Georg Simmel: Fragen über das Jodeln, Jahrbuch des Schweizer Alpenclub 14. Jg. Bern 1878-1879
Um Beantwortung nachstehender Fragen ersuche ich im Interesse einer anthropologischen Forschung, welche der merkwürdigen Erscheinung des Jodelns in der Geschichte der menschlichen Empfindungsäusserungen den gebührenden Platz anweisen möchte.
Ich ersuche deshalb ferner auch um Angabe der etwa vorhandenen Literatur über diesen Gegenstand und bitte, wenn Gelegenheit vorhanden ist, ihn der Beachtung und Beobachtung für wert zu halten.
Falls schon aus vorgängiger Erfahrung und Erinnerung ein exaktes Beantworten dieser Fragen möglich sein sollte, so bitte ich, dieselben, wenn sie bejaht werden, wenn möglich nicht mit einfachem Ja zu beantworten, sondern unter möglichst genauer Angabe der Verhältnisse, unter denen der beobachtete Fall eintrat, da nur so ein psychologisch wertvolles Resultat sich ziehen lässt, namentlich bei den Fragen 5, 8, 11, 14 und 15.
Übrigens ersuche ich um Mitteilung aller sonstigen, in den folgenden Fragen nicht vorgesehenen Beobachtungen über das Jodeln; auch wäre ein Aufschreiben von Jodlern in Noten sehr erwünscht.
1) Von welchem Lebensalter an und bis zu welchem Jodeln die Bergbewohner?Um gefällige Antwort bittet ganz ergebenst. Georg Simmel Berlin, W., Magdeburgerstraße 31
Gibt es an einem und demselben Orte spezifisch verschiedene Arten des Jodelns und welche?
Sind in den verschiedenen Gebirgsgegenden die Arten des Jodelns verschieden, und wie?
Lässt sich etwa beobachten, dass die Höhe des Wohnortes eine Verschiedenheit im jodeln mit sich bringt, und welche?
In welchem Verhältnis steht das gesprochene Wort zum Jodler?
Welches sind die äussern Umstände, unter denen vorzugsweise gejodelt wird?
In welchen Fällen dient es zu besonderen praktischen, vorzugsweise Verständigungszwecken?
Lässt sich konstatieren, dass das Jodeln auch reiner, unbeabsichtigter Reflexlaut der Stimmung ist, d. h. gibt es Stimmungen, in denen der Bergbewohner ohne Rücksicht auf das Gehörtwerden, ja auf das Sichselbsthören, den äussern Ausgleich derselben im Jodeln in ähnlicher Weise sucht, wie man ihn im Schmerz, im Schreien und Seufzen sucht?
Was sind das für Stimmungen? Etwa u. a. die der geschlechtlichen Erregung?
Lässt sich überhaupt konstatieren, dass das Jodeln, ähnlich manchen Schnadahüpfeln, eine Verständigung zwischen Bursch und Dirne ist, wenn auch nicht mit den direkten Zwecken, wie der Paarungsruf der Tiere, so doch ein Zeichen gegenseitiger Neigung und Einverständnisses? Oder dient es auch nur von einer Seite ähnlichen Zwecken?
Wie wichtige Faktoren bei der Ausübung des Jodelns bilden die Gewohnheit, die Lust an der Sache und der Ehrgeiz (auch vor dein andern Geschlecht), vollkommener als die Andern zu jodeln?
Jodeln auch Frauen, von welchem Alter an, und unterscheidet sich dies vom jodeln der Männer?
Ist etwa das Vergnügen am Spiele des Echo's ein Moment zur Ausbildung des Jodelns?
Ist etwa im Lauf der Zeit eine allgemeine Abnahme im Jodeln bemerkbar?
Ist etwas dem jodeln Identisches oder auch nur Analoges im flachen Lande, überhaupt ausserhalb der Alpen bemerkt worden?
Das Simmel-Archiv bei sozio.ch ist Gold wert. Ich habe mir auch die CD gesichert, aber das Betrachtungsprogramm darauf ist schlecht.
Sehr geehrter Herr Simmel!
Die Antwort auf all Ihre Fragen findet sich auf einem Tonträger namens American Yodeling (1911 - 1946), der von dem verdienstvollen Trikont-Verlag erstellt und vertrieben wurde. Diese CD bietet dem modernen Jodel-Soziologen empirisches Material quer durch alle Altersklassen und Geschlechter und darf trotz ihrer sprachlichen Beschränkung auf das amerikanische Englisch als repräsentativ im wahrsten Sinn des Wortes betrachtet werden. Bitte überzeugen Sie sich anhand der Darbietungen der DeZurik Sisters und von Goebel Reeves (The Texas Drifter) von der Sachhaltigkeit dieser Behauptung.
Hoffe, geholfen zu haben.
Mit vielen Grüßen:
M. Hammerschmitt
Ausserdem kann man mit Jodeln den Planeten retten. Siehe "Mars Attacks".
Auch nicht unerwähnt soll der Artikel Will there be yodeling in heaven? von Bart Plantenga bleiben.
Da sind wir im Zentrum des Geschehens: Ein Song gleichen Namens ist nämlich auch auf der besagten CD - Zucker.
Momentan kann man eh nur noch Biermösl Blosn hören. "Holaradiridihoppsassa! Hamma koa Geld, trog'n ma ned z'schwaar!"