So sehr mir Heine im Gespräch unter vier Augen gefiel, eben so sehr mißfiel er mir, als wir ein paar Tage später bei Rothschild zu Mittage waren. Man sah wohl daß die Hauswirthe Hein'e fürchteten, und diese Furcht mißbrauchte er um sich bei jeder Gelegenheit verdeckt über sie lustig zu machen. Man muß aber bei Niemand essen, dem man nicht wohlwill, und wenn man Jemand verächtlich findet muß man nicht bei ihm essen. Es setzte sich daher auch von da an unser Verhältniß nicht fort. Unter den Gästen bei Rothschild befand sich auch Rossini. Ich hatte ihn vor Jahren flüchtig in Italien gesehen. Jetzt war er ganz Franzose geworden, sprach die fremde Sprache wie ein Eingeborner und war unerschöpflich an Witz und Einfällen. Seine Feinschmeckerei ist bekannt. Er war, obwohl Hausfreund, dießmal vornemlich geladen um die Proben einer anzukaufenden Partie Champagner zu versuchen, worin er als ein vorzüglicher Kenner galt. Beim Nachhausegehen giengen wir eine Strecke mitsammen. Ich fragte ihn ob das Gerücht wahr sey, daß er für die Krönung des Kaisers von Östreich zum König von Italien eine Oper schreibe. Musikalisch merkwürdig war mir seine Antwort. Wenn man Ihnen jemals sagt, erwiederte er, daß Rossini wieder etwas schreibe, so glauben Sie´s nicht. Erstens habe ich genug geschrieben, dann giebt es Niemand mehr der singen kann. Im Übrigen habe ich in Paris gesehen was Jedermann sieht, es ist daher darüber nichts zu sagen. [Franz Grillparzer, Selbstbiographie]