Es ist noch kalt um halb sechs, aber du frierst nicht, weil du weisst, dass die Hitze schon noch kommen wird. Es ist wie früher, diese Sexyness von Gänsehaut, schon lange, bevor du wusstest, dass es etwas wie Sexyness gibt. Bonny hat Kaffee gemacht, es gibt Toastbrot und die Hühner, die wir gestern abends nicht mehr geschafft haben, weil wir so schnell in unsere Schlafsäcke mussten, zu müde zum Essen. Du hast dir schnell die Zähne geputzt und dein Gesicht mit kaltem Wasser beschüttet, es geht dir gut, behauptest du, als Dominique dich fragt, niemand soll wissen, dass du die Schmerzen in deiner Schulter kaum aushältst, blöder blockierter Nerv, bloß keine Vernunft jetzt, dafür ist der Tag viel zu schön. Dann ziehst du noch einmal deine Schuhbänder fest und verstaust noch einmal deinen Schwanz in dieser Schaumstoffpolsterhose und trinkst noch einen halben Liter Wasser, obwohl du gar keinen Durst hast, du willst so lange wie möglich keine Zeit durch Durst vergeuden, und dann endlich geht es los, aus dem Tal über lange Geröllserpentinen hinauf zum Kamm, die ersten drei Kilometer musst du noch die Zigaretten loswerden, den Teerpelz und die Angst, dass du es vielleicht doch nicht schaffen könntest, aber dann beginnt es allmählich zu laufen, so ab dem vierten, fünften, sechsten Kilometer, das Geröll knirscht unter den Rädern und du bist nur noch dieses glückliche Pumpen, links rechts links rechts, komm jetzt, da oben ist schon der Kamm. Downhill jetzt, bloß nicht bremsen, das schaffst du auch so, dein Körper pendelt die Steine schon aus, und die Schläge kommen jetzt direkt auf deinen blockierten Schulternerv und es ist gut so, weil du merkst, dass du damit auch klarkommst, du bist taub jetzt in deinen Fingern (
Klitorisfinger hast du gedacht, und was ist, wenn das Gefühl doch nicht mehr zurückkommt), und jetzt wieder in den nächsten Uphill hinein, und du brichst fast weg, als das Vorderrad plötzlich in den Sand kommt, alle zehn Minuten passiert dir das, wär ja auch seltsam, wenn da nicht Sand wäre, der Reifen schwappt weg und du kannst es nicht kommen sehen und musst dich schnell auf die andere Seite werfen, keine Zeit jetzt verlieren, extra noch reintreten, und eigentlich bist du froh über diese Bonushindernisse, und das Schlimmste wäre, irgendwann den
granny gear einzulegen, wie Dominique das genannt hat, das wäre die Schande, die du nicht brauchen kannst oder jedenfalls nicht allzuoft. Das Schöne an den Uphills ist dieser Moment, wenn der Kamm nur noch fünfzig Meter entfernt ist und du die Abfahrt dahinter schon ahnst, ohne ihn aber schon sehen zu können, gleich kannst du wieder Geschwindigkeit machen, während dein Puls wieder herunterfällt auf 150 140 130 120, und welches Glück es ist, dass du jetzt genau weißt, wie sich 150 140 130 120 anfühlen, brauchst nicht mehr diese Pulsaruhr dazu, dieses Remodeling seit dem letzten Sommer, wie es dich immer noch umschmeissen kann, dass du es geschafft hast, innerhalb von ein paar Monaten dieses Tier zu werden, das jeden Morgen am liebsten losrennen wollte, ohne dieses ergebene Mürbesein, das dich so lange begleitet hat, ohne diese wehe Ergebenheit, für die du dich so verachtet hast, und wie gut das alles geworden ist, und dann trittst du noch einmal los und beginnst zu fliegen, an den anderen vorbei, setzst dich an die Spitze, es ist heiß geworden, also musst du noch schneller treten, damit du dich in deinem eigenen Fahrtwind abkühlen kannst, und du könntest schreien vor Glück und erst ein paar Stunden später wirst du absteigen mitten in der Wüste und Kobus sagen, dass du jetzt tot bist, und zu ihm in den Landrover steigen, während Tokki und Harald und Dominique und Axel und Anke noch ein wenig weitermachen, den letzten Anstieg hinauf, noch einmal acht, zehn Kilometer pumpen, bis wirklich nichts mehr geht, und ihr werdet sie schon erwarten, Kohlehydrate sofort. In einem Jahr, denkst du, würdest du auch so weit sein. Wirst du. Geht nicht mehr anders. Angefixt jetzt, keine Chance mehr. Das erste Mal fünf, sechs Stunden im Sattel, hat Tokki gesagt, danach ist alles ganz anders, wirst schon sehen.
habe von anfang an "off road driving skills" gelesen. da lag ich ja gar nicht mal so falsch. habe eine ausgeprägte abneigung gegen mountainbiker entwickelt, die die wanderwege um den großen feldberg unsicher machen. so im sinne von "off road drivers kill". wobei in den menschenleeren landschaften von namibia könnte ich mir so was auch vorstellen. toller bericht! macht lust.
Sehr gute Bilder! Tolle Tour! Namibia wie ich verstande habe. Gibt´s noch mehr Infos dazu? Wer, wann (wie lange), warum, wie (privat, organisiert, welche Strecke). Würde mich einfach auch interessieren, sowas mal zu fahren.
Und was hat die Warnung "Persons making inappropriate comments concerning hijacking .." auf sich???