was das sein könnte, die Kommerzialisierung von Weblogs. Bezahltes Hosting, Werbebanner, bezahlter Content, Micro-Payment, angeschlossen sein an "kommerzielle" Medien, mag alles sein. Ich vermute ja, dass die Sache, von der Marcus spricht, einfach damit zu tun hat, dass der Name "Weblog" nicht mehr so eindeutig gebraucht werden kann wie in der Pionier-Phase. Je länger es Weblogs gibt, desto vielfältiger und unübersichtlicher die Verhältnisse von Haltung, Inhalte, Technologie, Publikationsform, Sprechweise, Stil, Absicht, Genre-Definition usw. Vor zwei Jahren noch, scheint mir, hatten fast alle Weblogs vergleichbare Haltungen (radikal demokratisch, open source, ein bißchen nerdistisch, civil rights, strikte Unkommerzialität). Jetzt differenziert sich das halt alles aus, und je mehr Weblogs es gibt, desto mehr schlimme, banale, unerhebliche gibt es auch. Dasselbe wie mit Büchern, Musik, Filmen. Vermutlich sind wir noch in dieser Zwischenphase: Weblogs sind nicht mehr das heiße neue Ding, aber auch noch nicht so durchgesetzt, dass man sie als Selbstverständlichkeit empfindet. Über Bücher zum Beispiel sagt niemand: Schon kommerzialisiert, nicht mehr hip, Karawane zieht weiter, nächste Oase lockt schon. In 2 Jahren wird es auch niemand mehr über Weblogs sagen, denke ich. Dann wird man, denke ich, nur noch darüber reden, ob bestimmte Weblogs gut sind oder schlecht.






das ist ein bisschen ausführlicher

genau das, was ich in meinem kommentar bei dienstraum sagen wollte. falls es interessiert.


Weblogs are here to stay

Das ist doch klar. Eine bestimmter, uns wohlbekannter Mitblogger kommentierte neulich, es sei an der Zeit, weiterzuziehen. Das erinnert mich ein wenig an die Stimmungslage Mitte der Neunziger, als die Altnerds die Hunnen über das Netz herfallen sahen, und sich an gute alte Zeiten zu erinnern begannen, die gerade mal zwei, drei, vier Jahre vergangen waren. "Damals noch ..." Die Altnerds sind wichtig, die Hunnen sind wichtig, die Schockwelle ist wichtig, die die Oasen vor sich hertreibt, das gehört alles einfach dazu, so wie das Ganze beschaffen ist. Idylle funktioniert nicht. Und logischerweise geht es letztendlich wie bei allen Kunstformen darum, ob die Werke etwas taugen oder nicht.


kunstform, genre:

das frage ich mich ja schon seit langem und immer wieder auch in diesem weblog: ob es sich außer um eine bestimmte technologie des publizierens um ein gerade entstehendes textgenre oder, wenn man so sagen will: eine kunstform handelt. wir neigen zwar dazu, intuitiv auszuschließen, dass neue genres überhaupt noch entstehen können, aber als hypothese finde ich das recht interessant. falls sie richtig ist, müsste irgendwann so etwas wie eine ästhetik des weblogs, ein organon des weblogs entstehen, ein satz von "regeln", nach denen man zum beispiel weblogs beurteilen könnte.


Und natürlich ein entsprechender Kunsthandel ...


Für die Entstehung von Regeln

ist die ganze Netzschreiberei noch viel zu sehr im Fluss, rein technisch. Über die Kategorisierung des Schreibens im Netz streiten sich die Netzliteraturfreaks seit Jahren. Seit man von der Verabsolutierung des Hypertexts weg ist, drängt (ich meine zu Recht) die Performance als Wesensmerkmal des Schreibens im Netz in den Vordergrund. Einer macht ne Vorgabe, und los geht das Improvisationstheater.

Anderes, weniger bedeutsames, ist dem vorangestellt: stilistische Eigenheiten des Schreibens im Netz (kürzer, prägnanter, nüchterner); die Veränderung des Schreibens selbst, indem leicht Bilder, Töne, Filme eingebaut werden können; die Möglichkeiten des Hypertexts usw.


Ich denke mal mit "Karawane zieht weiter" ist weniger gemeint, dass weblogs aufgrund fehlender coolheit, da nicht mehr der neueste heiße Scheiß, unattraktiv für die Hipster werden, sondern mehr, dass die Phase mit dem stark experimentellem Charakter vorbei ist und sich einfach gewisse Standards in der Weblogszene etablieren und man wieder Lust bekommt, die Entstehung von etwas Neuem mitzuerleben!