Feminists Like Us: Sehr schöner, wahrer, sehnsüchtiger Text über Männerkörpergeschichte.

blockquotes:

Eines Tages kommen wir in den Park, und unsere Freundinnen sind nicht mehr da. Wir sitzen also zu zweit im Park, eine ziemlich peinliche Situation, denn wir können uns ja schlecht selber in den Arm nehmen und küssen.

So bleibt uns nicht viel anderes übrig, als uns zu unterhalten: - Wie ist deine Freundin denn so? - Nett. Und deine? - Auch nett, aber sie hat nur 10 Schallplatten. - Echt? Meine hat nur fünf. - Komisch. - Was? - Na, daß die keine Platten haben, daß denen das nicht fehlt. - Ich hab ihr neulich was aufgenommen, aber irgendwie... - Ja? - Also, sie hat sich zwar bedankt, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, sie konnte nichts damit anfangen. - Kenn ich, kenn ich, das ist total komisch. Ich hab hier eine Studie, die besagt, daß... - Wo bitte hast du diese Studie? - Naja, ich hab die nicht vorliegen, ok, ich hab mir die gerade ausgedacht, aber die scheint trotzdem ziemlich plausibel zu sein, die besagt nämlich, daß sich 80% aller jemals verkauften Platten, Bücher und Zeitschriften im Besitz von Männern befinden. - Da hab ich aber die Studie, daß sich auch 80% allen jemals gedruckten Geldes im Besitz von Männern befindet. - Das ist aber totaler Quatsch in diesem Zusammenhang, meine Freundin kriegt schließlich genausoviel Taschengeld wie ich. - Und was macht die damit? - Keine Ahnung. Vielleicht kauft die sich irgendwelche Crèmes oder so, ich weiß es nicht. - Und was machen die dann, wenn die sich untereinander treffen? Wenn die keine Platten haben, die sie sich anhören können? Crèmen die sich dann gegenseitig ein oder was? - Ich glaub, die crèmen sich echt ein, und dann nehmen sie sich in den Arm und küssen sich. - Weil sie Mädchen sind. - Ja, und weil wir Jungen sind. - Jungen? - Ja, weil wir Jungen sind und mit unseren eigenen Körpern im Grunde überhaupt nichts anfangen können. - Du meinst, du findest das doof, daß wir uns immer bloß unterhalten und Platten anhören? - Nein, was ich doof finde, ist was anderes. Guck mal: Wir haben erst die Schülerzeitung gemacht... Hallo? - Hallo, ja, ich höre zu. Die Schülerzeitung... - Waren da Mädchen dabei? - Äh, nein, keine dabei. - Dann kam die Schülerband. Mädchen? - Auch keine. - Schließlich haben wir die Medienpolitischen Ambulanzen gegründet... - Wieder keine Mädchen... - ... und sind die ganze Zeit nicht drauf gekommen, womit das was zu tun haben könnte. - Und zwar? - Daß die einen Körper haben und wir nicht. - Bitte? - Daß die was können, was wir nicht können. - Du hast sie ja nicht alle... Hier bricht die Aufzeichnung des Gespräches leider ab. Wer von den beiden hat nun recht? Der Fairneß halber wollen wir sagen: beide. Einer von ihnen tendiert zwar dazu, Probleme seiner Biographie zu Problemen der Menschheitsgeschichte aufzublasen und dabei seine eigenen Grenzen als Geschlechtergrenzen festzuschreiben, doch liegt in dem, was er sagt, auch ein Fünkchen Wahrheit.

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In diesem Moment faßt sich jemand ein Herz und sagt: Aber wie soll ich eine Freundin kriegen, oder einen Mann, wenn ich scheiße aussehe, und zwar deswegen scheiße aussehe, weil sich hier alles scheiße anfühlt, und wie sollen wir miteinander schlafen, wenn wir überhaupt keine Körper haben, jenseits eurer Begriffe und Konzepte und Komplexe? - Und dann sagt die Schule eben: Das mit dem scheiße aussehen, das tut und leid, aber das ist dein persönliches Pech, und was das miteinander schlafen angeht, das gehört nicht hierher, das könnt ihr zuhause machen; und daß ihr keine Körper hättet, ich bitte dich, setz dich erstmal wieder hin.

[...] Der verheerendste Unfallort ist immer der eigene Text. Wenn es uns gelänge, zumindest von dort die Presse fernzuhalten, wäre schon viel gewonnen.