C.W. Heckethorn, in London Souvenirs, intones a litany of other London clubs: a Surly Club at a tavern near Billingsgate, filled with the tradesman of that quarter who met to sharpen "the practice of contradiction and of foul language"; a Spit-farthing Club, which met weekly at the Queen's Head in Bishopsgate, and was "composed chiefly of misers and skinflints; and the Club of Broken Shopkeepers, which met at Tumble Down Dick in Southwark and comprised bankrupts and others unfortunate in trade. The Mock Heroes Club met in an alehouse in Baldwin's Gardens, where each member would assume the name of a 'defunct hero', while the Lying Club congregated at the Bell Tavern in Westminster where 'no true word' was to be uttered during its proceedings. A Man-Killing Club which met at a tavern in a back-alley adjoining St Clement Danes admitted to membership no one 'who had not killed his man'; but there was also a Humdrum Club 'composed of gentlemen of peacable dispositions, who where satisfied to meet at a tavern, smoke their pipes and say nothing till midnight' when they went homeward. An Everlasting Club was so called 'because its hundred members divided the twenty four hours of day and night among themselves in such a manner that a club was always sitting, no person presuming to rise until he was relieved by his appointed successor'.

Peter Ackroyd: London. The Biography (2000)






Wohl auch einer der zahlreichen Weblogservervorläufer.


meine empfindung war eher: wie arm die nachfolger doch geworden sind, damit verglichen.


Die Geschichte scheint als Summe immer reicher als die dünnwandige Gegenwart. Andererseits haben wir heute nach dem Umbruch drüber diskutiert, dass die Diskussionskultur, das gemeinsame Herumsitzen, der halböffentliche intellektuelle Diskurs auf den Hund gekommen sind. Auslöser war ein Freund, der ein Buch über Samuel Beckett gelesen hat und meinte, früher hätte man einen Beckett noch im Café treffen können. Heute geht es ja nur noch um "Netzwerken". In Zürich ist es unglaublich extrem geworden: Es gibt kein zweckfreies Herumsitzen mehr, alles wird sofort zum "Projekt". Gruslig. Beängstigend. Warum das so ist? Ich weiss es nicht, ich will es nicht wissen, nicht einmal erahnen.


ich habe das immer weniger auf die epoche als auf die orte und deren traditionen geschoben. solange ich in wien gelebt habe, und auch noch während des dreivierteljahrs in münchen, war mir das gemeinsame halböffentliche herumsitzen, wie vielen anderen, zweite natur. es ist erst in hamburg abgerissen, und nicht nur mir, wie mir andere ex-herumsitzer hin und wieder erzählen. ich dachte immer: das liege an einer bestimmten kulturellen tradition, zu deren werten eben das herumsitzen und herumreden bei billigen getränken nicht so sehr gehören. aber ich kann mich darin auch irren, vielleicht fällt mein umzug nach hamburg vor 15 jahren ja zusammen mit dem beginn von etwas epochalem, der ökonomisierung auch des herumredens, dem beginn der projekte und des selbstvermarktens und des aufmerksamkeitsheischens statt des freiflottierenden herumredens. was mich immer interessiert hat, ist diese zwischensphäre zwischen dem, was allgemein "öffentlichkeit" genannt wird (das mediale, die martin-walser-hohmann-steuerreform-gentechnik-usw-"debatten", die deutschland-sucht-den-superstar-schübe, das parteien- und pressure group-wesen etc.) und dem "privatleben" (das liebespaar, die freunde des singlemenschen usw.). in diesem zwischending habe ich mich immer am wohlsten und am glücklichsten und am erleuchtesten gefühlt, an den orten, die so etwas wie ad-hoc-clubs ermöglichten, palaver mit menschen, die man vielleicht vom sehen, aber nicht "wirklich" kannte, dieses zusammenströmen und wiederverlaufen, dieser rhythmus von verdichtung und entkoppelung, durch den man angereichert wurde. in weblogs gibt es das manchmal, eigentlich sogar ziemlich oft. aber mir wäre lieber, es gäbe das mehr auch mit körperhaften stimmen, in physikalischen räumen, auf mehr kanälen. vielleicht aber nur diese sehnsüchte wieder nach den parties, kaffeehäusern, redaktionen, achtertischen in restaurants, die ich ziemlich lang in meinem leben hatte.

andere weisen der vergesellschaftung: allmählich wird mir das wieder wichtiger.


merkwürdig zum beispiel, dass im fernsehen und in kinos, kommt mir vor, immer weniger varianten des miteinander redens vorkommen. die dialoge in kinofilmen, die fast nur noch den ökonomien von entweder pointensetzungen oder handlungsvorantreiben gehorchen. im fernsehen: das statement, die propaganda, die nachricht, das marketing, der witz. kaum noch das mäandern, rummbullshitten, nach worten suchen, einfach nur reden usw.

