, will stand out as anomalous, impossible to integrate, "other." Another way of putting this is that Virginia will do to her male characters what so many male authors do to their female characters."

Daniel Mendelsohn, "Not Afraid of Virginia Woolf", New York Review of Books, 13.3.2002.


Smells like Sense and Sensibility. Coming up next: Austen Powers - Milkmaid of Death.


nicht. nicht die verehrungswürdige jane austen in so einem zusammenhang ansiedeln. bitte nicht.


Ich brauche jetzt ein Kännchen frisch aufgebrühten Darjeelings.


hier frühstück mit english breakfast tea

das kind liest grade austen's kloster northanger


Kurz gesagt

sehe ich das ganz genauso. Zwischen Buch (hab ich allerdings nach hundert Seiten in die Ecke gepfeffert) und Film dreh ich die Hand nicht rum. Schauderhaftes Zeug, taugt bestenfalls als Exempel für die Verschmocktheit weiter Teile des Kunstbetriebs. (Als ob's das noch gebraucht hätte.)