Manchmal versuche ich, sie mir vorzustellen, die Deutschen, die ihre Amerikaner-Empfindungen haben, wie ihnen beim Zeitunglesen Fernsehschauen Kneipensaufen Internetkontrollieren gleich wieder auffällt was der Amerikaner alles ist und nicht ist und dass er ein merkwürdiger verrückter überheblicher dummer selbstgerechter oder sonstwie defekter Mensch sein muss bei all dem, was sie über ihn in den Zeitungen im Fernsehen in den Leitartikeln in den Internetforen in den Weblogs bringen

& dann schreiben sie, die Deutschen, ja ja: nicht alle, sind ja Individuen, die da halt,

und dann schreiben die da halt ihre Leserbriefe, in denen die Indianer das Erdöl der militärisch-industrielle Komplex die Fastfoodkultur die Ghettos der Rassismus die dauernden Werbeunterbrechungen im Fernsehen der Analphabetismus die Krankenversicherung der Materialismus der entfesselte Kapitalismus der Kulturimperialismus die Wall Street der Shareholder Value die wiedergeborenen Christen die Winkeladvokaten die Waffennarren und die CIA vorkommen

& ich stelle mir den Spiegelredakteur vor der es geschafft hat in die Titelgeschichte über Kant Kant, you know, Königsberg, ewiger Friede, in die Titelgeschichte über Kant halt ein paar Absätze über Bush hineinzuschreiben

& ich stelle mir die Weblogautoren vor wie sie,

gerade vom Spiegel der Netzeitung den Google News dem Frühstücksfernsehen darüber unterrichtet, wie sehr der Amerikaner sich darüber aufregt dass beim Super Bowl ein paar Sekunden lang eine Brust von Janet Jackson zu sehen war

ihre Weblogbeiträge schreiben darüber dass der Amerikaner sich über die Brust von Janet Jackson aufregt & wie verklemmt der Amerikaner doch sein muss & dass der Amerikaner ein großes großes großes Problem haben muss, wenn er sich über so etwas aufregt

& aber nein natürlich ist das nicht antiamerikanisch & aber nein die political correctness soll mich am Arsch lecken & aber nein das weiß ich schon dass "die Amerikaner" nicht jeder Amerikaner ist & aber nein wenn das einer missversteht ist er selber schuld & aber nein

& manchmal frage ich mich dann, ob es damals vielleicht auch so gewesen ist, oder so ähnlich jedenfalls, & dann fällt mir gleich ein, dass ich jetzt 5 Mark zahlen müsste in die Faschismuskeulen-Kasse jedenfalls waren das früher immer 5 Mark und vielleicht sind es jetzt 5 Euro & klar doch, so eine Bemerkung kann doch keiner ernst nehmen & das ist doch jetzt eine Verharmlosung & komm Praschl, du spinnst jetzt aber total

aber dieses Getuschel eben aber diese Leserbriefe dass er der Amerikaner eh selber schuld ist wenn ihn keiner mag aber dieses Augenrollen aber dieses

&

das sind alles die Leserbriefschreiber Zeitungsleser Weblogautoren Kneipensäufer aus dem Land mit den Werbeeinschaltungen für www.leckspalte.de im Fernsehen jede verdammte Nacht aus dem Land in dem ein Monat lang darüber geredet wird dass Sarah Connors im Fernsehen keinen Slip anhatte, haben wir doch alle genau gesehen aus dem Land wo sie die amerikanischen Filme mit Werbespots zerstückeln in denen irgendwelche Frauen in irgendwelchen Badewannen mit Wasser bespritzt werden das so aussieht als würde einer auf sie pissen aus dem Land wo du dir jeden Abend verdammten Abend die Werbespots für Slipeinlagen ansehen kannst mitten in den kulturimperialistischen Jane Austen-Verfilmungen damit du wenn du eine Frau bist nie vergisst dass du ein Leben lang undicht bist ein einziges Leck eine hygienische Zumutung ein Fall für Windeln

(& ach ja, aus dem Land, das seine Soldaten auf 3 Kontinenten stehen hat, das Kinder einsperrt, in dem Abschiebehäftlinge ersticken, & ach ja, in dem man sich nicht darüber ängstigt oder empört, dass ein Industriekonsortium eine Technologie entwickelt, mit der man jeden verdammten Lastwagenfahrer vom Weltraum aus überwachen kann, sondern in dem man sich darüber lustig macht, dass die Überwachungstechnologie nicht funktioniert)

