Das erste Mal in Stuttgart bin ich mit Sara Wilson gewesen, wir kamen aus München in einem silbernen Benz-Cabrio, ein warmer Spätfrühlingstag, im Cassettenrecorder Run DMC und die Beastie Boys, auf den Autobahnen zum ersten Mal Verkehrszeichen nur für Panzer gesehen, als wir auf dem Hof der psychiatrischen Klinik vorfuhren, in der wir erwartet wurden, umzingelte uns ein Dutzend Kinder mit Down-Syndrom & einen glucksenden Augenblick lang malten wir uns aus, wir wären ein kalifornisches Millionärsehepaar, gekommen, um der Klapse zwei Kinder abzukaufen, sie in den Benz zu packen und für den Rest unseres Lebens, happily ever after, auf Autobahnen hin und her zu jagen, you gotta fight for your right to party, die Nacht damals auf einer Matratze in einem Gartenhäuschen eines Freundes einer Freundin verbracht, irgendwo in den Hügeln um Stuttgart, es glich dem Gartenhäuschen Cs. in Traun, der ersten, die, aber das geht niemanden was an, später dann ein paar Jahre lang an der Nadel, am Morgen darauf beim Frühstück in einem Studentencafé ("französisch: Milchkaffee, Croissant, Gitanes, Aspirin") ist mir eingefallen, dass das Kind, falls es ein Mädchen sein würde, Stella heißen müsste, das Wichtigste an Namen: dass man sie ebenso gut seufzen, flüstern & brüllen kann, Jahre später dann in der "Elle" ein Bericht über Saras Hochzeit in Bad Ischl,
das zweite Mal in Stuttgart gewesen bin ich gar nicht, nur umgestiegen nach Bietigheim, Hartmut Engler, ein Einfamilienhäusle am Stadtrand, meine Füße ("soll ich mir die Schuhe ausziehen") umzingelt von Legosteinen, er den ganzen Tag bei mir kämpfend für seine credibility: dass er, wenn er wollte, auch ganz anders könne, aber eben nicht wolle, Hotelzimmer auseinandernehmen so gar nicht sein Ding, und ja klar, manchmal die Mädles bei den Konzerten, er aber, jaja, dachte ich den ganzen Tag, jajajajajaja schon gut du blöder Arsch, Mittagessen bei irgendeinem Provinzedelitaliener, bester Macchiato meines Lebens, die damalige Frau mit dem Kind dabei, das Kind quengelig, es ging um Zahnpflege, die Frau und Engler in einem fort: wenn das Kind sich nicht ordentlich die Zähne putze, käme irgendwann der Baxtor, ausgesprochen: Baggschdor und zwar zwanzigmal hintereinander in einer endlosen Schleife, die immer noch in meinem Gedächtnis rumort, abends Pre-Listening-Party der Mastertapes der neuen Pur-CD mit den Jungs und den Freunden, irgendein Tonstudio in einem kleinen Kaff, Kartoffelsalat, Weißbrot, Bier, die Bandmitglieder den ganzen Abend lang so weit wie möglich voneinander postiert, irgendwann alle besoffen, kann man alles nicht schreiben,
das dritte Mal in Stuttgart gestern mit Hammerschmitt, Hack, Albers, Bjerg, ins Dunkel hineinlesen, im Rücken fuhren Vektor-Trolleybusse durch Eisensteinstraßen, davor in einer Cigar Lounge, zwei Monitore, auf denen n.tv lief, das Homeshopping-Fenster, Spionagekameras in Mützen, Gummibaumblättern, Wohnzimmerwandfugen, darunter der Nachrichtenticker, die Welt sieht dich überall, am Nebentisch, in meinem Rücken meinem Ohr: ein Paar in den Fünfzigern, er: nur hörend, sie eineineinhalb Stunden lang über den Amerikaner säuselnd, der Krieg, die Nichtregierungsorganisation, das Öl, der Nahe Osten, dann die Theodor Heuss-Strasse hoch, harte Kästen, Deutsche Bundesbank Filiale Stuttgart, gleich daneben die barcode bar, das Kulturzentrum: ein Glaskasten, der Saal: ein Robert Bosch Saal, die Software: nicht die Pro Version, das Kabel: ein Kabelbruch, das Restaurant: hieß Punktum, die Flure: Fotosammlung, die Spielregel: jeder liest, bis er raus ist, die Mahnung: wenn du liest, stampfst du immer mit dem Fuß auf, das Publikum: im Dunkel, die Idee: man müsste das so in den Saal hineinflüstern hineinhauchen hineinplaudern, fade in fade out, noch immer keine Ahnung: was wir da eigentlich tun, irgendwann: fließt es, danach: Applaus, aber schütter, was sollen wir sagen, wieviele da waren: zehnmal so viel, das war jetzt: der erste Schritt zur Weltherrschaft, dann: Bier trinken, Schulter an Schulter, reden, Pilzpfännli, fotografieren: den Reliquienschrein, herübergewehte Wörter: das kann ich nicht schreiben auf meinen 70 Zeilen, Fragmente davor: gelber grüner roter Mars, Ich bin der Untergang der Bundesrepublik Deutschland, Bastian sagt: die Idee eines stillen Abends mit fünf Männern, einem Kasten Bier & kein einziger darf ein einziges Wort sagen, MH: zum letzten Zug, wir dann: Tex-Mex, Bier Bier Cola Gintonic, Bett, das war's: worum es ging: vier andere, trinken, Fragmente, reden, Fragmente, & eigentlich hätten wir gleich schreiben müssen darüber, Schlussatz Bov: "Das muss eh alles viel kryptischer werden. Viel hermetischer. Immer dieser Meinungsquatsch. Wir sind doch nicht beim Kabarett."
stand sennheiser drauf. aber mikros für mich: immer sofort verstärkerangst. müsste mikros geben, die einen leiser machen. gibt es wahrscheinlich eh schon, gibt es nicht alles schon?
schade, dass weblogs nicht stehenbleiben. dies hier wäre ein bleiber.
nehmen's mikrofone von brüel&kjaer. understatement pur. clic
eines der wenigen male
bei denen ich gern in stuttgart gewesen wäre. alle auf einen haufen. hach.
Ja, das wär schön gewesen, wenn Sie auch noch. Zumal ich noch am Vorabend einem Freund von der immensen Bedeutung voralbischer Human Ressources für antville erzählt habe. (Ein bisschen, ich geb's zu, um diesen Netzresistenzler bei der Stange zu halten. Er kommt aus Boll ;-)
Schade
das Kulturzentrum: ein Glaskasten, der Saal: ein Robert Bosch Saal
Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich auch gekommen, trotz der Gefängnisarchitektur im Treffpunkt Rotebühlplatz. Nichtsdestotrotz möchte ich so bald wie möglich weg hier: 25 Jahre Stuttgart sind weiss Gott genug!