eigentlich wäre es schon längst wieder an der zeit, dass es mehr kunst (oder so etwas ähnliches) gibt, die sich mit linguistischem beschäftigt. handke, lettau, fichte, bachmann und die ganzen leute damals haben eigentlich alle damit angefangen, dass sie die vorherrschenden sprachgebräuche auseinandergenommen haben - kurz ehe auch die gesellschaft dann für ein paar jahre lang das große palaver entdeckt hat (was hier ausdrücklich nicht abfällig gemeint ist)


vielleicht ist es die Bestätigung Ihrer Beobachtungen, dass mir halböffentliches "einfach so reden" fast wie ein Mythos vorkommt


weh mir wo nehm ich wenn

(ich weiß nicht, ob meine eindrücke lebensphasenspezifisch sind oder zeittypisch. anyway:)

zu hamburg fällt mir hinsichtlich der möglichkeit, entspanntes zwischenraum-floating zu betreiben, übrigens auch nichts gutes ein. de facto, nicht nur in hamburg: manische selbstbehauptungsmanöver allenthalben. das halb-private reden: rezessionsressentiment - das man fahrlässig für ausweis der eigenen "emotionalen intelligenz" hält - meets fakten-fakten-fakten-besserwisserei, als wäre man selbst der geistige urheber der diskussion über gentechnik. so die heimfahrenden businessmänner im bundesbahnbistro vorgestern: im prinzip multiple variationen auf das thema schwanzlängenvergleich. aber auch in vielen anderen kontexten beobachtet in letzter zeit.

ich habe vorhin gedacht, dass für mich & meinesgleichen wahrscheinlich die "new economy" die zentrale referenz war und bleibt. zunächst, in den späten 90ern von der uni kommend als etwas, das breitenwirksame aufbruchstimmung generiert. post festum mündet das dann in desolater abbruchstimmung. zunächst die arbeitsorganisatorische verheißung, formen privaten sozialverkehrs unternehmenskulturell zu profilieren. jetzt, unter rezessionsdruck: als wäre das private, mehr als zuvor, umfassend von wirtschaflichem kalkül durchsetzt. rache der vermischungsphantasien. und der kurrente jargon, den ich so höre in meinen kreisen, legt tatsächlich eine hardcore-ökonomisierung nahe. "projekte" sind irgendwie die basic unit des social roaming geworden, primat der produktivität ist scheinbar voll verinnerlicht: jede sauftour mit den kumpels schon gleich ein strategietreffen, jeder bullshit-einfall potentiell eine geschäftsidee, jede verabredung muss sich lohnen. das privatleben ist informeller wirtschaftsklimaindex geworden.

dialoge: ja. aber doch ebenfalls die filme als ganze. ich denke, pointensetzungen und primat der handlungsführung kennzeichnen nicht nur das klassische hollywood - siehe adornos kulturindustrieeske "generaldirektoren"-paranoia und das dazugehörige dissen -, sondern beschreiben auch viele blockbuster derzeit. selbst wenn kritiker darauf abheben, dass fragmentierte formen des erzählens vorherrschen, prägnanz der jeweiligen szene etc. versus narrative geschlossenheit.

(wo ich aber den plotfetischismus ziemlich deutlich zu sehen meinte, war im offiziösen feuilleton der letzten jahre. vor allem so eine art reich-ranickisierung der literaturkritik, die sich dann eine zeit lang sehr vehement im lamento darüber entladen hatte, „wir“ hätten „hier“ keine echten erzähler, im gegensatz zu nordamerika, die noch geschichten erzählen könnten (by the way: fuck off, nationalliteratur!). da wird dann allen ernstes so getan, als wäre es ein notwendiges und normatives gattungsmerkmal, dass ein roman nicht mehr als 236 seiten hätte. so wird dann klar, was für ein kläglicher wettbewerber die ware buch unter aufmerksamkeitsökonomischen bedingungen ist. kategorien der bewertung von film – branchenfaustregel: in den ersten 10 minuten müssen die maßgeblichen charaktere eingeführt sein – werden dann auch auf literatur übertragen. tatsächlich sind es ja doch nur die gehetzten rezeptionsmodi, die dann letztlich solche poetologischen postulate erzwingen. ästhetik des arbeitnehmertums: schnelle lektüre für schnelle zeiten! (es gibt ja dostojewski-romane, worin erst nach 400 seiten gewisse hauptpersonen auch nur erwähnt werden: was für ein horror vacui!))


Hm. Also, die New Economy hat einen schon gestählt, fürs Leben, das muss man schon sagen. So einen urspassigen Crashkurs in Sachen Kapitalismus kriegt nicht jede Generation geboten. Das mit dem Zeitverhältnis stimmt vollkommen, ich musste bei mir auch erst ordentlich Dampf wegnehmen, um Texte von Georg Simmel lesen zu können, mich an einer Universität befindend, an der man ohne Executive Summary keine Texte mehr nach aussen gibt. Das Problem ist dann nur noch die diff zwischen Executive Summary und eigentlichem Text. Sie beträgt oft genug Null. Das gilt für Kneipengespräche oft genug auch, aber der Körper hat wenigstens noch etwas Alkohol davon.


Das Problem ist dann nur noch die diff zwischen Executive Summary und eigentlichem Text

Einer meiner Mitschüler, anno 1991: "Kurzgeschichten? Braucht man nicht. Nur ein Exposé, aus dem man dann ein Drehbuch macht."


öffentliches, halb-öffentliches reden

findet im tv statt. dort sind sie gelandet, die durch nichts zertifizierten und sofort losplappernden experten, die meinungs-underdogs, denen sonst niemand zuhört: sie haben alle irgendwelche nischen gefunden, die sie mit plätzen an der sonne verwechseln


....durch nichts zertifiziert?

Dem kann abgeholfen werden: Qualitätszertifizierter Redner

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