und sagte ihr, am telefon: meine frau hat deine emails gelesen, und seit vier tagen wohne er im hotel. er könne ihr jetzt nicht schreiben. er sei verheiratet? ja, ob er das nicht erzählt habe? nein. habe er nicht. super, jetzt käme also auch noch ehebruch dazu, habe sie gedacht, und dann wissen wollen: jetzt nicht schreiben, heißt das, nie mehr schreiben? nein, ja, nein. gut, dann hieß es das also.
sie habe ihm dann ihrerseits auch nicht mehr schreiben können, denn das hätte ja bedeutet, seiner frau zu schreiben. aber genaugenommen hatte sie ja die ganze zeit immer auch seiner frau geschrieben, und sie habe dann nochmal all die mails gelesen, mit fremden augen, und o. habe angerufen und sie gewarnt: zuviel empathie führt in die depression, worauf sie geantwortet habe, dass sie kaum glaube, dass es hier eine gebe, die sich in der inneren weltausstellung untreuer väter besser auskenne als sie, und o. habe gesagt: hör augenblicklich auf damit, zu verstehen. zu spät.
daraufhin habe sie ihm ein neues account eingerichtet, an das sie jetzt immer schreiben könne, nur dass er davon eben nichts wisse. eine gewisse linderung sei die folge gewesen, wenn es sich letztlich auch nur um die ausweitung des monologs gehandelt habe. blieb die frage, ob es eine vandalisierung des briefgeheimnisses darstellte, wenn sie dort nun ihrerseits die ein oder andere im furor geschriebene mail im nachhinein wieder herauslösche - was sie schließlich könne, solange ihm weder seine neue id noch sein passwort bekannt seien. interessante frage, sagte s., und dann: nein, das sei schließlich sein vorrat, daher unbetretbar.
und dann habe u. sie angerufen und gefragt, ob sie mit ihrem kleinen mittelständischen ehebruch-unternehmen nicht mal langsam an die börse gehen wolle: es scheint ja ganz erfolgreich zu sein. doch auf die frage, worin in diesem fall dividende und shareholdervalue bestünden, hatte u. nicht sogleich eine antwort parat. reife? drogen? das stillstellen des objekts? die melancholische nachbehandlung einer emphatischen figur des aushaltens? die restauration der inneren ruinenlandschaft? sie wisse es nicht, nur eines: ich sehe keine gewinne.
die erfahrungen ähnelten sich. freilich habe auch er ihr versichert, sie sei nicht schuld, vielleicht anlass, aber nicht grund. doch letztlich spiele es ja keine rolle, ob man anlass sei oder grund, wenn man als grund behandelt werde, sobald die nachbilder einer katastrophe das bereits abgestreifte szenario erhellten. ich werde entfernt, habe sie geklagt, und o. habe sie gebeten, froh darüber zu sein, oder ob sie denn wirklich glaube, dass sie mit seiner verzweiflung hätte leben können? sie wisse es nicht. sie könne es aber auch nicht wissen, solange sie über keine informationen verfügte. und eine uninformierte sache sei nunmal eine ungepflegte sache. daher ließe sich das derzeit nicht entscheiden. doch vielleicht sei es in der tat besser, zuweilen etwas damit zu tun gehabt zu haben, und wenn es nur der einnordung der eigenen gefühle diente. um der schuld eine richtung zugeben, so dass man wie mit einem kompass darin herumgehen könnte.
was für eine linksgemachte buße. irgendwo fände etwas statt, von dem sie nur wisse, dass es stattfände, nicht aber, wie. überhitzte vorstellungskraft. system shutdown. und u. habe am telefon gesagt, es sei nun mal so, dass die meisten leute sich weigerten, die eigenen energien lateral zu binden, das hieße auch, sie verhandelbar zu machen. und dann säße man in der klassischen negation, und das sei aber auch nothing to write home about, habe u. gesagt, und wenn man eine position zu oft erlitten habe, dann trage man gespiegelt auch die andere position in sich. das käme dann von ganz alleine, stichwort hier: neue carelessness. und sie habe eingewandt, ihr schiene es vielmehr so, dass alles, was sie sich wünsche, sich gegen sie wende, woraufhin u. meinte, man müsse daran arbeiten, die verbindung von bedürfnis und erpressbarkeit zu lösen.
dann sei sie schließlich doch noch ins toben geraten. nachts um vier, an der theke. ein hass auf die tagelange minibar mit allen poren, auf das so genannte schweigen der säue. und habe dann diese nächtliche zufallsgemeinschaft mehrfach darauf hingewiesen, dass ein unbeaufsichtigtes lager von schuldgedanken nunmal nichs anderes sei als eine falsche religion. diese religion nämlich sei ein selbstbezügliches ins schweigen zwingen. dabei werde allerdings weithin vergessen, dass noch jede religion, die sie kenne, ihre dauer aus ihrem vermögen der vermittlung beziehe. man solle doch nicht denken, wenn nichts mehr gesagt werde, dann wäre das schon buße genug. weit gefehlt. und überhaupt sollte stumme buße immer von kontrasten begleitet sein. sichtbar. watch your horses. let them go.