& dann frage ich mich, wie die Leserbriefschreiber Zeitungsleser Spiegel-Online-Redakteure Weblogschreiber wohl über mich dächten wenn sie wüssten dass auch ich ein Problem mit Janets Titten hatte

& zwar so sehr, dass ich mich frage, warum eigentlich nur der Amerikaner und nicht andere Leute auch ein Janettittenproblem haben

& bei mir ist es sogar eine Hemmung

dieses eine Problem diese eine Hemmung dass eine Titte vielleicht ja doch etwas anderes sein könnte als diese unerbetene Werbeunterbrechung

& dass es vielleicht nicht toll ist, nicht gut, nicht richtig, nicht freundlich gewesen sein könnte & dass die Leserbriefschreiber Kneipensäufer Zeitungsleser Weblogautoren sonst doch auch alle auf der Robinsonliste stehen und gegen das Zugespammt-Werden sind

& dass der Amerikaner vielleicht Recht hat aber ich kenne ja kaum welche weniger als Deutsche jedenfalls

sagt man aber nicht: Deutsche

&

dann wieder froh darüber dass der Amerikaner Waffen hätte wenn das ausbräche was der Deutsche vermutlich nur für einen Verteidigungsfall hielte

& Aber ja doch ich zahl euch die 5 Mark in die Faschismuskeulenkasse 5 Euro von mir aus auch

& dann manchmal wieder dieser Wunsch hier wieder wegzukommen am besten nach Oklahoma ins Naturtheater

& waren eh nur Titten & geht wieder vorbei & du spinnst doch jetzt total






moment mal

Es geht um die Visuals: und da darf man es doch wohl seltsam finden, dass ein Land, das Bilder aus kleinen Kameras auf Marschflugkörpern zeigt (von den Bildern der anschließenden Detonation mal ganz abgesehen), dass dieses Land beim Bild einer entblößten, aber irnzwo noch bedeckten Brust ausrastet.

Titten gehen im Internetz halt am besten. Is traurig, aber eh klar. Und von allen Internetztitten hat die 1 von Janet Geschichte gemacht. Vleicht auch deshalb, weil es kein Photo gibt, wo Janet Jackson damit und dabei richtig zufrieden (über den Coup, über ihre Brust o ä) aussieht, eher so gequält.

Und mit den Jane Austen Verfilmungen haben Sie wohl nicht die von der BBC gemeint.


"& waren eh nur Titten & geht wieder vorbei & du spinnst doch jetzt total"

gar nicht. sonst machen das demnächst auch carolin reiber und jeanette biedermann und gundula gause. will ich wirklich nicht sehen. wehret den anfängen!


kant/cunt

"& ich stelle mir den Spiegelredakteur vor der es geschafft hat in die Titelgeschichte über Kant Kant, you know, Königsberg, ewiger Friede, in die Titelgeschichte über Kant halt ein paar Absätze über Bush hineinzuschreiben"

ganz nebenbei: der bisher beste beitrag zum kant-jahr stammt aus dbc pierres texasroman "vernon god little": "the philosopher manual cunt"


doch, doch,

das ist antiamerikanisch. warum auch nicht?


hmm, eine interessante Meinung verteten Sie hier. Ist mir nicht leicht gefallen mich durch ihre deutsch-amerikanische Problemstellung zu lesen und zu verstehen was Sie damit meinen - vielleicht bin ich einen solchen, irgendwie dialektischen Schreibstil auch nur nicht gewöhnt!? Egal. Mich regt das auch manchmal auf, wenn auf ein Ereignis so heftig reagiert wird, dass Leserbriefspalten vor reaktionärem Gedankengut, welches vermeintlich politisch korrekt sein will, nur so strotzen. Nach ein, zwei dieser Meinungen reicht es mir dann auch meistens. Aber irgendwie kommt es mir auch ein klein wenig so vor, pardon - als täten Sie es den verpönten Leserbriefschreibern tendenziell gleich, denn Sie nennen sie mit Weblogautoren und Kneipensäufern in einem Atemzug. Weblogautor sind Sie ja auch und vielleicht haben Sie auch schon einmal in einer Kneipe gesoffen oder den einen oder anderen Leserbrief geschrieben... Mein Tipp: Versuchen Sie ausgeglichener zu werden! :-) Freundliche Grüße...


Und was war das letztes Jahr mit den Bikinifotos von Uschi Glas? O.k., die katholische Bischofskonferenz hat sich meines Wissens nicht dazu geäußert, aber der öffentliche Aufschrei hatte eine ähnliche Lautstärke, relativ zur Bevölkerungsdichte.


das hatte

eher mit dem alter von frau glas zu tun, denke ich. kann man nicht vergleichen. joan collins damals in haarpers oder wo war das drin, da kamen andere kommentare. sich gut gehalten haben(was auch immer das bedeuten mag) hat in .de offenbar keinen wert, bzw will das zumindest keiner soo genau sehn.


oh. das finde ich aber gut. schöne form, auch.


Wenn man es laut vorliest, hört man den hohldrehenden "öffentlichen Diskurs" dunkel donnern.


Boulevard

funktioniert halt nur über Klischees. Und Klischees funktionieren halt nur in platt. Und das ist doch alles Unterhaltung: Die Titte wie die Aufregung wie das Amüsieren über die Aufregung. Und Sie mittendrin ;-)


Schön gesagt, Jens. Ich habe mich heute mit meinem Kollegen aus Florida darüber unterhalten. Minutenlang haben wir uns gegenseitig Klischees bestätigt. "Ja, die Amerikaner unterdrücken ihre Sexualität", "Ja, die Deutschen lieben Regeln" usw. Sehr erholsam.


»einen aggressiven verteidigungsreflex an mir entdeckt, der immer dann einsetzt, wenn im rahmen eines durchaus legitimen bush-bashings jemand einen satz mit »die amis« beginnt.« neulich


Noch schlimmer: "Der Ami" oder auch "Der Amerikaner"


Ein Kneipensäufer rechtfertigt sich

Ich habe Janet Jackson nicht aus der Auftrittsliste der am kommenden Sonntag stattfindenden Verleihung der Grammy Awards (CBS) gestrichen .

ABC wird ohne meine Zustimmung eine um 5 Sekunden verzögerte Zensurübertragung austrahlen.

Dass die NFL J.C. Chasez aus der nächsten Pro SB Halbzeitshow ausgeladen hat, ist nicht mein Verdienst.


in einem punkt möchte ich widersprechen: oklahama. (ich bin ein unverbesserlicher klugscheißer, ich weiß.)


Okeli dokeli! (N. Flanders)


da haben Sie recht. vielleicht aber nicht so sehr wie die kindheitserinnerungen, als die buchumschläge noch dieses leicht rauhe weiß waren und es die fassung der handschrift noch nicht gab.


wie jetzt: der bundesstaat heisst eigentlich oklahama? oder ist das wieder mal so ein feinsinniger kutterscherz, der unter der katatonischen limboschwelle durchwedelt?


(die klugscheißerei ist so beschämend, dass ich sie schon wieder löschen wollte, aber jetzt stehen hier bereits kommentare, und da komme ich nicht mehr raus, also:) kafka, der nie in amerika war, schrieb im verschollenen vom naturtheater von oklahama (in der späteren von brod überarbeiteten fassung wurde das korrigiert.) kafka tut dies, weil in einer der quellen seines amerika-bildes, nämlich im ganz wunderbaren 1912 veröffentlichten reisebericht "amerika. heute und morgen" von arthur holitscher, das antiquarisch zu erstehen ich nur sehr empfehlen kann, weil es eine linke liebeserklärung an amerika ist, eine fotografie von einigen weißen männern zu sehen ist, die gerade einen schwarzen mann erhängt haben, und das mit der bildunterschrift versehen ist: idyll aus oklahama. (wenn Sie mich nicht gleich mit der limbostange schlagen, höre ich gar nicht mehr auf zu quatschen.)


ach, dass Sie dann nicht wieder aufhörten, solche geschichten zu erzählen, ist doch leider nur ein versprechen, das Sie nicht hielten.

vielen dank.


die limbostange formt sich soeben zum leuchtenden heiligenschein für Sie, herr kutter. quatschen Sie also weiter.


Aus Erschöpfung oder Selbstschutz oder Verhärtung oder so denke ich inzwischen meist nur noch: Seht mich dabei nicht so an. Seht mich nicht so an, als dächte ich auch so wie ihr. Nehmt bitte einfach nur zur Kenntnis, dass es so etwas wie Dissenz gibt.